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Frage von Peter L. •

Frage an Lucia Fischer von Peter L. bezüglich Umwelt

Grüß Gott Frau Fischer, mich würde Ihre Meinung zu den Themen Umwelt und Familie besonders interessieren. Was würden Sie hier verbessern bzw. korrigieren wollen? Viele Grüße und eine spannende Wahl.

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ÖDP

Guten Abend Herr L.,

vielen Dank für Ihr Interesse. Die beiden Themen sind ziemlich umfangreich zu behandeln. Aber ich will versuchen in Kürze die wesentlichen Schwerpunkte zu erklären:

Familienpolitik:
Beginnen wir mit den schwächsten Gliedern unserer Gesellschaft, den Kindern. Sie müssen von und mit dem, was wir ihnen hinterlassen, ihr zukünftiges Leben bestreiten. Eine Dame, die ich neulich in Wien im Stadtpark getroffen habe, meinte dazu: „Es gibt ein Zitat, das besagt: „Wir haben die Erde nur von den nachfolgenden Generationen geliehen.“ Diese Leihgabe wird jedoch von uns systematisch zerstört und somit als Lebensraum unbrauchbar.“ Wie recht sie hat! Ressourcenverschwendung, verfehlte Handelspolitik, soziale Ungerechtigkeit und mangelnde Bildungsvoraussetzungen sind die hauptsächlichen Ursachen dafür. Sowohl in Deutschland als auch international wurden durch falsch interpretierte Werte eher Rückschritte als Fortschritte erzielt.

Gravierend ist dabei die Fehleinschätzung der aktuellen Bildungspolitik: Erfolgreiche Erziehung und Bildung bedingt persönliche Beziehungen in überschaubaren Einheiten. Kurze Beine – kurze Wege – Schulen am Lebensort der Kinder! Der Tendenz zu immer weiteren und aufwändigeren Schulwegen immer jüngerer Schüler muss entgegengewirkt werden. Schulen im ländlichen Bereich sind zu erhalten und gegebenenfalls wieder zu öffnen. Dabei können auch jahrgangsgemischte Klassen eine sinnvolle Option sein. Die „Schule im Dorf“ ist die Basis dafür, dass Kinder einen Bezug zu Leben, Religion und Kultur des Heimatraumes entwickeln. Zur freien Schulwahl gehört auch, dass allen Schülern Fahrkostenzuschüsse zu gewähren sind, und zwar zumindest in Höhe der Aufwendungen, die entstehen würden, wenn das Kind die nächstgelegene Schule besuchen würde.

Freie Schulwahl! Allen Eltern soll eine freie Schulwahl mit dem für ihre Kinder passendsten pädagogischen Konzept ermöglicht werden. Daher sollen neben den öffentlichen Schulen auch die staatlich anerkannten und genehmigten Ersatzschulen die gleiche finanzielle Ausstattung pro Schüler erhalten.

Bildung muss bezahlbar bleiben, sie darf nicht vom finanziellen Status der Eltern abhängig sein. Hochschulen und weiterführende Schulen müssen jedem, der dazu befähigt ist, offen stehen. Nicht die vorhandene Finanzkraft, sondern geistiges Potenzial sollen als Zugangsvoraussetzung betrachtet werden. Wer sein Leben durch Motivation zum Lernen und durch zähen Fleiß gestalten will, darf nicht durch ein mangelndes Geldpolster davon abgehalten werden. Nur so können kompetente Fachkräfte mit dem nötigen Durchsetzungsvermögen ihren Weg in die zukünftige Arbeitswelt finden.

Integration fördern heißt Sprachbarrieren abbauen: frühe Bildungschancen für zweisprachige Kinder! Kinder, die in Bayern mit Deutsch als Fremdsprache aufwachsen, müssen früh sprachlich gefördert werden. In Mutter-Kind-Gruppen, und vor allem in den Kindergärten, sind solche Kinder durch geschultes Fachpersonal gezielt zu fördern, damit sie beide Sprachen bestmöglich beherrschen. Unterstützend sind kostenlose Deutschkurse für die Eltern („Mama lernt Deutsch!“) anzubieten.

