Frage an Manfred Grund von Stefan H. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Grund,
ich habe Sie bisher als sehr internetinteressierten Menschen (virtuell) kennengelernt und verfolge Ihre Veröffentlichungen auf den verschiedenen Plattformen mit Interesse.
Ich bin mir sicher, dass Sie auch von der Petition in Sachen Internetsperren Kenntnis genommen haben. Da mir die Unkenntnisse vieler Politiker in Sachen Technik und Internet schon länger auffällt und sicher nicht unwesentlich zum Beschluss der Internetsperren beigetragen hat, wäre mir sehr daran gelegen, Ihre Meinung zur Thematik zu hören. Konkret bitte ich um Beantwortung der folgenden Fragen:
1. Wie ist Ihre Position zum Thema Internetsperren?
2. Sind die Sorgen der Petenten aus Ihrer Sicht begründet?
3. Wie effektiv erscheinen Ihnen solche Internetsperren im Lichte ihrer leichten Umgehbarkeit? (Ich besitze keinerlei "kriminelle Energie" und es ist für mich trotzdem ein Kinderspiel sie zu umgehen.)
4. Ist Ihnen bewusst, dass durch die Sperrung von IP-Adressen ggf. auch dutzende legaler Webseiten gesperrt werden? Wie soll das vermieden werden?
5. Was können gerade Sie (als interneterfahrener Abgeordneter) infolge zur Diskussion beitragen? Welche effektiven Alternativ-Vorschläge zur Bekämpfung von Kinderpornografie haben Sie?
Ich möchte offen sein: Bei der letzten Bundestagswahl habe ich Sie gewählt, weil Sie mir sehr engagiert erschienen, vor allem auch weil sie die neuen Medien nicht als Buch mit sieben Siegeln betrachten.
Mir ist klar, dass man es als Politiker nicht allen recht machen kann. Dennoch ist mir sehr daran gelegen, dass der Abgeordnete, den ich bei der Bundestagswahl im September wähle, sich zumindest bei Themen wie dem Internet, einem inder Politik so missverstandenen Thema, für effektive Maßnahmen mit Augenmaß einsetzt - und gerade bei populistischen Forderungen wie den unwirksamen Internetsperren intelligente Alternativen in die Wagschale wirft.
Ich danke Ihnen für Ihre Antwort und grüße Sie
Stefan Hildebrand
Sehr geehrter Herr Hildebrand,
Jetzt ist es Zeit, entschlossen handeln. Denn uns alle eint das Ziel: Mehr Schutz für Kinder. Deshalb vielen Dank für Ihre Anfrage.
Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für die Zugangssperren konnten Sie hier in abgeordnetenwatch.de bereits einiges lesen, u. a. vom Innenpolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, meinem Kollegen Dr. Uhl.
Entgegen Ihrer Eingangsbemerkung kann ich zu den technischen Aufwendungen kaum Ausführungen machen. Dafür sind die Beamten und zusätzlich beauftragten Experten beim Bundeskriminalamt sowie die Beschäftigten der Telekommunikationsfirmen kompetent. Bei der Sperrliste werden IP-Adressen geblockt. Es kann nach meinem Verständnis damit keine andere Seite betroffen sein, weil jedes Angebot eben eineindeutig über die individuelle IP identifizierbar ist.
Eine Zensur des Internets, bei der der Staat – aus welchen Gründen auch immer – einige Internetseiten sperren lässt, um seine Bürgerinnen und Bürgern mehr oder weniger willkürlich an der Nutzung des Internets zu hindern, liegt nicht vor und würde meine Zustimmung auch nicht finden. Läge die Sache so, würde ich die häufig zu hörenden Bedenken teilen und den Gesetzentwurf nicht unterstützen. Die Sache liegt aber anders, denn hier geht es um die Verhinderung von Straftaten gem. § 184 b Strafgesetzbuch.
Die Zugriffssperren sollen ausschließlich für das Thema Kinderpornografie im Internet gelten. Kinderpornografie ist im Internet gut abgrenzbar. Das Bundeskriminalamt recherchiert die gefährlichen Seiten, stellt eine Liste zusammen und gibt diese verschlüsselt an die Provider. Das BKA trägt dafür auch die Verantwortung und Haftung.
Es ist nicht daran gedacht, ähnliche Maßnahmen bei anderen Rechtsverletzungen zu ergreifen. Insofern bin ich davon überzeugt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Grundrechte der Bürger nicht tangieren wird.
Es ist sehr schwer, konkret quantitativ zu beurteilen, ob und inwiefern dieses Gesetz den Konsum von Kinderpornographie und die Produktion von Kinderpornographie verhindert oder erschwert. Eine Patentlösung wird es nicht geben. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, Maßnahmen zu ergreifen, die zumindest einige Straftaten verhindern. Das ist nicht perfekt, aber besser, als den Kopf in den Sand zu stecken.
Welche Alternativen gäbe es, fragen Sie noch. Im Gesetzesentwurf wird auf Erfahrungen aus mehreren anderen Ländern mit IP-Sperren hingewiesen. So konnten in Schweden täglich 50.000 Zugriffe und in Norwegen täglich 15.000 bis 18.000 Zugriffe auf kinderpornographische Seiten durch Internetsperren verhindert werden. Das BKA verwies in seiner Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Unterausschusses "Neue Medien" vom 12. Februar 2009 ebenso auf Erfahrungswerte aus Großbritannien, wo täglich 35.000 Zugriffe verhindert wurden.
Die von Bundesministerin von der Leyen vorgeschlagene Sperrung bleibt nicht die einzige Maßnahme zur Bekämpfung von Kinderpornographie in der Gesamtstrategie gegen sexuellen Missbrauch von Kindern und seiner Darstellung im Internet. Die IP-Sperre soll die Ermittlung der Täter und das Schließen dieser Seiten nicht ersetzen, sondern die Arbeit des Bundeskriminalamtes und der Landeskriminalämter wirksam ergänzen. An der Ermittlung der Täter arbeiten die Ermittlungsbehörden ebenso hart.
Mit freundlichen Grüßen,
Manfred Grund