Frage an Manuel Sarrazin von Heinrich S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
seit einiger Zeit wird im Irak eine systematische Christenverfolgung durchgeführt. Ich habe bisher nur ablehnende Stimmen gehört aus dem Bundestag gehört, wenn es darum geht unseren geschundenen und verfolgten Glaubensschwestern und -brüdern Asyl in Deutschland zu geben.
Ich halte das angesichts der hochtrabenden Worte über christliche Leitkzultur usw. aus dem Mund von Abgeordneten für einen Skandal. Ich möchte Sie bitten als Vertreter unseres Bezirkes im Bundestag sich hier eindeutig zu positionieren und um Asyl für die verfolgten Christen sich einzusetzen.
Mit freundl. Gruß
Heinrich Stenzaly
Sehr geehrter Herr Stenzaly,
vielen Dank für Ihre Frage vom 14. November 2010 zur Verfolgung von Christinnen und Christen im Irak. Bitte entschuldigen Sie, dass Sie so lange auf eine Antwort warten mussten.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich schon lange für die Aufnahme besonders bedrohter Flüchtlinge aus dem Irak, die u.a. in Syrien unter schwierigsten Bedingungen leben, ein. Ende 2008 hatten die EU-Innenminister/innen beschlossen, bis zu 10.000 Flüchtlinge aus dem Irak aufzunehmen. Deutschland erklärte sich bereit, rund 2500 Flüchtlinge aufzunehmen. In diesem Jahr ist diese Ansiedlungsaktion abgeschlossen worden. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzt sich dafür ein, dass weitere Flüchtlinge aus dem Irak in Deutschland aufgenommen werden. Wir fordern neben den ad hoc-Übernahmen aber auch eine großzügige generelle Zusage, eine festgelegte Zahl von Personen jährlich in enger Zusammenarbeit mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) zu übernehmen.
Unter den besonders bedrohten Personen befinden sich auch Christinnen und Christen aus dem Irak; dies sprechen Sie in Ihrer Nachricht an. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sehen in der Religions- und Glaubensfreiheit ein Menschenrecht, das nicht eingeschränkt werden darf. Interessieren wird Sie in diesem Zusammenhang sicher auch ein Antrag, den wir als Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in dieser Legislaturperiode gestellt haben. Der Titel lautet „Das Menschenrecht auf Religions- und Glaubensfreiheit stärken“, eingegangen wird auch explizit auf die Menschenrechtslage im Irak: „Dramatisch ist etwa die Lage der religiösen Minderheiten im Irak, die nach wie vor der massiven Gewalt religiöser Extremisten ausgesetzt sind.“.
Den kompletten Antrag finden Sie unter http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/024/1702424.pdf.
Sie sprechen in Ihrer Nachricht „Worte über christliche Leitkultur“ an. Diese Position einiger Politikerinnen und Politiker teile ich nicht und wende mich gegen die Postulierung einer „christlichen Leitkultur“ oder einer anderen vermeintlichen Leitkultur in Deutschland. Die Menschen und Kulturen in Deutschland sind nicht homogen, sondern sehr vielfältig. In dieser Heterogenität sehe ich viele Chancen, insofern wende ich mich gegen eine Verallgemeinerung auf den Nenner einer Leitkultur.
Aber ganz unabhängig von dieser Debatte ist eine Verfolgung von Menschen aufgrund von ihren religiösen Einstellungen natürlich deutlich abzulehnen. Das Menschenrecht auf Glaubens- und Religionsfreiheit muss gewahrt werden. Da wir dies aktuell im Irak leider nicht gewährleistet sehen, lehnen wir auch Abschiebungen in den Irak ab.
Für Rückfragen wenden Sie sich gerne an uns.
Mit freundlichen Grüßen,
Manuel Sarrazin