Durch meine freiberufliche Tätigkeit in der Bildung wurde und werde ich tagtäglich mit den schwierigsten Familienverhältnissen und Arbeitsanforderungen konfrontiert. Es ist wahrlich nicht erbaulich, Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene zu erleben, die nach durchlebtem Familienstreit, Mobbing in der Schule/Arbeitsplatz oder auch Überforderung bei den familiär zukommenden Aufgaben mit Aggression und Demotivation im Nachhilfeunterricht oder in der Weiterbildung auftauchen. Hier muss zuerst die Psyche wieder einigermaßen gestärkt werden, um sich dann auf die fachlichen Aufgaben der Lernhilfe und Schulförderung konzentrieren zu können. Es muss wieder mehr Wert auf Erhalt von persönlichkeitsfördernden zwischenmenschlichen
Beziehungen gelegt werden. Nicht der Mensch als „Baustein“, sondern der Mensch als Individuum muss seinen Platz und seinen Wertgehalt in der Gesellschaft erleben und erspüren können. Dies beginnt schon im kleinsten Familienverbund und setzt sich auf sämtlichen übergeordneten Ebenen fort.

Familie erzeugt Bindung, diese Bindung und daraus resultierende Bildung vereinigen sich in einer nicht zu unterschätzenden Symbiose. Familie ist für uns kein Auslaufmodell! Wir treten dafür ein, die familiäre Betreuung von Kindern, aber auch die familiäre Pflege und Begleitung von behinderten und betagten Menschen, durch ein sozialversicherungspflichtiges Familiengehalt als wertvolle Leistung für die Gesellschaft anzuerkennen. Ohne Familie ist kein Staat zu machen! Und in den ersten Jahren brauchen Kinder vor
allem verlässliche Bindungen. Sollte dies durch welche Ausgangssituationen auch immer bedingt, nicht möglich sein, dann gilt: Qualitätsorientierte Kinderbildung und -betreuung! Ermutigung und Unterstützung für alle schwangeren Frauen – für den Schutz des ungeborenen Lebens! Ob ein Kind geboren wird, hängt nicht alleine von der Mutter ab. Wir werden alles tun, damit Schwangerschaftskonflikte besser gelöst werden und der Mut zum Kind gestärkt wird – auch der Mut, ein Kind mit Behinderung anzunehmen. Kinderfeindliche Strukturen sind überall abzubauen, die Beratung und Begleitung der Eltern ist zu verbessern, und materielle Sicherheit ist zu gewährleisten. Wie kann dies erfolgen?

Honorierung der Erziehungsleistung! Die Notwendigkeit der Bezahlung der Erziehungsarbeit ergibt sich aus unserem Rentenrecht und ist daher eigentlich eine Verpflichtung des Bundes. Bayern trägt aber über den Bundesrat eine Mitverantwortung. Durch das Rentenrecht werden alle heutigen Kinder verpflichtet, später allen heute Erwerbstätigen, auch denen, die selbst keine Kinder hatten, eine Rente zu finanzieren. Eltern erhalten dafür bisher keine angemessene Gegenleistung. Darin liegt die Hauptursache für die zunehmende Verarmung der Familien. Eltern und Kinder haben daher den Anspruch auf Solidarität, der am besten durch ein Erziehungsgehalt erfüllt werden kann. Freie Wahl des Lebensstils für Mütter und Väter! Es muss ein bundesweites Erziehungsgehalt von mind. 1000 Euro bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eines Kindes eingeführt werden. Dieses ist sozialversicherungspflichtig und ersetzt andere Sozialleistungen. Damit soll allen Eltern die Wahlfreiheit ermöglicht werden: Sie können mit dem Geld entweder eine Kinderkrippe nutzen, eine Betreuungskraft anstellen oder sich selbst ohne finanziellen Nachteil der Kindererziehung widmen. Der Bund und damit auch der Freistaat Bayern müssen ein Beispiel geben und die Arbeitswelt in ihren eigenen Einrichtungen familiengerecht gestalten und Teilzeitlösungen fördern. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass Mütter oder Väter im öffentlichen Dienst nach der Erziehungszeit ihre Wochenarbeitszeit frei wählen können.

