Frage an Marco Buschmann von Uwe C. bezüglich Staat und Verwaltung
Hallo Herr Buschmann,
ich habe Sie im Bundestag im Fernsehen reden gesehen und natürlich auch gehört. Sie sprachen nach dem Redner der AfD. Es ging unter Anderem um die Wahl eines stellvertretenen Bundestagsvizepräsidenten der AfD.
Das die Abgeordnete von Storch von der AfD Sie als Terrorist bezeichnet hat, im Fernsehen war dies für mich nicht zu hören, ist eine Unverschämtheit !
Was ich aber nicht verstehe:
Warum sind Sie in Ihrer Rede nicht auf die von der AfD angeführten Beispiele für Machtmißbrauch von Sitzungsleitern des Bundestages eingegangen. Wenn dem so ist, wie die AfD behauptet, dass eine Feststellung der Anzahl der Abgeordneten vom Sitzungspräsident bei einem Gesetzesbeschluß abgelehnt wurde, ist dies doch wohl Machtmißbrauch oder etwa nicht?
Die Fernsehbilder gaben der AfD leider Recht, da nur 91 Abgeordnete anwesend waren und nicht die erforderliche Anzahl (über die Hälfte der Abgeordneten) wie vorgeschrieben. Warum sind Sie in Ihrer Rede nicht darauf eingegangen?
Sind Sie etwa auch der Meinung, dass Gesetze, auch ohne die erforderliche Anzahl der Abgeordneten im Bundestag, "durchgepeitscht" werden sollten?
Das Sie mich richtig verstehen, ich bin kein Anhänger der AfD. Ich kann nur zwei Positionen im Wahlkampfprogramm der AfD finden, die ich befürworte. Das ist erstens die Einführung von Volksabstimmungen wie in der Schweiz und zweitens die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge.
Wie ist hier Ihre Meinung zu diesen beiden Punkten?
Ist Ihnen eigentlich nicht bewußt, dass die Ausgrenzung der AfD im Bundestag, leider auch durch Ihre Partei, diese nur noch stärker macht?
Es ist nun mal das Recht einer Fraktion, auch der der AfD, einen Bundestagsvizepräsidenten zu stellen. Diese ständige Ablehnung durch die anderen Parteien finde ich nicht gut. Mich erinnert das an die Zeit, in der gerade die CDU und Ihre Partei, einen Abgeordneten der PDS für diese Amt verhindern wollten.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Cyrkel
Sehr geehrter Herr C.,
haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Der Bundestag gilt als beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner Mitglieder im Sitzungssaal anwesend sind. Nach § 45 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages kommt es zur Feststellung der Beschlussfähigkeit durch einen sogenannten "Hammelsprung" nur, wenn die Beschlussfähigkeit von einer Fraktion bezweifelt wird und zusätzlich vom Sitzungsvorstand nicht einmütig bejaht wird. Also muss immer auch mindestens ein Mitglied des Sitzungsvorstands Zweifel an der Beschlussfähigkeit haben. Der Antrag einer Fraktion allein reicht demnach nicht aus.
Bei der angesprochenen Sitzung vom 27. Juni 2019 war der Sitzungsvorstand einstimmig der Meinung, dass die Beschlussfähigkeit gegeben sei, sodass der Antrag der AfD-Fraktion ordnungsgemäß abzulehnen war. Das Präsidium des Bundestages hat im Nachhinein die korrekte Anwendung der Geschäftsordnung durch den Sitzungsvorstand bestätigt.
Für die Freien Demokraten steht in jedem Fall fest, dass für die AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag dieselben Regeln gelten müssen, wie für alle anderen Fraktionen auch. Insofern steht es ihr zu, im Präsidium durch einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin vertreten zu werden. Dafür hat die Fraktion ein Vorschlagsrecht, nicht aber ein alleiniges Bestimmungsrecht. Solange sie die Abgeordneten im Deutschen Bundestag nicht davon überzeugen kann, dass ihr Kandidat oder ihre Kandidatin dieses hohe Amt mit der gebotenen Neutralität und dem notwendigen Respekt für alle Fraktionen ausüben wird, steht es den Abgeordneten zu, die Kandidaten abzulehnen.
Zur Wahrheit gehört nämlich auch, dass die AfD-Fraktion in ihrer bisherigen Zeit im Deutschen Bundestag wenig getan hat, um bei den anderen Fraktionen Vertrauen aufzubauen. Immer wieder stört die Fraktion die parlamentarischen Abläufe zum Zwecke der Selbstinszenierung und behindert die Arbeit in der Sache. Immer wieder fallen ihre Abgeordnete durch Störungen, sexistische sowie auch demokratiefeindliche Zwischenrufe auf. Auch die Drohungen der Fraktion im Vorfeld zur Wahl von Mariana Harder-Kühnel zeugen von einem mangelhaften Demokratieverständnis. Von ihrer Reaktion auf den Wahlausgang – die Ankündigung, die Arbeitsabläufe im Parlament nun massiv und systematisch auf Kosten der Sachfragen und Mitarbeiter stören zu wollen – ganz zu schweigen. Dazu zählen auch die Versuche, die Beschlussfähigkeit des Deutschen Bundestags in Zweifel zu ziehen.
Sie sprechen zudem das Thema der direkten Demokratie an. Als Freie Demokraten wollen wir ein sogenanntes Bürgerplenarverfahren schaffen, mit dem wir ein direktdemokratisches Instrument in die parlamentarische Arbeit einführen wollen. Das Bürgerplenarverfahren würde bedeuten, dass eine Petition an den Deutschen Bundestag, die innerhalb von zwei Monaten 100.000 oder mehr Unterstützer findet, als Tagesordnungspunkt im Plenum verhandelt und in die fachlich zuständigen Ausschüsse überwiesen wird. Diese sollen dann nach Abschluss ihrer Beratungen eine Stellungnahme mit einer Begründung an den Petitionsausschuss übermitteln. Unsere weiteren Vorschläge für eine Modernisierung des Parlamentarismus können Sie hier nachlesen: https://www.fdpbt.de/sites/default/files/2018-05/180517_Eckpunkte_Parlamentarismus.pdf
Bei den Straßenausbaubeiträgen sind Reformen notwendig. Als gutes Beispiel kann dabei der Vorstoß der schwarz-gelben Landesregierung in Nordrhein-Westfalen dienen. Dort wurde eine Förderung des Landes eingeführt, die gleichzeitig Beitragszahler entlastet und die Kommunen weiterhin unterstützt. So werden die berechtigten Interessen aller Beteiligten in Einklang gebracht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Positionen hiermit etwas näher bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Marco Buschmann MdB
Erster Parlamentarischer Geschäftsführer