Sehr geehrter Herr Bundesjustizminister Marco Buschmann FDP, sind sie dafür oder dagegen, dass Gerichtsverhandlungen live im Fernsehen übertragen werden können?
Sehr geehrter Herr Buschmann,
diese Antwort auf diese Frage spaltet sicher die Gesellschaft. Die einen sind "dafür" und die anderen sind "dagegen."
Vor einigen Jahren hat ein Bundesjustizminister der SPD diesbezüglich schon einmal einen Vorstoß gemacht
und ist aber gescheitert.
Mich interessiert wirklich sehr, wie ihre Ansicht dazu ist.
Mit freundlichen Grüßen
Erhard J.
Sehr geehrter Herr J.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ein zentraler Grundsatz unserer Gerichtsverfahren ist die Öffentlichkeit des Verfahrens. In Abkehr von der bis in das 19. Jahrhundert verbreiteten heimlichen Kabinettsjustiz verbürgt der Öffentlichkeitsgrundsatz die Möglichkeit, dass die Rechtmäßigkeit des Verfahrens von Medien und interessierten Bürgern nachvollzogen werden kann.
Unter Öffentlichkeit ist hierbei die Saalöffentlichkeit zu verstehen, also die persönliche Anwesenheit von Zuschauern im Sitzungssaal. Eine Ausweitung auf den unbegrenzten Kreis von Fernseh- oder Internetnutzern begegnet verschiedenen Bedenken. Hierdurch können auf Seite der Zeugen Hemmungen entstehen, unbefangen auszusagen. Es besteht die Gefahr, dass Verfahren und die beteiligten Personen zum Gegenstand öffentlicher Debatten werden, bei denen der Unterhaltungswert im Vordergrund steht und in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen eingegriffen wird.
Der Gesetzgeber hat daher eine wohlabgewogene Regelung getroffen: Fernsehaufnahmen sind grundsätzlich nicht gestattet. Zulässig sind aber Arbeitsräume für die Presse, in denen Ton und Bild übertragen wird, sodass diese die Verhandlung auch bei einem im Übrigen vollen Sitzungssaal verfolgen können. Die Aufnahmen selbst dürfen nicht verwendet werden. Zudem kann im Einzelfall in bedeutsamen Verfahren die Verkündung von Entscheidungen des Bundesgerichtshofs aufgezeichnet werden; für die öffentlichen Entscheidungsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts gilt dies stets. Schließlich kann in Verfahren von herausragender zeitgeschichtlicher Bedeutung auch die Verhandlung selbst zu wissenschaftlichen oder historischen Zwecken aufgezeichnet werden; die Aufnahmen dürfen nach Abschluss des Verfahrens in das Bundes- oder die Landesarchive überführt werden.
Freundliche Grüße
Dr. Marco Buschmann MdB