Frage an Manuel Sarrazin von Lars B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Selbständige Buchhalter und Bilanzbuchhaltern werden im In- und Ausland weiterhin durch Gesetze, die gegen europäisches Recht verstoßen, in ihrer Berufsausübung behindert. Zum allgemeinen Verständnis: Buchhalter dürfen laufende Buchungen, zum Beispiel von Bankkonten, in die Rubriken eintragen, die die Kosten eines Unternehmens ausweisen. Sie dürfen sogar die Umsatzsteuer ausweisen. Aber sie dürfen diese Konten dann nicht mehr addieren. Und sie dürfen diese Tätigkeit nicht als Buchhaltung bezeichnen - aber nur, wenn sie selbstständig sind. Angestellte Buchhalter dürfen sich Buchhalter, bzw. Bilanzbuchhalter nennen. Profiteure sind die in den öffentlich-rechtlichen Kammern organisierten Steuerberater. Für die Bundessteuerberaterkammer ist das in Ordnung: "Jeder Beruf hat das Recht, auch nach Regelungen zu suchen, die seinen Mitgliedern nützen." Weil das so ist, sorgen die Steuerberaterkammern dafür, dass die Buchhalter weiterhin per Gesetz geknebelt werden. Nachdem EU-rechtlich die nationalen Befugnisse maßgeblich sind und zugleich die Dienstleistungsfreiheit herrscht, dürfen österreichische Bilanzbuchhalter in Deutschland z. B. Jahresabschlüsse erstellen. „Möchte hingegen ein deutscher Bilanzbuchhalter in Österreich tätig werden und mit den gleichen Berufsrechten wie sein österreichisches Pendant ausgestattet werden, muss er die österreichische Berufsberechtigung nach dem Bilanzbuchhaltergesetz erwerben. Dagegen besitzt der österreichische Bilanzbuchhalter der sich im Rahmen der Richtlinie in Deutschland anbietet, erheblich mehr Berufsrechte“, so die Aussage von Dr. Friedrich Bock aus Wien. Das österreichische Bilanzbuchhaltergesetz ist ein beispielhaftes Vorbild für Europa.
Was wird Ihre Partei unternehmen um die Situation der deutschen Bilanzbuchhalter zu verbessern und wird Ihre Partei die Liberalisierung des Berufsrechts voran treiben?
Sehr geehrter Herr B.,
vielen herzlichen Dank für Ihre Anfrage via Abgeordnetenwatch. Wir Grünen teilen Ihre Einschätzung hinsichtlich der unzulänglichen beruflichen Situation von BuchalterInnen und BilanzbuchhalterInnen. Deshalb hat die Grüne Bundestagsfraktion bereits im Juni 2006 einen Antrag mit dem Titel „Steuerberatung zukunftsfähig machen“ in den Bundestag eingebracht, der leider noch immer aktuell ist, da das Berufsrecht für Steuerberater in der Zwischenzeit weder ausreichend liberalisiert noch modernisiert wurde.
In dem Antrag heißt es:
„Eine tief greifende Novelle des Steuerberatungsgesetzes ist überfällig (…). Das Steuerberatungsgesetz schränkt die Berufsfreiheit von Selbständigen im Steuer- und Buchhaltungswesen übermäßig stark ein. Dies betrifft selbständige Buchhalter, Buchführungshelfer, Bilanzbuchhalter, Steuerfachwirte und Lohnsteuerhilfevereine. Für Gründer und Selbständige in diesem Berufsfeld sind die vielen Einschränkungen zu einem Hindernis geworden, ihre Geschäftsideen zu verwirklichen und Arbeitsplätze zu schaffen. Eine tief greifende Modernisierung und Liberalisierung des Berufsrechts der Steuerberater ist deshalb dringend notwendig. Das Steuerberatungsgesetz muss allen Selbständigen im Steuer- und Buchhaltungswesen ausreichende Marktchancen einräumen und ihnen faire Wettbewerbsbedingungen gewähren. Alle Beteiligten müssen ihren Beruf weitgehend ungehindert ausüben können (…).
Selbständige Buchhalter, Buchführungshelfer, Bilanzbuchhalter sowie Steuerfachwirte sollen die gesetzliche Befugnis erhalten, die Buchhaltung einzurichten, vorbereitende Abschlussarbeiten in der Finanzbuchhaltung zu erledigen, die Lohnbuchhaltung abzuschließen und die Umsatzsteuer-Voranmeldung zu erstellen.“
Diese Ziele für den Berufstand der BuchalterInnen und BilanzbuchhalterInnen besitzen für uns Grüne noch immer Gültigkeit. Damit Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch auch weiterhin auf die Qualitäten der angebotenen Leistungen vertrauen können, „soll ein Absicherungs- und Kontrollsystem für diese Berufsgruppen installiert werden, das einen ausreichenden Verbraucherschutz gewährleistet. Dies bedeutet insbesondere die Einführung einer Pflicht zum Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung und die Schaffung einer Berufsaufsicht auch für diejenigen Berufe, denen Tätigkeitsfelder eröffnet werden, die bislang den SteuerberaterInnen vorbehalten waren.“
Wir Grünen setzen uns somit nach wie vor für eine umfassende Reform des Steuerberatergesetzes ein, die zwingend mit einer Liberalisierung einhergehen muss.
Den gesamten Antrag der Grünen Bundestagsfraktion vom Juni 2006 finden Sie hier:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/018/1601886.pdf
Selbstverständlich stehe ich Ihnen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Manuel Sarrazin