Frage an Marc Henrichmann von Stefan R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Im Zuge der Wiedervereinigung haben die Grünen einen Antrag zu einer Verfassunggebenden Versammlung gestellt. Das Volk sollte in einer Volksabstimmung folgendes klären:
die Wahl einer verfassunggebenden Versammlung aus bei-den deutschen Staaten mit dem Auftrag, unter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger auf Grundlage des Grundgeset-zes und der Erfahrungen in der vierzigjährigen Geschichte beider deutscher Staaten eine neue deutsche Verfassung auszuarbeiten und —die Annahme dieser neuen Verfassung durch das Volk und die Wahl eines neuen, gesamtdeutschen Parlamentes und der übrigen Organe.
Was glauben Sie warum dies nicht zustande kam? Lag es an dem Konstrukt BRD oder dem Unwillen der Regierenden Fraktionen seinerzeit?
Sehr geehrter Herr R.,
danke für Ihre Anfrage, die mich über das Internetportal www.abgeordnetenwatch.de erreicht hat. Als Ihr Wahlkreisabgeordneter antworte ich Ihnen gerne.
Grundsätzlich bin ich unter marc.henrichmann@bundestag.de zu erreichen und freue mich über jede Eingabe und Äußerung.
In Ihrer E-Mail fragen Sie danach, warum ein Antrag der Grünen zur Einrichtung einer verfassungsgebenden Versammlung abgelehnt wurde. Aus heutiger Perspektive kann ich nicht beurteilen, ob dies an dem “Konstrukt BRD oder dem Unwillen der regierenden Fraktionen“ gelegen hat. Dies können nur die zu der Zeit handelnden Personen beantworten. Zudem bin ich mir nicht sicher, was Sie unter dem Begriff “Konstrukt BRD“ verstehen. Gerne lege ich Ihnen aber meine grundsätzliche Position zum Grundgesetz dar.
In der vergangenen Sitzungswoche im Mai haben wir 70 Jahre Grundgesetz gefeiert. Ich empfehle Ihnen, die Debatte im Deutschen Bundestag nachzuhören. Viele Rednerinnen und Redner haben die Vorteile der deutschen Verfassung benannt. Für mich sind folgende Aspekte herausragend: Die Betonung der Menschenwürde, die Betonung der Verantwortung vor Gott und Deutschlands Rolle als Rechts- und Sozialstaat in einem vereinten und geeinten Europa. Ich glaube, dass wir trotz der Fehler, die die Verfassung hat (ein unzeitgemäßer Föderalismus) stolz sein können auf unsere deutsche Verfassung. Eine überwältigende Mehrheit steht hinter der deutschen Demokratie. Es ist die stabilste demokratische Verfassung in der deutschen Geschichte. Wir sind in Europa geeint und fest in Europa verankert. Gleichwohl sehe ich Verbesserungspotenzial. Insofern habe ich mich über die Forderung unseres Fraktionsvorsitzenden nach einer dritten Föderalismuskommission gefreut. Ich glaube, dass wir im 21. Jahrhundert die Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern, Kommunen und europäischer Ebene überdenken müssten. Die Fragen sind gewiss sehr kompliziert. Über eine Debatte würde ich mich dennoch freuen.
Für Rückfragen und Anmerkungen stehe ich Ihnen unter marc.henrichmann@bundestag.de jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marc Henrichmann