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Lukrezia Luise Jochimsen
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Frage von Holger B. •

Frage an Lukrezia Luise Jochimsen von Holger B. bezüglich Kultur

Sehr geehrte Frau Jochimsen,

ab 2012 sollen die bisherigen GEZ-Gebühren pro Haushalt erhoben werden. Ich habe vor Jahren sowohl Radio als auch TV abgeschafft, weil ich mit dem Programm völlig unzufrieden bin. Nun soll ich trotzdem dafür bezahlen, dass andere Fernsehen können. Das finde ich ungerecht. Andere müssen ja auch keine Abgaben zahlen, damit ich meine diversen Zeitungsabonnements aufrechterhalten kann. Es muss auch keiner Kfz-Gebühren zahlen, der kein Auto hat. Usw.
Meine Frage: Wie stehen Sie zu diesem Vorhaben, welche Möglichkeiten gibt es, sich dagegen zu wehren? 180 Euro pro Jahr sind ja auch kein Pappenstiel, auch wenn man knapp über dem Hartz-IV-Satz liegt.

Freundliche Grüße
Holger Blum

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Blum,

nach dem im Juni gefassten Beschluss der Ministerpräsidenten der Länder soll die bisherige gerätebezogene Rundfunkgebühr auf eine Haushalts- und Betriebsstättenabgabe umgestellt werden. Stimmen die Landesparlamente diesem Unterfangen zu, muss aber 2013 jeder Haushalt - unabhängig davon, ob er ein Rundfunkgerät besitzt oder nicht - monatlich17,98 Euro zahlen.

Künftig werden also jene 2,4 Mio. Gebührenzahler, die bisher nur die Grundgebühr in Höhe von 5,76 Euro bezahlen, weil sie ausschließlich Radio oder PC nutzen, die volle Rundfunkgebühr bezahlen müssen. Und künftig werden alle Haushalte, die gar kein Rundfunkgerät besitzen, ebenfalls gebührenabgabepflichtig. Nach den Plänen der Ministerpräsidenten wird eine gesetzliche Vermutung geschaffen, dass heutzutage in jedem Haushalt und in jeder Betriebsstätte ein Rundfunkempfangsgerät steht. Das wird der Akzeptanz der Rundfunkgebühr und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks weiteren Schaden zufügen.

Das neue Modell bringt zudem erhebliche neue Probleme mit sich. Es wird großer Kontrollanstrengungen bedürfen, gerichtsfest festzustellen, wo ein Haushalt oder eine Betriebsstätte beginnt und wo ein Haushalt oder eine Betriebsstätte aufhört. Ist eine Wohngemeinschaft ein Haushalt oder mehrere Haushalte? Sind Untermieter oder volljährige Kinder mit eigenem Raum in der elterlichen Wohnung gebührenpflichtig? Die Bürgerinnen und Bürger sollen verpflichtet werden, Daten über Dritte - Mitbewohner, Mieter, Wohnungs- und Betriebsstätteninhaber - preiszugeben und diese Angaben durch verschiedenste Nachweise zu belegen.

Auch gibt es erste, noch informelle Informationen darüber, dass nach den Planungen der Rundfunkkommission der Länder, die GEZ keineswegs abgeschafft würde, sondern lediglich umbenannt. Sie hieße künftig Rundfunkservicezentrale - würde mit neuen, erweiterten Auskunftsrechten versehen, erhielte erweiterte Befugnisse zur Erhebung und zum Ankauf von personenbezogenen Daten und könnte die Wohn- und Mietverhältnisse in den Haushalten und Betriebsstätten überprüfen.

Die Fraktion DIE LINKE im Bundestag hat sich aus diesen Gründen gegen die Pläne zur Haushaltsgebühr ausgesprochen. Rundfunkgebühren soll nur der zahlen, der auch Rundfunk nutzt. Die Grundgebühr für Radios und neuartige Empfangsgeräte muss erhalten bleiben. Die Rundfunknutzung über neuartige Empfangsgeräte wie Handys und PCs soll wie bei einem Online-Zeitungsabo mit einer zugeteilten PIN-Nummer freigeschaltet werden

Wir würden es begrüßen, wenn in Politik und Gesellschaft eine breite Debatte über die Sinnhaftigkeit der Entscheidung der Ministerpräsidenten für eine Haushaltsgebühr geführt würde, um auf diese Weise auf die abschließende Meinungsbildung in den Landesparlamenten Einfluss nehmen zu können. Nicken letztere den Beschluss der Ministerpräsidenten lediglich ab, haben die Bürgerinnen und Bürger im Nachhinein nur sehr begrenzte Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Sie sollten Ihren Protest daher durchaus auch gegenüber den Abgeordneten Ihres Landesparlaments zum Ausdruck bringen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lukrezia Jochimsen