Für eine realistische Berechnung der Aufwendungen für Kinder! Alle kinderbezogenen Leistungen müssen jährlich der allgemeinen Einkommensentwicklung angepasst und dynamisiert werden. Zum Vergleich: Die Bezüge der Bundes- und Landtagsabgeordneten werden mit einer Automatik-Formel jährlich an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst! Dies muss auch bei Aufwendungen für Kinder so praktiziert werden.

Umweltpolitik:
Deutschland und vor allem Bayern müssen die gesetzliche Festlegung als gentechnikfreien Standort für jegliche Art der Landwirtschaft vorantreiben. Die Manipulation von Genen und die Freisetzung von genveränderten Organismen stellt überall ein nicht zu verantwortendes Risiko dar. Die vielfältigen Risiken für Imker, biologisch und konventionell wirtschaftende Landwirte, sowie für Wildpflanzen und Wildtiere sind besonders hoch. Der hart erkämpfte Politikwechsel in diesem Bereich muss durch eine klare Verfassungsaussage festgeschrieben werden. Das EU-Recht darf naturwissenschaftliche Erkenntnisse, Selbstbestimmung und ethische Überzeugungen nicht aushebeln. Regionale, gentechnikfreie Landwirtschaft ist durch den Lobbyismus internationaler Konzerne bedroht. Dem ist mit allen nur möglichen Mitteln entgegen zu wirken. Die Liberalisierungstendenzen bei der Gentechnik dürfen nicht hingenommen werden. Über EU-Regelungen soll der Anbau genmanipulierter Pflanzen ermöglicht werden. Dagegen muss Widerstand auf allen Ebenen geleistet und vor allem die „Nulltoleranz“ bei gentechnisch verändertem Saatgut verteidigt werden.

Lebensmittelversorgung und Lebensmittelsicherheit durch heimische, bäuerliche Landwirtschaft sind vorrangige Ziele! Ökologische und soziale Erzeugungsstandards sind von elementarer Bedeutung. Der ungezügelte, subventionierte globale Austausch von Agrarerzeugnissen birgt nicht nur eine finanzielle Bedrohung unserer Landwirte, sondern auch unkontrollierbare Gefahren für die Gesundheit der Verbraucher. Überschüsse müssen durch flexible Anpassung des Angebotes an die Nachfrage vermieden werden. Fruchtfolge statt Monokultur vermindert das Risiko des Preisverfalls durch Überangebot und minimiert Ernteausfallrisiken. Der konzerngesteuerten Marktpolitik ist EU-weit Einhalt zu gebieten. Grundsätzlich ist die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe durch gerechte Preise zu sichern. Der Einfluss der Abnehmer und Verarbeitungskonzerne ist zurückzudrängen.

Der überdimensionierte Flächenverbrauch für Industrie und Handel "auf der grünen Wiese" und die Zerstörung von natürlich gegebenen Bedingungen für eine ökologisch verträgliche Landwirtschaft kann einem nicht gleichgültig sein. Gerade im Randbereich von Städten und sogar auf dem flachen Land werden teils unkontrolliert notwendige landwirtschaftliche Flächen "zubetoniert". Das schnell verdiente Geld von Großkonzernen wird hier über das Vorhandensein lebensnotwendiger Anbauflächen gestellt. Fauna und Flora verlieren ihren artengerechten Lebensraum und werden dem Aussterben preisgegeben.

Mehr zu den einzelnen Themen unter: https://www.oedp.de/fileadmin/user_upload/bundesverband/programm/programme/BundespolitischesProgramm.pdf

Ich hoffe Ihnen damit eine kleine Hilfestellung für Ihr Wahlverhalten gegeben zu haben.

Einen schönen Abend noch und viele Grüße
Lucia Fischer