Frage an Manuel Höferlin von Raphael W. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Höferlin,
Vielen Dank dafür, dass Sie sich auf Abgeordnetenwatch.de auch kritischen Fragen stellen.
In der Drucksache 17/10158 vom 27. 06. 2012 ("Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 17/7746 -") schreiben Sie als Berichterstatter:
"[Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des Melderechts] setze neue Maßstäbe hinsichtlich des Datenschutzes und berücksichtige die technische Infrastruktur. Der Änderungsantrag verbessere die Nutzung von Daten aus dem Melderegister. Er eröffne die Möglichkeit der in der Wirtschaft rechtmäßig erlangten Daten jetzt auch im Unternehmen einzusetzen. Durch diese umfassenden Abwägungen sei der gleiche Datenschutz erreicht, wie es das Bundesdatenschutzgesetz vorsieht. "
(für spätere Leser als Kontext: z.B. http://bit.ly/R3g0Mi )
a) Sie sprechen von einer umfassenden Interessenabwägung. Diese ist leider nur sehr knapp im Bericht dokumentiert. Können Sie kurz ausführen, welche berechtigten Interessen Unternehmen an einer Abfrage (Bestätigung/Berichtigung) von Meldedaten haben? Können Sie konkrete Branchen und Firmen nennen, die einen wirtschaftlichen Nutzen daraus ziehen? Lässt sich dieser wirtschaftliche Nutzen quantifizieren?
b) In Presseberichten wird von erheblichem Lobbydruck gesprochen. Können Sie darüber Auskunft geben, mit welchen Personen aus Politik und Wirtschaft Sie im Zusammenhang mit diesem Gesetzentwurf Kontakt hatten?
c) Wie ist es einer Meldebehörde möglich, festzustellen, ob die Adressdaten die sie bestätigt oder berichtigt, auf rechtmäßigem Wege gesammelt wurden? Welche Sanktionen gibt es, wenn sich jemand unrechtmäßig gesammelte Daten von einer Meldebehörde bestätigen lässt?
d) Kann man davon ausgehen, dass eine Bestätigung von Adressdaten durch eine Meldebehörde - also eine amtliche Auskunft - zu einem rechtmäßig erlangten Datensatz führt, d.h. eventuell illegal gesammelte Daten reinwäscht?
Beste Grüße,
Raphael Wimmer
Sehr geehrter Herr Wimmer,
vielen Dank für Ihre Fragen.
Zu a) Die Interessenabwägung ist schon im bisherigen Melderecht in Gesetzesform gegossen worden, nämlich im Melderechtsrahmengesetz und in den Landesgesetzen. Diese sehen durchweg die Möglichkeit der sogenannten "einfachen Melderegisterauskunft" vor, die Name, Vornamen, Doktortitel und derzeitige Anschriften umfasst. Über diese Daten kann heute jeder Auskunft erhalten, wenn die betroffene Person eindeutig identifiziert werden kann. Das bedeutet, man muss schon Angaben haben, damit überhaupt Auskunft erteilt wird. Die spezialgesetzliche Regelung stellt also die Interessen des Betroffenen für diesen, fest umrissenen Datensatz hinten an. Ein besonderes Interesse ist nicht vorgesehen, anders als bei der "erweiterten Melderegisterauskunft" und der "Gruppenauskunft". Nach jetziger Rechtslage kommt es bei der einfachen Melderegisterauskunft nicht darauf an, wer Auskunft sucht. Das haben wir im neuen Meldegesetz geändert und die Interessenabwägung zugunsten des Betroffenen korrigiert, dass nun bei Auskunft zu Zwecken der Werbung und des Adresshandels dieser angegeben und ein Widerspruch vom Betroffenen eingetragen werden kann. Das ist mit der umfassenden Interessenabwägung gemeint.
Zu b)
Zum parlamentarischen Verfahren gehört es selbstverständlich dazu und ist es geboten, die verschiedenen Aspekte und Argumente in Stellungnahmen und Gesprächen auszutauschen. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich aus einzelnen Gesprächen nicht berichte. Grundsätzlich gilt: Unser Koalitionspartner aus Bayern war seit langem kein Freund der Einwilligungslösung. Dies zeigte sich zuletzt bei der Novelle des Bundesdatenschutzgesetzes beim Thema Werbung. Diese Haltung war mir auch schon vor dem parlamentarischen Verfahren zum Meldegesetz bekannt und auch in den Gesprächen so vorgetragen worden. Der Wechsel in der Haltung nach Verabschiedung des Gesetzes kam für mich daher überraschend. Der Schutz der Daten unserer Bürgerinnen und Bürger ist der FDP besonders wichtig, was der Entwurf zum Bundesmeldegesetz mit der Widerspruchsregelung als deutliche Verbesserung zu der jetzigen Rechtslage auch zeigt, da die Landesmeldegesetze keine solche Regelung vorsehen. Eine Einwilligungsregelung war mit unserem Koalitionspartner nicht möglich, aber wir sind offen für weitergehende Verbesserungen des Datenschutzes. Da das Bundesmeldegesetz frühestens im November 2014 in Kraft tritt müssten die Ländern jetzt konsequenterweise ihre Landesgesetze zügig anpassen und eine Einwilligungslösung aufnehmen, um die Bürger besser zu schützen.
Zu c)
Die Meldebehörde kann keine Einzelprüfung vornehmen. Sie wäre damit überfordert. Sie kann Aufgaben der Datenschutzbehörden nicht übernehmen. Deshalb muss hier der Datenschutz nach BDSG helfen. Wenn die Daten nach BDSG unrechtmäßig genutzt werden, trotz Widerspruch oder ohne das der Zweck angegeben wurde, droht ein empfindliches Bußgeld von bis zu 50.000 Euro nach dem neuen Meldegesetz. Zu dem Verhältnis von BDSG und MeldeG möchte ich hier auf meine Antworten zu diesem Thema verweisen.
Zu d) Nein! Durch die Beauskunftung durch die Meldebehörde wird keine Legitimierung hergestellt. Das Bild des "Reinwaschens" passt hier nicht. Siehe auch zu c).
Mit freundlichen Grüßen
Manuel Höferlin