Portrait von Lukrezia Luise Jochimsen
Lukrezia Luise Jochimsen
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Lukrezia Luise Jochimsen zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Gerhard S. •

Frage an Lukrezia Luise Jochimsen von Gerhard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Dr. Jochimsen,

Als Angehöriger Ihres Wahlkreises erlaube ich mir, mich mit einem Anliegen an Sie zu wenden.

Kürzlich wurde ich auf die Internet-Seite des “Büros für antimilitaristische Maßnahmen (BamM)” hingewiesen, zu der ich der Meinung bin, dass der Inhalt dieser Seite gänzlich unmoralisch und teilweise verfassungsfeindlich ist bzw. sogar eine Straftat darstellt.
Der Link zur o.g. Internet-Seite lautet: www.bamm.de , insb. www.bamm.de/ueber-uns/bamm

Bei allem Respekt gegenüber unserem Grundgesetz, das das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild zu äussern und verbreiten garantiert, aber der Inhalt dieser Web-Seite kann in meinem Verständnis nicht rechtmässig sein.
Letztenendes besagt das GG auch, dass die Meinungsfreiheit ihre Schranken in dem Recht der persönlichen Ehre findet.
Der Inhalt o.g. Web-Seite ist entwürdigend und ein Angriff auf die Ehre aller Soldaten der Bundeswehr.
Als ehemaliger Berufssoldat fühle ich mich in meiner Würde angegriffen.

Wenn ich mich nicht irre, so ist “Wehrkraftzersetzung” i.S. des Verfassers o.g. Internet-Seite eine ‘Straftat gegen die Landesverteidigung’, insb. wegen ‘Störpropaganda gegen die Bundeswehr’.
Ich kann nicht beurteilen, ob des Verfassers Aussage bzgl. “Vaterlandsverrat” den Tatbestand des ‘Landesverrates’ darstellt, so ist sie aber zumindest als verfassungsfeindlich zu werten.

Meines Wissens wurde diese Internet-Seite bereits mehrfach beanstandet und an die Behörden gemeldet.

Um meine weitere Vorgehensweise festlegen zu können, bitte ich Sie hiermit freundlichst um Stellungnahme zu folgenden Punkten:

1) Wie bewerten Sie die Seite im rechtlichen Sinne ?
2) Wie bewerten Sie die Seite persönlich ?
3) Ist Ihnen bekannt, ob gegen die Betreiber dieser Internet-Seite bereits
Ermittlungs- oder Strafverfahren eingeleitet wurden ?

Ich danke Ihnen für Ihre Bemühungen recht herzlich im Voraus und verbleibe

Mit freundlichen Grüssen,
Gerhard Sittig

Portrait von Lukrezia Luise Jochimsen
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Sittig,

die Darstellungen auf der Internetseite BamM! -- DFG-VK Berlin-Brandenburg (BamM: Büro für antimilitaristische Maßnahmen, DFG-VK: Deutsche Friedensgesellschaft -- Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen) sind zur Zeit von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Es gab allerdings Plakate und Flyer, die "in zynischer und menschenverachtender Weise Genugtuung über den Tod von Bundeswehrsoldaten äußern" -- wie mein Kollege Paul Schäfer in einer Pressemitteilung zu Recht urteilte.

Unter folgendem Link finden Sie diese Pressemitteilung vom 04.09.2008:

http://www.linksfraktion.de/pressemitteilungen/zynisch-menschenverachtend/

Auch ich vertrete die Haltung, dass es "weder pazifistisch noch links [ist], den Tod von Menschen zu bejubeln, weil sie auf der vermeintlich falschen Seite stehen. Die Fraktion DIE LINKE bedauert jedes Opfer kriegerischer Gewalt gleichermaßen".

Wegen dieser Plakate und Flyer wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungen aufgenommen. Die Eintragungen sind jetzt von der Homepage BamM gelöscht.

Generell halte ich fest:

Das Bundesverfassungsgericht sieht in der Meinungsfreiheit das vornehmste Menschenrecht. Es stellt dabei heraus, dass die Kommunikationsgrundrechte für ein freiheitliches demokratisches Gemeinwesen schlechthin konstituierend sind. Die Meinungsfreiheit gewährleistet eine der wesentlichen Äußerungsformen der menschlichen Persönlichkeit.

Tragendes Merkmal des Schutzbereichs der Meinungsfreiheit ist die persönliche Meinung. Die Richtigkeit oder Vernünftigkeit ihrer Äußerung ist unerheblich. Selbst polemische und beleidigende Werturteile fallen in den Schutzbereich, wenn sie nur als Teil des Meinungskampfes verstanden werden können.

Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit ist allerdings nicht vorbehaltlos gewährleistet. Nach Art. 5 Abs. 2 GG findet es seine Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre. Die Grenze des Meinungskampfes überschreitet erst die sog. Schmähkritik, die nur noch auf Verunglimpfung abzielt.

Diese Grenze wird vorliegend nicht überschritten.

Maßgeblich für die Interpretation einer Äußerung ist nicht das subjektive Verständnis der von der Äußerung Betroffenen, sondern der Sinn, den sie nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen Publikums hat.

Das ist insbesondere zu beachten, wenn die Ehrenschutzvorschriften der §§ 185 StGB nicht auf Personen, sondern -- wie hier -- auf staatliche Einrichtungen bezogen werden. Sie dienen dann nicht dem Schutz der persönlichen Ehre, sondern suchen die öffentliche Anerkennung zu gewährleisten, die erforderlich ist, damit staatliche Einrichtungen ihre Funktion erfüllen können. Tritt dieser Schutzzweck in einen Konflikt mit der Meinungsfreiheit, so ist deren Gewicht besonders hoch zu veranschlagen, weil das Grundrecht gerade aus dem besonderen Schutzbedürfnis der Machtkritik erwachsen ist und darin unverändert seine Bedeutung findet.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lukrezia Jochimsen

Portrait von Lukrezia Luise Jochimsen
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Sittig,

die Antwort auf Ihre Frage habe ich mit dem fachlichen Rat meiner Kollegen, dem Justiziar Wolfgang Neskovic und dem verteidigungspolitischen Sprecher Paul Schäfer, erstellt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Lukrezia Jochimsen