Frage an Manuel Sarrazin von Peter S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
Ende letzten Jahres hat das Eisenbahnbundesamt (EBA) seine Genehmigung für die „Verlegung“ unseres Bahnhofs Hamburg-Altona erteilt. Ein neu zu bauender Durchgangsbahnhof am Diebsteich soll den bestehenden Kopfbahnhof ersetzen. Das Großprojekt dürfte den Steuerzahler mehrere Hundert Millionen € kosten, genaue Angaben gibt es dazu bisher nicht.
Wie aus dem Begleittext zur Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses hervorgeht, wurde vom EBA keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt.
https://www.eba.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/PF/Beschluesse/Hamburg/51_Bf_Hamburg_Altona.html
Eine Umweltverträglichkeitsprüfung war aber von der Hamburgischen Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation am 8.3.2016 im Amtlichen Anzeiger angekündigt worden (siehe Seiten 444/445 zur Bekanntmachung des Anhörungsverfahren im Planfeststellungsverfahren), wo es hieß:
„Das Vorhaben bedarf nach § 3 a des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) einer Umweltverträglichkeitsprüfung, die im Zuge des Planfeststellungsverfahrens von der Planfeststellungsbehörde vorgenommen werden wird.“
http://www.luewu.de/anzeiger/docs/2229.pdf
Dass das EBA als zuständige Planfeststellungsbehörde bereits drei Monate zuvor (am 7.12.2015) beschlossen hatte, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, wurde im Amtlichen Anzeiger nicht erwähnt.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass geklärt wird, wie es dazu kam, dass die Öffentlichkeit falsch informiert wurde, und wer dafür verantwortlich ist, dass so in irreführender Weise der Eindruck erweckt wurde, es gebe eine Umweltverträglichkeitsprüfung?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass das Projekt ausgesetzt wird, bis die gesetzlich vorgeschriebene Umweltverträglichkeitsprüfung erfolgt ist?
Vielen Dank im Voraus für Ihre Antwort und
mit freundlichen Grüßen
P. S.
Sehr geehrter Herr Schönberger,
vielen Dank für Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich hier so spät auf diese reagiere. Fragen via abgeordnetenwatch.de nehme ich sehr ernst. So habe ich, mit Blick auf Ihre Anfrage eine schriftliche Frage an die Bundesregierung gestellt, deren Antwort allerdings - wie so oft - so unbefriedigend war, dass ich hierzu noch in Gesprächen mit den Fachpolitikern meiner Fraktion bin. Es wäre sicherlich gut gewesen, einen Vermerk über den aktuellen Stand auf abgeordnetenwatch.de zu posten, gleichwohl habe ich mich dem Anliegen aktiv und intensiv angenommen. Ich werde Ihre Frage folglich demnächst beantworten.
Mit besten Grüßen
Manuel Sarrazin
Sehr geehrter Herr S.,
nochmals vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich bitte um Verständnis, dass sie erst jetzt inhaltlich beantwortet wird: tatsächlich haben wir uns eingehend mit dem Thema befasst. Wir haben auf Landesebene eine Einschätzung der zuständige Behörde für Wirtschaft und Verkehr erbeten, die uns Ende Februar zuging. Dort hieß es: "Die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens (Planfeststellung) oblag dem Eisenbahnbundesamt (EBA), die Hamburger Behörden waren als Anhörungsbehörden lediglich beteiligt. In der Tat war ursprünglich eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgesehen, davon ist jedoch nach Kenntnisstand der Hamburger Behörden im weiteren Verfahren abgesehen worden."
Daraufhin stellte ich am 23. April eine schriftliche Frage an die Bundesregierung um zu erfragen, auf welcher Grundlage das EBA bei der Verlegung des Bahnhofs Altona von einer UVPG absah und welche Konsequenzen sie aus dem Umstand ziehe, dass das EBA die Anhörungsbehörde um Einleitung des Anhörungsverfahrens bat sowie dem Text der Bekanntgabe einschließlich des Hinweises auf die Durchführung einer UVPG im Amtlichen Anzeiger der Stadt Hamburg vom 08.03.2016 ausdrücklich zustimmte, von einer tatsächlichen Durchführung der UVPG im weiteren Verfahren jedoch absah.
Die Antwort aus dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur fiel recht knapp aus: Während des Planfeststellungsverfahrens habe eine Prüfung der vorgelegten Umweltverträglichkeitsstudie (UVS) durch die Planfeststellungsbehörde ergeben, dass keine entscheidungserheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen zu erwarten seien. Nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses wurden, wie Sie ja sicher auch der Presse entnommen haben, mehrere Klagen gegen den Beschluss erhoben. Zu laufenden Gerichtsverfahren nehme die Bundesregierung nicht Stellung, heißt es ferner.
Da Sie fragten, inwiefern ich mich für eine Klärung der vermeintlichen Falschinformation der Öffentlichkeit einsetzen würde, möchte ich Ihnen gerne Folgendes sagen: Planungsvorhaben derartiger Größe, wie die Verlegung des Bahnhofs in Altona, unterliegen in der Regel einer sehr genauen Beobachtung durch die Öffentlichkeit und stoßen häufig auf Widerstand Einzelner in der Bevölkerung, aus ganz verschiedenen Gründen. Es ist aus meiner Sicht daher nicht davon auszugehen, dass die Öffentlichkeit bewusst getäuscht oder falsch informiert werden sollte, sondern - und hier kann nur gemutmaßt werden - vermutlich ist die Größe des Planungsvorhabens und seine Komplexität hier ursächlich für die Unregelmäßigkeiten innerhalb des Verfahrens.
Dass auf Seiten der Bürger angesichts solcher Unregelmäßigkeiten Fragen aufkommen können, kann ich natürlich nachvollziehen. Allerdings konnten Sie sicher der Presse entnehmen, dass es mittlerweile einen Ergänzungsbeschluss gibt, welcher eine "Umweltstudie" so die taz vom 22. Mai, abzurufen unter: http://www.taz.de/!5504152/ , enthält. Dass das Oberverwaltungsgericht den Bau nun vorläufig gestoppt hat, ist gut und richtig, denn ganz offensichtlich ist der Planfeststellungsbeschluss nicht hinreichend konkret in allen Facetten.
Wenn Sie weitere Fragen haben, so kommen Sie gerne auf mein Büro zu unter: manuel.sarrazin.wk@bundestag.de