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Manuel Sarrazin
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Mark Moritz M. •

Frage an Manuel Sarrazin von Mark Moritz M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Aufgrund deiner politischen Erfolge, den unermüdlichen Einsatz, regt sich in mir das Interesse unsere Kräfte im brüderlichen Wettstreite auf einem anderen Gebiete zu messen. Ich forder dich zum Duell: spielen wir Schach. Die Wahl der Farbe überlasse ich dir.

So, und nun die politische Frage:

Ich habe mir die Argumente der CDU für ihre Änderung der Volksgesetzgebung und die Polemik die die dagegen wettert angesehen. Es scheint mir zwar so zu sein, das die Polemiker in die richtige Richtung zeigen, aber ihre Argumente scheinen mir nicht sehr eloquent vorgetragen.
Habt ihr (und Du) euch intensiver damit beschäftigt?
Was ist Deine Position zu diesem Ganzen Themenkomplex.

Gruß Bob (die Herauforderung)
&
Flex (die Frage)

Portrait von Manuel Sarrazin
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Bob! Lieber Flex!

Die Herausforderung sei hiermit angenommen...

Zur Frage:

Es gibt sicherlich 3 Ebenen auf denen man die Frage der von der CDU angestrebten Veränderung der Volksgesetzgebung betrachten kann:

1.) Die Motivation

Die Motivationslage der CDU könnte klarer garnicht sein. Die Volksgesetzgebung hat sich in den letzten Volksentscheiden, aber bspw. Durch das letztlich erfolgreiche KITA-Begehren als funktionierendes politischen Mittel dargestellt. Sie wurde sowohl von BürgerinnenInitiativen als auch von Gewerkschaften in der Zusammenarbeit mit den Oppositionsparteien politisch nutzbar gemacht. Es ist nur allzu durchsichtig, warum der Senat/die CDU-Fraktion jetzt die Hürden heraufsetzen will. Allein das ist schon unlauter. Aber auch die Argumente zur Änderung der Volksgesetzgebung sind offensichtlich vorgeschoben und unlauter. Der Mehrheit im Parlament passt die Mehrheitsmeinung des Volkes zu einzelnen Fragen nicht.

2.) Die Wirkung der Reform

Die Reformvorschläge sind in sich teilweise unlogisch oder argumentativ schwach aufgestellt, anderenteils greifen sie ein Herzstück des politischen Engagement im Rahmen der Volksgesetzgebung an.

Zum ersten Punkt ein Beispiel: Die Forderung an Volksinitiativen, Finanzierungsvorschläge für die eigenen Forderungen mit zur Abstimmung zu stellen ist unlauter und widerspricht aus unserer Sicht auch der verfassungsgemäßen Gleichrangigkeit von Parlamentsbeschluss und Volksentscheid. Warum sollen die Bürgerinnen und Bürger in ihrem Gesetzgebungsinstrument etwas voraussetzen müssen, dass das Parlament in seinen Beschlüssen nicht voraussetzen muss. Wir Abgeordnete müssen für unsere Beschlüsse keine Gegenfinanzierung aufbieten (bei uns GRÜNEN ist das zumeist dank unserer haushaltpolitischen Sprechers etwas anders ;-)). Wer dem widerspricht sei an das von uns beschlossene Kita-Gesetz erinnnert... Hier lag keine Gegenfinanzierung vor, was letztlich zu einer monatelangen Auseinandersetzung über die KITA-Finanzierung führte.

Zum zweiten Punkt: Das Herzstück der Volksgesetzgebung ist die Nutzung der Strasse als öffentlichem politischem Raum. Mit der Sammlung von Unterschriften auf der Strasse auf der Stufe des Volksbegehrens kriegen die Initiativen nicht nur leichter die notwendige Unterschriftenanzahl zusammen, sie politisieren auch auf der klassischen Bühne der politischen Auseinandersetzung: Am Infostand auf dem Wochenmarkt oder in der Fußgängerzone. Damit erfüllen die Initiativen einen wertvollen Beitrag zur politischen Willensbildung der Bürgerinnen und Bürger über das eigenen Anliegen, machen aber auch die Politik - übrigens abseits von der klassischen "Give-aways von Partein abgreifen"-Mentalität - auf der Strasse sichtbar. In unserer Gesellschaft ist es ein hohes Gut öffentlich politisieren zu dürfen. Die Eintragungsmöglichkeit auf der Stufe des Volksbegehrens an den Infoständen ist eines der Herzstücke des Volksgesetzgebung. Ähnliches gilt übrigens auch für die Stimmensammlung im privaten Raum, unter SportkollegInnenn oder unter Schulkameraden und Studentinnen und Studenten. Die CDU greift dieses Instrument allerdings nicht mit dem Vorsatz an, die Politik von der Strasse zu holen. An den Infoständen der Initiativen stehen klassischerweise "linke" oppositionelle Abgeordnete ;-). Es geht hier vielmehr darum durch die Verlegung der Eintragung zum Begehren ins Wahllokal den Leuten es schwerer zu machen, Ihre politische Meinung auszudrücken. Man denkt offensichtlich, dass so das Quorum des Begehrens nur schwieriger erreichbar ist. Auch das würde ich als unlauter bezeichnen.

3.) Die "Metaphase"

Du sprichst in unserer oppositionellen Kritik an den Plänen zur Veränderung der Volksgesetzgebung von Polemik. Nun, ich denke eine anschauliche Sprache gehört auch dazu... Ich denke aber auch, dass in dieser Frage eine deutliche Sprache angebracht ist. Die CDU will aus machttaktischen Interesse ein funktionierendes Instrument zur EINflussnahme der Bürgerinnen und Bürger auf politische Entscheidungen unbrauchbarer machen. Das schadet nicht nur der Qualität der Entscheidungen dieser Regierung (die sich selber vielzu häufig offensichtlich nicht ausreichend darum bemüht und froh sein sollte, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses fehlende "Controlling" vornehmen!), sondern auch dem Ansehen der Politik insgesamt. Wir waren gemeinsam Schulsprecher: Ich weiß noch, wie enttäuscht wir über das Verhalten der LehrerInnenkonferenz bei unserem Vorschlag für den "Staat auf Zeit" im Jahr vor der Durchführung des selbigen waren. Ich bin mir sicher, das die politische Mißachtung des WählerInnenwillens, wie im Einzelfall beim LBK-Verkauf und generell bei der Veränderung der Volksgesetzgebung, nicht nur die klassischen NichtwählerInnen in Ihrer Meinung untertsützt, sondern auch bisher engagierte und interessierte Menschen frustriert und von der Politik entfernt.

Das sollten wir verhindern! Deswegen fordern wir die Einführung einer Bindnungswirkung für die Volksentscheide in der Hamburgischen Verfassung. Und wenn Du wirklich wissen willst, wer in Hamburg hinter der Volksgesetzgebung steht, dann achte auch die Position auch der SPD zu dieser Frage ;-).

Liebe Grüße!

Euer Manuel