Frage an Manfred Grund von Torsten W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Grund,
am 23.02.09 begründeten Sie Ihre Ablehnung einer Direktwahl des Bundespräsidenten damit, dass dieser durch eine Verfassungsänderung mehr Macht bekäme. Meine Frage: Was für ein Blödsinn ist das?
Es geht doch nur um die demokratische Legitimation des Bundespräsidenten, nicht um dessen Befugnisse. Diese sollten, meiner Ansicht nach, nicht in dieser Form erweitert werden. Dem Bundespräsidenten sollte, unabhängig von der demokratischen Legitimation, jedoch lediglich das Recht gegeben werden, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wenn er verfassungsrechtliche Zweifel hat. Und das Recht, ein fakultatives Referendum auszulösen, halte ich noch für sinnvoll - keinesfalls soll aber der Bundespräsident besonders viel Macht auf sich vereinen. Die Macht des Reichspräsidenten der Weimarer Republik, der die Demokratie quasi ausschalten konnte, war falsch und soll nicht wiederholt werden. Im Gegenteil sollte der Bundespräsident doch eigentlich eine Art Schutzherr der Demokratie sein, ein Warnmal, unabhängig vom Parlament.
Wieso diese Ablehnung gegenüber einer demokratischen Legitimation? Wieso behaupten Sie, der Bundespräsident müsse dadurch mehr Macht erhalten? Wieso denken Sie sich so einen Blödsinn aus?
T. Wagner
Sehr geehrter Herr Wagner,
auf Ihre Antwort zu meinem Beitrag zum Thema Direktwahl des Bundespräsidenten nehme ich wie folgt Stellung:
Der Bundespräsident ist in erster Linie oberster Repräsentant des Staates. Aus einer Direktwahl des Staatsoberhauptes würde sich quasi zwangsläufig ergeben, dass ein Bundespräsident Wahlkampf führen müsste, damit den Bürgern im Falle einer Direktwahl eine Entscheidungsmöglichkeit zwischen den einzelnen Bewerbern gegeben würde. Zwangsläufig würde die Person des Bundespräsidenten in einem solchen Verfahren Auseinandersetzungen führen müssen, die der Würde des Amtes als Repräsentant des Staates nach unserem Verständnis nicht angemessen wären.
Ferner wäre der Bundespräsident, wollte er sinnvoll Wahlkampf führen, auch gezwungen, inhaltlich zu einigen aktuellen politischen Fragen Stellung zu nehmen, die mit seiner späteren Funktion, Bundespräsident aller Deutschen abseits politischer Lager zu sein, kaum in Einklang zu bringen wäre. Auch erlauben es ihm seine verfassungsmäßigen Aufgaben nicht, die vertretenen Inhalte in konkrete Politik umzusetzen.
Sie sprechen zudem von zusätzlichen Rechten des Bundespräsidenten, dass Bundesverfassungsgericht anzurufen. Bei diesem zunächst überlegenswerten Vorschlag bitte ich aber zu bedenken, dass dem Bundespräsidenten bei der Prüfung eines Gesetzentwurfs vor dessen Unterzeichnung und Ausfertigung eher eine verfahrensrechtliche Prüfung obliegt und eine offensichtliche Verfassungswidrigkeit moniert werden soll. Ansonsten ist und bleibt der Hüter unserer Verfassung das Bundesverfassungsgericht. Der Bundespräsident ist keine „Vorprüfstelle“ des Bundesverfassungsgerichts.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Grund