Frage an Manfred Schramm von Wilk S. bezüglich Recht
Liebe Kandidatin, lieber Kandidat zur Bundestagswahl 2013
der BdB ist mit rund 6.000 Mitgliedern der größte Verband für Berufsbetreuer in Deutschland . Aufgrund der Tatsache, dass das Betreuungsrecht nicht so bekannt ist, haben wir uns zur Wahl entschieden Sie zu diesem Thema zu befragen.
Seit Feb. 2013 ist es nach §1906 (3) möglich Menschen gegen ihren natürlichen Willen zu
behandeln (Zwangsbehahndlung). Diese Möglichkeit der Behandlung entspricht aus unsere Sicht nicht der UN Behinderterechtskonvention.
Wie stehen Sie persönlich zur Zwangsbehandlung, wie steht Ihre Partei zur Zwangsbehandlung?
Vielen Dank.
Mit freundlichem Gruß
Landesvorstand BdB NRW
Sehr geehrter Herr Spieker und Kolleg*inn*en des BdB,
die Intention des §1906,(3) des BGB ist die Verringerung oder Verhinderung von Selbst- oder Fremdgefährdung durch betreute Personen, die unter einer psychischen Erkrankung leiden oder geistig oder seelisch behindert sind.
Die formulierten ärztlichen Zwangsmaßnahmen stehen hinsichtlich einer Eigengefährdung im Widerspruch zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, die insbesondere besagt, dass ´alle Menschenrechte und Grundfreiheiten allgemein gültig und unteilbar sind, einander bedingen und miteinander verknüpft sind und dass Menschen mit Behinderungen der volle Genuss dieser Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung garantiert werden muss´.
Der §1906 ist nach meiner Auffassung als Hilfsrecht für eine Güterabwägung zwischen den Rechtsgütern der individuellen Freiheit und der körperlichen Unversehrtheit der betreuten Person nicht hinreichend präzise.
Er lässt sowohl bei Art und Ausprägung der Voraussetzungen (psychische Krankheit oder geistige oder seelische Behinderung) als auch bei Art und Intensität der Beratung der betreuten Person und auch bei der Konkretisierung des drohenden erheblichen gesundheitlichen Schadens Präzision vermissen.
In seiner jetzigen Form bürdet der §1906 dem Urteilsvermögen der Betreuer*innen sehr viel Verantwortung auf und ermöglicht Entscheidungsgrundlagen, die vielleicht nicht Zeitgeist-unabhängig sind, sondern normierenden Charakter haben mögen.
Ich werde mich für eine Präzisierung des §1906 einsetzen, um ihn zu einem in engen spezifizierten Grenzen nutzbaren Hilfsrecht zu entwickeln.
Die Piratenpartei hat zu dieser von Ihnen aufgeworfenen Fragestellung noch keine beschlossene Position.
Ihre Haltung in der Frage und ihre Erfahrungen und Argumente würden wir gerne kennen und berücksichtigen. Bitte sprechen Sie uns für einen Austausch an.
Mit freundlichen Grüßen aus dem schönen Wesel,
Manfred Schramm