Im geplanten Selbstbestimmungsgesetz wird auch von nicht-binären Personen gesprochen. Wie werden diese Personen definiert? Zwingt das Offenbarungsverbot zur Lüge?
Was ist eine nicht-binäre Person? Auf welche Definition stützt sich die Politik und welcher Geschlechtseintrag soll dann für diese Personen gelten?
Wenn eine Transperson eindeutig NICHT als das behauptete Geschlecht zu erkennen ist, zwingt dann das Offenbarungsverbot über die Geschlechtsidentität zu lügen? Anders gesagt: Zwingt das Gesetz den Bürger seinen eigenen Augen nicht zu trauen und zu lügen, weil sonst ein Bußgeld droht? Ist das nicht ein Eingriff in die Meinungsfreiheit?
Sehr geehrte Frau G.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Bundesverfassungsgericht hat bereits 2017 entschieden, dass die Zuordnung eines Menschen zu einem Geschlecht nicht allein nach seinen physischen Geschlechtsmerkmalen beurteilt werden kann, sondern wesentlich auch von seiner psychischen Konstitution und seiner nachhaltig selbst empfundenen Geschlechtlichkeit abhängt. Personen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen, werden in ihren Grundrechten verletzt, wenn das Personenstandsrecht dazu zwingt, das Geschlecht zu registrieren, aber keinen anderen positiven Geschlechtseintrag als weiblich oder männlich zulässt. Daraufhin hat der Gesetzgeber bereits durch Änderungen des Personenstandsgesetzes einen dritten Geschlechtseintrag („divers“) ermöglicht.
Auf dieser Rechtslage baut das Selbstbestimmungsgesetz auf. Für Personen, die sich nicht mit ihrem angeborenen Geschlecht identifizieren, gibt es bislang hohe Hürden für die Anerkennung ihrer geschlechtlichen Identität. Sie müssen ein Gerichtsverfahren zur Änderung des Geschlechtseintrags durchlaufen, im Zuge dessen zwei Gutachten mit intimsten Fragen erstellt werden. Die Verfahren dauern oft mehrere Jahre. Künftig tritt an die Stelle dieses langwierigen Verfahrens eine Selbstauskunft der Betroffenen. Die Änderung des Geschlechtseintrags wird dann drei Monate nach Eintragung wirksam. Diese rechtliche Kategorie ist schon heute durch das Offenbarungsverbot des TSG geschützt. Daran knüpften auch die neuen Bestimmungen des Selbstbestimmungsgesetzes an.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Marco Buschmann MdB