Der Europäische Gerichtshof stellte 2019 in einem Urteil fest, dass die Deutsche Staatsanwalt nicht unabhängig von der Politik ist. Hat sich daran inzwischen etwas geändert?
Sehr geehrter Herr Benner,
laut EuGH mit Urteilen vom 27.05.2019 (Az.: C-508/18, C-82/19 und C-509/18).
Es gab damals von verschiedener Seite Kritik, sowie die Forderung, diese Abhängigkeit zu beenden.
„Die Entscheidung des EuGH bestätigt die Ansicht von Transparency Deutschland, dass die deutschen Staatsanwaltschaften nicht dem Leitbild einer europäischen Staatsanwaltschaft entsprechen. Die bestehende Möglichkeit einer Einflussnahme seitens der Exekutive schadet dem nationalen und internationalen Ansehen der deutschen Strafrechtspflege und untergräbt das Vertrauen in den Rechtsstaat. ... Das ministerielle, politische Weisungsrecht ist anachronistisch. Die Bundesregierung muss ihren internationalen Verpflichtungen nachkommen und die Eingriffsbefugnis der Politik auf die Justiz beseitigen.“
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr G.,
Vielen Dank für ihre Frage, die ich gerne beantworte.
Im Koalitionsvertrag haben SPD, Grüne und FDP verabredet, das externe ministerielle Einzelfallweisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften entsprechend den Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) anzupassen. Das war und ist mir und meiner Fraktion ein großes Anliegen, denn aus rechtsstaatlicher Sicht gilt es bereits dem Anschein einer politischen Einflussnahme entgegenzuwirken.
Justizminister Buschmann hat im Frühjahr einen Entwurf zur Reform des Weisungsrechts vorgelegt, den wir nun im parlamentarischen Verfahren beraten müssen. Das Bundesjustizministerium will die Zuständigkeit für Europäische Haftbefehle wieder auf die Staatsanwaltschaft übertragen und Weisungen der Justizministerien in Fällen der EU-Zusammenarbeit sollen verboten werden.
Wir würden präferieren, die Zuständigkeit für den Europäischen Haftbefehl gesetzlich auf die Gerichte zu übertragen. Das Weisungsrecht der Justizministerien gegenüber den Staatsanwaltschaften soll dennoch grundlegend eingeschränkt werden. Weisungen sollen nur dann erlaubt sein, wenn die Staatsanwaltschaft evident rechtsfehlerhafte Entscheidungen trifft oder ihr Ermessen nicht oder fehlerhaft gebraucht. Dabei soll die Ausübung des Weisungsrechts an transparente Voraussetzungen geknüpft werden. Wir fordern deshalb, dass Weisungen zur Akte genommen werden müssen. Nur auf diese Weise kann eine hinreichende Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz sichergestellt werden. Denn in einem Rechtsstaat darf der Anschein der politischen Einflussnahme auf die Justiz nicht entstehen.
Wir werden den Gesetzentwurf daher, auch im Rahmen der öffentlichen Anhörung, kritisch beleuchten und setzen uns dafür ein, dass wir hier schon bald eine neue Regelung beschließen können.
Mit freundlichen Grüßen
Lukas Benner