Frage an Manfred Grund von Gerhard H. bezüglich Soziale Sicherung
Warum steigt in den nächsten Jahren die Kinder- und Altersarmut weiter an? Warum müssen immer mehr Bürger dieses Landes für den Mindestlohn arbeiten? Warum wird nach 26 Jahren der Wiedervereinigung immer noch nach Mindestlohn Ost und West sowie Rente Ost und West, Zuschläge Ost und West u.s.w. unterschieden? Ich finde das einfach nur traurig und bin der Meinung, daß unsere Abgeordneten zu wenig ihre Wähler vertreten. Sind sie nicht der gleichen Meinung? Entschuldigung, daß waren ja gleich drei Fragen.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für die Anfrage. Sie sprechen wichtige Themen an. Und tatsächlich sind die genannten Fragen trotz erfolgreicher Ansätze weiter im Blick zu halten. Die Antwort umfasst daher nicht nur zwei Sätze.
Noch stärker als bisher will ich in den kommenden vier Jahren die Förderung auf Familien und Kinder ausrichten. Die Unionsmitglieder finden sich nicht mit Kinderarmut ab. Wir wollen, das alle unsere Kinder die bestmögliche Erziehung, Bildung und Betreuung erhalten – unabhängig von Herkunft und Lebenssituation der Eltern. Wir wollen, dass junge Familien mehr als bisher Wohneigentum für sich und ihre Kinder erwerben können. Im Regierungsprogramm sagt die Union zu, die finanzielle Situation junger Familien spürbar zu verbessern. Der Kinderfreibetrag wird in zwei Schritten auf das Niveau des Erwachsenenfreibetrags angehoben und das Kindergeld entsprechend erhöht. 300 Euro mehr pro Kind und Jahr sind ein starkes Signal! Gleichzeitig wird der Kinderfreibetrag entsprechend erhöht.
Die Politik der unionsgeführten Bundesregierungen seit 2005 ist erfolgreich darin, Altersarmut zu verhindern. Heute müssen wenige Menschen im Alter Grundsicherungsleistungen nutzen. Anders als oft behauptet, gibt es gerade im Osten kein Problem mit Altersarmut.
Armutsgefährdet sind vor allem jene Arbeitnehmer, die vor dem Renteneintritt aufgrund von Unfall oder Krankheit den Beruf aufgeben müssen. Wir haben die Zurechnungszeiten für Erwerbsminderungsrenten in den letzten Jahren zweimal erhöht. In der neuen Wahlperiode werden wir für diese Personengruppe weitere Verbesserungen durchsetzen.
Für Frauen ist das Pausieren für die Kindererziehung rentenschädlich gewesen. Zurecht hat die Union mit der Mütterrente einen weiteren Rentenpunkt für Kinder eingeführt, die vor 1992 geboren wurden. Dies reduziert Altersarmut. Weitere erforderliche Maßnahmen wird die Rentenkommission bis 2019 vorschlagen. Die gesetzliche Rente soll zentraler Pfeiler der Altersvorsorge bleiben. Auch Betriebsrenten und die private Vorsorge (z. B. Riester-Renten) bleiben von großer Bedeutung für eine nachhaltige und gute Altersversorgung. Unser Ziel bleibt es weiterhin Altersarmut zu vermeiden.
Dass mit der Einführung des allgemeinen Mindestlohns 2015 und der Erhöhung 2016 mehr Menschen davon profitieren, ist für mich eigentlich eine gute Meldung. Sie formulieren so, als wenn flächendeckend Beschäftigte ihren Tariflohn verlieren und anschließende nur noch zum (niedrigeren) Mindestlohnniveau arbeiten könnten. Das ist falsch! Die Zahl der Jobs mit Mindestlohn ist von 1,9 Millionen Personen in 2015 auf 1,8 Millionen in 2016 leicht gesunken. Für 2017 liegt noch keine Statistik vor (Verdiensterhebung 2016 des Statistischen Bundesamtes). In Thüringen waren 2016 offiziell 76.000 von 895.000 Arbeitsverträgen Beschäftigungsverhältnisse mit Mindestlohn.
Das Problem ist ein anderes: Viele der Jobs unter Mindestlohn entfallen auf die Wirtschaftszweige Gastronomie, Einzelhandel, Erbringung von sonstigen überwiegend persönlichen Dienstleistungen (z. B.: Frisör- oder Kosmetiksalon) und Beherbergung. Die höhere Entlohnung musste oftmals ohne eine positive Erlösentwicklung der klein- und mittelständischen Betriebe umgesetzt werden. Für viele Dienstleistungen sind einfach keine höheren Preise durchsetzbar.
Über die Höhe des Mindestlohns entscheidet aber nicht die Politik, sondern eine Kommission, die sich auch aus den Tarifparteien zusammen setzt. Da ich an den Sitzungen der Kommission nicht teilnehme, kann ich die Frage der fortwährenden Trennung in Tarifgebiete Ost und West nicht beantworten. Mir ist sie unklar und ich ärgere mich wie Sie darüber.
Ziel des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes ist die vollständige Angleichung der Rentenwerte in Ost und West. Dies hat der Bundestag beschlossen, die gesetzliche Angleichung ist bis spätestens 2025 abgeschlossen. Der Rentenwert im Osten liegt derzeit bei 94,1 Prozent des Westniveaus. Er stieg gerade wieder deutlich stärker als im Westen. Es ist sogar plausibel, dass die reine Anpassung über die Angleichung der Löhne schneller vollzogen ist.
Sehr geehrter Herr H.,
die Union macht Politik und verfolgt Ziele, weil sich das Land und die Rahmenbedingungen ständig ändern und damit die Erwartungen der Menschen an Politik. Auch wenn die Herausforderungen scheinbar wachsen, können wir festhalten, dass Deutschland sich gut entwickelt und weltweit als Wirtschaftspartner attraktiv ist. Uns geht es gut, was Mut machen sollte für Optimismus, denn nur so können wir die Herausforderungen erfolgreich angehen. Ich hoffe, Ihre besorgten Fragen zur Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Grund