Frage an Manuel Sarrazin von Gerhard H. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
in Anbetracht der aktuell erlebbaren Tatsache, daß marktwirtschaftliche Finanzierungslösungen auch ihre Grenzen, Risiken und Folgen für die öffentlichen Haushalte und für die Gesellschaft haben, möchte ich gern von Ihnen erfahren, wie die GAL zu dem Gedanken steht, eine dualistische Wirtschaftsordnung mit verteilten Aufgaben zu entwickeln und einzuführen.
Begründung:
Seit längerer Zeit bewegt mich die Frage einer bedarfsgerechten Finanzierung von sozialen und gemeinnützigen Maßnahmen und Projekten, die nach meiner Erfahrung unter der geltenden Wirtschaftsordnung (Alleingeltung der Marktwirtschaft) nicht jederzeit zuverlässig und ausreichend gewährleistet ist.
Zu vieles bleibt regelmäßig auf der Strecke und ungetan. Ich denke da zum Beispiel an die Bereiche Natur- und Klimaschutz,, Bildung, Gesundheit, Altersversorgung, Völkerverständigung und einiges mehr. Das Steueraufkommen, welches durch die marktwirtschaftliche Wertschöpfung bewirkt wird, reicht zur Finanzierung dringend notwendiger Maßnahmen nicht aus.
Ich halte es für möglich und machbar, daß sich für die vorgenannten Bereiche ein gesetzliches System der SOZIALEN WERTSCHÖPFUNG im Rahmen einer genau definierten Fürsorgewirtschaft entwickeln und einführen läßt - das Gegenteil wäre zu beweisen.
Wir hätten auf diese Weise ein DUALISTISCHES WIRTSCHAFTSSYSTEM mit den gegenseitig abgegrenzten, aber verträglichen Wertschöpfungskomponenten Markt und Fürsorge, (Fürsorge verstehe ich hier als Oberbegriff für die sozialen und gemeinnützigen Tätigkeitsbereiche in unserer Gesellschaft). In einem solchen System könnten wertvolle Synergien entstehen.
Die mittels der SOZIALEN WERTSCHÖPFUNG entstehenden Gelder sind Investitionen in die Bereiche Soziales und Gemeinnütziges. Die durch die Investitionen ausgelösten Bedarfe .würden die Wirtschaft und den Arbeitsmarkt nachhaltig fördern und beleben.
Mit freundlichem Gruß
Gerhard Hein
Sehr geehrter Herr Hein,
ich finde ihren theoretischen Ansatz interessant und bedanke mich für Ihre Ausführungen. Im globalen, finanzmarktgetriebenen Kapitalismus steigt in der Tat der Bedarf nach Lebens- und Wirtschaftsbereichen, die alternativen Unternehmensphilosophien folgen und soziale Verantwortung übernehmen. Die Grünen stehen für eine Wirtschaftsordnung, in der gemeinwohlorientierte Unternehmen ihren festen Platz haben. Wir wollen soziales Unternehmertum, genossenschaftliche Initiativen und bürgerschaftliches Engagement stärken und fest in unserer Gesellschaft verankern. Gerade im gemeinwohlorientierten und genossenschaftlichen Sektor wurden in der Vergangenheit häufig technische und soziale Innovationen entwickelt, bevor Marktakteure in der Lage waren, die Chancen zu erkennen.
Sogar die Bundesregierung hat das erkannt und mit der Reform des Gemeinnützigkeitssrechts einen ersten wichtigen Schritt zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements getan. Weitere Schritte müssen folgen, um die, wie Sie schreiben, "soziale Wertschöpfung" zu fördern.
Ein wichtiger Beitrag zu einer sozialen Gestaltung der Globalisierung ist, dass wir als Konsumenten uns und die Unternehmen verpflichten soziale Belange zu berücksichtigen. Deswegen setzen wir uns für die Ratifizierung und Umsetzung der Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) ein und unterstützen Initiativen und Maßnahmen für "Fairen Handel". In Hamburg haben wir im Koalitionsvertrag mit der CDU vereinbart, dass auch der Hamburger Senat gemeinsam mit den anderen norddeutschen Ländern seine Beschaffung auf Fair Trade umstellen will.
Jeder Konsument kann hier etwas tun, aber auch die Unternehmen und die Politik müssen handeln.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Manuel Sarrazin