Frage an Malu Dreyer von Oliver K. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte Frau Ministerin Dreyer,
Sie sind Ministerin für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit. Mich würde interessieren, wie Ihr Bild von den sozial Benachteiligten in unserem Land ist. Warum nutzen viele aus unteren Schichten die Bildungsangebote nicht, warum wird jemand obdachlos und bleibt in diesem Zustand?
Aus diesem Bild leitet sich ab, was man tun kann, um diesen Schichten zu helfen. Was kann Politik tun?
Was wollen Sie in der nächsten Legislaturperiode tun, um Hartz Iv-Empfängern, Kindern in niedrigen sozialen Schichten, Obdachlosen usw. zu helfen?
Konkret: wie wollen Sie diese Menschen, als zuständige Ministerin, motivieren, wieder aktiv an der Gesellschaft, am Erwerbs- und Bildungsleben, teilzunehmen?
Vielen Dank für Ihre Antwort!
Sehr geehrter Herr Kleinmann,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 13. Februar 2006. Zu Ihrer konkreten Frage, kann ich Ihnen sagen, dass ich mich auch in der nächsten Legislaturperiode dafür einsetzen werde, Notlagen durch eine präventive Sozialpolitik zu verhindern und falls sie dennoch eintreten, weiter dafür zu sorgen, dass diese schnell überwunden werden können.
Eine präventive Sozialpolitik stellt die Fähigkeiten und Potenziale der Menschen in den Mittelpunkt und sucht nach Wegen, diese Potenziale bestmöglich zu entwickeln. Dazu wollen wir die Eigenverantwortung der Menschen stärken und dazu beizutragen, dass sie ihren Lebensunterhalt eigenständig sicherstellen können.
Mir ist es wichtig, dass das Prinzip der Eigenverantwortung nicht so verstanden wird, als wolle der Staat sich seiner Aufgaben entziehen. Wir brauchen ganz sicher auch weiterhin einen Staat, der die Verantwortung für diejenigen übernimmt, die aufgrund von Alter, Behinderung, Krankheit oder aus anderen Gründen nur begrenzt aktivierbar sind.
Aber um diese Aufgabe auch dauerhaft leisten zu können, müssen wir gleichzeitig soziale Chancen ermöglichen und die Eigenverantwortung der Bürger sowohl einfordern als auch stärken.
So ist es zum Beispiel in der Arbeitsmarktpolitik nötig, weiter geeignete Qualifizierungen und Weiterbildungen anzubieten und auszubauen. Denn der lebensbegleitende Aus- und Aufbau neuer beruflicher und sozialer Kompetenzen hilft, die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in konjunkturell und strukturell schwierigen Zeiten zu sichern.
Dieses gilt im Besonderen für den Bereich der Ausbildung von jungen Menschen. Denn schon heute sind in Deutschland Mangel an Lebenschancen, Armut an Geld und langfristige Arbeitslosigkeit in hohem Maße die Folge davon, dass es Menschen an zeitgemäßen Qualifikationen und Fertigkeiten fehlt.
Uneingeschränktes Ziel muss es daher sein, den Jugendlichen durch zielgerichtete und zukunftsfähige Ausbildung den Zugang zum Erwerbsleben zu ermöglichen.
Mit dem Programm „Neue Chancen: 6.000 plus für Jung und Alt“ hat die Landesregierung bereits ein zusätzliches Maßnahmenpaket geschnürt, das vor allem junge Menschen aus schwierigen sozialen Verhältnissen, mit Sprachproblemen oder Lernschwierigkeiten oder ohne Schulabschluss in den Blick nimmt und sie mit Qualifizierungsmaßnahmen bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützt und fördert. Auch sind wir mit unserem Ganztagschulprogramm weit fortgeschritten und sind bundesweit führend. Zusätzlich werden wir weiter in frühkindliche Erziehung und Bildung, in Schule und Wissenschaft investieren und uns intensiv um Ausbildung kümmern.
Intelligente Bildungspolitik ist nicht nur die beste Sozialpolitik, sondern auch Voraussetzung für Wachstum und Fortschritt. Deshalb muss der Staat, der eine kluge Sozialpolitik betreibt, in die Bildung investieren, um Chancen zu erhöhen und so präventiv Arbeitslosigkeit und soziale Notlagen zu vermeiden.
Nur über Investitionen in die Fähigkeiten der Menschen wird es möglich sein, unseren Lebensstandard zu halten und den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meinen Standpunkt näher bringen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Ihre Malu Dreyer