Frage an Manuel Sarrazin von Marc G. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
in letzter Zeit hört man nur Schlechtes über große Infrastrukturprojekte des Bundes mit Beteiligung privater Unternehmen, sei es nun Elbphilamonie oder Hauptstadtflughafen. Oft genug geben die beauftragten Unternehmen dem Bund die Schuld und umgekehrt, wobei Kosten durch Mißmanagement häufig bei dem Steuerzahler hängen zu bleiben scheinen.
Haben Sie konkrete Lösungsvorschläge zum Principal-Agent-Problem, das sich bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an private Unternehmen ergibt?
Vielen Dank für Ihre Antwort
Ein potentieller Wähler
Sehr geehrte Herr Gusenda,
vielen Dank für Ihre interessante Frage zum Prinzipal-Agent-Problem bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an private Unternehmen. Dieses Problem beschäftigt mich und meine Kolleg/innen sowohl auf Bundesebene wie auch vor Ort in den Wahlkreisen häufig. In Hamburg wurde dies leider besonders deutlich durch die Kostenexplosion und Verzögerung bei der Elphilharmonie.
Den Problem der Informationsasymmetrie begegnen wir nicht nur bei der Vergabe öffentlicher Aufträge, sondern auch im Alltag: wenn ich mir z.B. ein gebrauchtes Fahrrad kaufe, besteht zwischen mir als Käufer und dem Fahrradladen als Verkäufer ebenfalls eine gewisse Informationsasymmetrie; ist das Fahrrad wirklich erst vier Jahre alt, wie viel wurde es gefahren, ist der Preis angemessen? Als Privatkäufer würde ich versuchen, diesen Wissensvorsprung so gut wie möglich auszugleichen: ich würde viele Fragen stellen, den Fahrradladen mit anderen vergleichen und ggf. um eine Garantie bitten.
Nun ist der Kauf eines Fahrrads natürlich nicht mit dem Auftrag z.B. des Baues der Elphilharmonie, eines Bahnhofes oder Flughafens zu vergleichen. Dennoch gilt auch hier: der Auftraggeber, also z.B. die Stadt Hamburg, muss versuchen, den Wissensvorsprung des Auftragsnehmers soweit wie möglich zu minimieren und sich gegen unerwartete Mängel, Kostensteigerungen, Zeitverschiebungen etc. abzusichern. Bevor der Auftrag an ein privates Unternehmen vergeben wird, sollten verschiedene Angebote sehr genau verglichen und geprüft werden und in den Verträgen die Dienstleistungen sehr genau beschrieben und festgesetzt werden. Schließlich geht es um sehr hohe Beträge, die aus den Steuern der Bürger/innen stammen. Zudem sollte von Beginn an eine vollkommene Transparenz gewährleistet werden. Bürgerbeteiligung bei Großprojekten gibt es derzeit erst, wenn die Grundsatzentscheidung für den Bau eines Projekts bereits gefallen ist. Eine echte Alternativenprüfung, die auch einen möglichen Verzicht auf das Projekt zugunsten z.B. des Ausbaus vorhandener Infrastruktur in Betracht zieht, findet nicht statt.
Auch müssen zusätzliche Sicherheiten vereinbart werden: Wer trägt mögliche Mehrkosten? Hier sollte in Zukunft stärker darauf geachtet werden, den Agenten (z.B. der beauftragten Firma) mehr an den Mehrkosten zu beteiligen. Es ist ein effektiverer Rechtsschutz gegen mangelhafte Transparenz nötig.
Tatsächlich sind in den letzten Jahren bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen viele Fehler gemacht worden – leider mit der Konsequenz, dass ein höherer Umfang an Steuergeldern eingesetzt wurde. Aus diesen Fehlern müssen die Parlamente und Behörden lernen und zukünftig sehr sorgfältig prüfen, an wen, zu welchem Preis und unter welchen Bedingungen die Aufträge vergeben werden.
Meine Lösungsvorschläge zum Prinzipal-Agent-Problem bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen an private Unternehmen sind daher,
- von Beginn an eine größtmögliche Transparenz und Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten. Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung müssen für jede Planungsphase und für jede Behörde selbstverständlich werden. Daher wollen wir Grünen, dass die Verwaltungen zu Transparenz auf allen Planungsstufen verpflichtet werden.
- Bürger/innen, lokale Institutionen und die Wissenschaft bei der Auftragsvergabe zu Rate ziehen, um vom gemeinsamen Wissen zu profitieren,
- keine übereilten Auftragsvergaben zu machen, sondern ausreichend Zeit für die Suche eines geeigneten Unternehmens einzuplanen,
- die Verträge sorgfältig zu prüfen und alle Details schriftlich festzuhalten, auch bezüglich möglicher Mehrkosten.
Ich hoffe, Ihre Frage hinreichend beantwortet zu habe. Sollten Sie weitere Lösungsvorschläge haben, würde ich mich sehr über eine Nachricht von Ihnen freuen!
Freundliche Grüße,
Manuel Sarrazin