Frage an Manuel Sarrazin von Johannes W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Sarrazin,
mein Name ist Johannes Windler und ich bin Oberstufenschüler des Heilwiggymnasiums.
Im Rahmen eines Projektes meines Leistungskurses Gemeinschaftskunde, zum Thema Bundestagswahl, da wir zum ersten Mal wahlberechtigt sind, führe ich eine kleine Umfrage durch.
Es geht darum, wie der Zusammenhang zwischen Wahlkampf und Wahlprognosen/ Meinungsforschungsergebnissen ist und darum, wie die Medien den Wahlkampf der Parteien beeinflussen.
Ich würde Ihnen sehr dankbar sein, wenn Sie sich fünf Minuten Zeit nehmen könnten, um meine Fragen zu beantworten.
1. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Wahlkampf und Wahlprognosen, wenn ja, welchen?
2. Lassen Sie/ Ihre Partei sich im Wahlkampf oder beim Wahlprogramm von Prognosen beeinflussen, wenn ja/ nein, warum?
3. Erstellen Sie Ihr Wahlprogramm unter anderem auf Grundlage von Meinungsforschungsergebnissen, wenn ja/ nein, warum?
4. Sind Sie der Meinung, dass Wahlprognosen die Psyche der Wähler beeinflussen und somit auch ihr Wahlverhalten, wenn ja/ nein, warum?
Ich danke Ihnen vielmals, für die Beantwortung der Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
Johannes Windler
Lieber Herr Windler!
Vielen Dank für Ihre Frage. Ich kenne das Heilwig-Gymnasium von einigen besuchen und freue mich, dass Sie sich mit ihrer Umfrage politisch engagieren.
Zu ihren Fragen der Reihe nach:
1. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Wahlkampf und Wahlprognosen, wenn ja, welchen?
Ich denke, dass mit Wahlprognosen im Wahlkampf sehr wohl Stimmung gemacht wird. Die Erstellung und Berechnung dieser Prognosen ist höchst komplex und fehleranfällig. Zudem werden in den Zeitungsveröffentlichungen die Abweichungsmöglichkeiten aus Statistikgründen von üblicherweise +- 1-2,5% nicht mitdiskutiert und zudem die Zahlen aus Nachkommazahlen meist nach politischen Gutdünken der jeweiligen Zeitung jeweils auf oder abgerundet. Die Prognosen sind also selber ein Mittel der politischen "Öffentlichkeitsarbeit" und haben so eine bedeutende Rolle und Wirkung in der Öffentlichkeit aber natürlich auch auf den Wahlkampf der Parteien. Bei den letzten beiden Bundestagswahlen haben wir aber besonders eindrucksvoll gesehen, dass diese nicht unbedingt etwas mit dem tatsächlichen Ergebnis am Wahlabend zu tun haben müssen.
2. Lassen Sie/ Ihre Partei sich im Wahlkampf oder beim Wahlprogramm von Prognosen beeinflussen, wenn ja/ nein, warum?
Wichtig sind für uns vor allem die Erhebungen über die wichtigen Werte- und Glaubwürdigkeitsthemen unserer WählerInnen. Natürlich entscheiden wir auch nach den uns vorliegenden Meinungsforschungserkenntnissen darüber, welche unserer Themen und Positionen wir im Wahlkampf besonders betonen und welche eher für eine interessierte Fachöffentlichkeit vorbehalten sind. Dass Politik darüber hinaus auch immer nach Wählerstimmen zielt ist richtig und auch gut so, schließlich sollen wir ja auch tun, was die Wählerinnen und Wähler von uns (also der jeweiligen "ihren politischen Repräsentanz") erwarten. Dafür nutzen alle Parteien aber eher eigene erhobene Daten, als die, die wir aus den allwöchentlichen Umfragen von Zeitungen und Fernsehsendern kennen. Natürlich gibt es auch PolitikerInnen, die nach den in der 1. Antwort beschriebenen Stimmungen agieren, da wir Grüne aber eine vergleichsweise kleine Partei mit einer besonderen Wählerschaft sind, sind wir davon aus meiner Sicht relativ frei.
3. Erstellen Sie Ihr Wahlprogramm unter anderem auf Grundlage von Meinungsforschungsergebnissen, wenn ja/ nein, warum?
Über die obige Antwort hinaus wird unser Programm von einem Parteitag beschlossen zu dem gewöhnlich viele hundert bis tausend Änderungsanträge zum Programm vorliegen. Der Abstimmungsprozess dieser Anträge ist davon recht frei. Ansonsten gilt obiges.
4. Sind Sie der Meinung, dass Wahlprognosen die Psyche der Wähler beeinflussen und somit auch ihr Wahlverhalten, wenn ja/ nein, warum? ja, siehe oben.
Wenn Sie weitere Fragen haben, schreiben Sie gerne oder melden Sie sich, dann können wir auch telefonieren oder einen Kaffee trinken und dabei weitersprechen.
Ihr Manuel Sarrazin