Frage an Manuel Sarrazin von Andreas R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Betr.: Christenverfolgung
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
Christen sind die weltweit am stärksten der Verfolgung ausgesetzte Religionsgemeinschaft. Das Kernland der Bibel, das Heilige Land im Nahen Osten, wird aufgrund massiver Repressalien geradezu von Christen entvölkert. Die ausgesprochen bedrängte Situation der koptischen Christen in Ägypten ist aus der Presse bekannt. Als Folge der Verfolgung insbesondere von der muslimischen Seite fliehen zunehmend Christen aus Ländern wie Ägypten, dem Irak oder Iran. Der sog. „Arabische Frühling“, der in mehreren Ländern (Tunesien, Marokko, Ägypten usw. ) durch demokratische Wahlen radikale Islamisten wie die Muslimbruderschaft an die Regierung bringen wird oder schon gebracht hat, wird – trotz anderslautender verbaler Bekenntnisse – die Verfolgung Andersgläubiger, und damit die Christenverfolgung, in diesen Ländern voraussehbar noch erheblich weiter verschärfen.
Im Iran ist über Pastor Youcef Nadarkhani nur deshalb das Todesurteil ausgesprochen worden, weil er vom islamischen Glauben abgefallen ist. Sein Fall hat inzwischen öffentliche Aufmerksamkeit erlangt. Sein Schicksal ist allerdings kein Einzelfall.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich wissen lassen würden, welche konkreten Maßnahmen Ihre Partei und Sie ganz persönlich unternehmen, um der sich ausbreitenden Christenverfolgung weltweit, insbesondere auch in muslimischen Ländern wirksam entgegen zu treten.
Ich danke Ihnen herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit diesem Thema und meinem Anliegen zu beschäftigen.
Mit freundlichem Gruß
Andreas Rieger
Sehr geehrter Herr Rieger,
vielen Dank für Ihre Frage, in dem Sie das Problem der Christenverfolgung schildern. Wir teilen Ihre Sorgen.
Wir bekennen uns zu der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, in der in Artikel 18 niedergelegt ist:
„Jeder hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht schließt die Freiheit ein, seine Religion oder Überzeugung zu wechseln, sowie die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung allein oder in Gemeinschaft mit anderen, öffentlich oder privat durch Lehre, Ausübung, Gottesdienst und Kulthandlungen zu bekennen.“
Religionsfreiheit muss überall gelten, egal welche Religionsgemeinschaften die Mehrheit bilden. Wir machen keine Unterschiede z.B. zwischen christlichen, islamischen und jüdischen Gemeinden. Gerade wenn Religionen wie zum Beispiel die Christen in Ägypten in einer Minderheit sind und dort rechtlich und/oder tatsächlich unterdrückt werden, muss darauf gedrungen werden, dass die Religionsfreiheit hergestellt wird. Als europäische Partei ist uns der Schutz der Christinnen und Christen in Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung ein wichtiges Anliegen.
Wir haben in der letzten Legislaturperiode eine Große Anfrage zur "Sicherstellung des Menschenrechts der Religions- und Glaubensfreiheit" gestellt. Die Frage der Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, ist ein Lackmustest für den Stand der Menschenrechte allgemein. Weltweit werden Menschen aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen bedroht, verhaftet, gefoltert und getötet. Opfer von Gewalt und Verfolgung sind Anhängerinnen und Anhänger jeglicher Glaubensrichtungen. Immer häufiger werden unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terror durch autoritäre Regime kulturelle und religiöse Minderheiten unterdrückt und verfolgt. Gleichzeitig findet die Religions- und Glaubensfreiheit ihre Schranken da, wo im Namen der Religion Menschenrechtsverletzungen (Körperstrafen, Diskriminierung von Frauen und sexuellen Minderheiten) und terroristische Gräueltaten begangen, Kriege und gewaltsame Übergriffe gerechtfertigt werden.
Unsere Position dazu haben wir auch in unserem Bundestagsantrag vom 6. Juli 2010 deutlich gemacht, indem wir die Bundesregierung dazu auffordern weltweit den „Schutz des Menschenrechts auf Religions- und Glaubensfreiheit mit Nachdruck in allen Politikbereichen zu verfolgen“ (Drucksache 17/2424 http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=drucksache%2017%2F2424%20&source=web&cd=1&ved=0CFAQFjAA&url=http%3A%2F%2Fdipbt.bundestag.de%2Fdip21%2Fbtd%2F17%2F024%2F1702424.pdf&ei=2lQWUPq_JIjdtAaKtIHQCQ&usg=AFQjCNHsDHx6x45HbPrW7rpMrCuR9gA1kQ&cad=rja ).
Mit freundlichen Grüßen,
Manuel Sarrazin