Frage an Manuel Sarrazin von Enno P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Im Europaparlament haben in der Regel die wählten Abgeordneten freien Zutritt.
Im Fall von Oriol Junqueras aus Katalonien ist dies nicht der Fall er sitzt sein Nov. 2017 im Gefängnis, müsste aber Abgeordneten-Immunität seit Mai 2019 haben.
Das Vorgehen der spanischen Regierung ist undemokratisch . Was können Sie / die dt. Aussenpolitik hier tun ?
Es grüßt E. P.
Sehr geehrter Herr Prahm,
Herzlichen Dank nochmal für Ihre interessante und interessierte Frage und Ihre Geduld. Hier nun meine ausführliche Antwort: Drei katalanische Politiker, die am 26. Mai gewählt wurden, konnten Ihr Amt nicht umgehend antreten: Carles Puigdemont, Toni Cumin und Oriol Junqueras. Spannend ist das die beiden zuerst genannten von der radikal-separatistischen katalanischen Unabhängigkeitspartei "PDeCAT" sind, während Oriol Junqueras Vorsitzender der gemäßigteren Esquera Republicana de Catalunya ist und am 7. Januar auch (symbolisch) zum Vorsitzenden der EFA Fraktion im Europäischen Parlament gewählt worden: https://www.e-f-a.org/2020/01/07/oriol-junqueras-elected-president-of-efa-group-in-the-european-parliament/, welche gemeinsam mit den Europäischen Grünen eine Fraktionsgemeinschaft bildet. Während die beiden ersteren ins Exil nach Belgien gingen, hat sich Oriol Junqueras der Strafe in Spanien gestellt und wurde im Oktober zu 13 Jahren Haft verurteilt. Das Urteil kann man kritisieren und diskutieren, jedoch können deutsche Politiker als Legislative eines Mitgliedsstaates der EU, sich nur bedingt in die Entscheidungen der Judikative eines anderen Mitgliedsstaates einmischen. Das Urteil ist drakonisch, aber nach meiner Auffassung handelt es sich bei dem Königreich Spanien um einen Rechtsstaat und somit sind wir mit der direkten Einmischung zurückhaltend. Insgesamt muss man feststellen, dass der Konflikt zwischen Katalonien und Spanien ein politischer ist, den man politisch und nicht juristisch lösen muss. Deswegen ist es meiner Meinung nach ein richtiger und wichtiger Schritt, dass der amtierende Ministerpräsident Spaniens Pedro Sanchez sich nun an einen runden Tisch mit den Vertretern Kataloniens setzt (https://www.aachener-zeitung.de/politik/welt/eine-historische-chance-fuer-katalonien_aid-48805967).
Jedoch betrifft das von Ihnen angesprochene Urteil (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=221795&pageIndex=0&doclang=FR&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=8904172) nun Mandate im Europäischen Parlament und hier darf man sehr wohl klar Stellung beziehen. Hier geht es um unser gemeinsames europäisches Recht!
Der EuGH hat im Dezember geurteilt, dass die gewählten Personen seit dem 26. Mai 2019 Immunität genießen. Das ist zunächst einmal sehr zu begrüßen, weil es das europäische Wahlrecht stärkt! Folgerichtig, müsste das Königreich Spanien beim Europäischen Parlament zuerst die Aufhebung der Immunität beantragen und dann die Entscheidung des Parlaments abwarten, bevor es jemanden gefangen hält. Als Grüne im deutschen Bundestag ist unser Handlungsspielraum begrenzt, aber meine grünen Kollegen im Europaparlament bauen Druck auf. So hat der der grüne Europaabgeordnete Dr. Sergey Lagodinsky, stellvertretender Vorsitzender des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments, kürzlich hierzu in seiner Pressemitteilung festgestellt, dass Oriol Junqueras Immunität genießt und sofort sein Mandat antreten müsste: https://lagodinsky.de/junqueras-steht-immunitaet-zu-eugh-urteil-staerkt-europaeisches-demokratisches-wahlrecht/
Mit besten Grüßen
Manuel Sarrazin