Frage an Lothar Schuchmann von Martin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
hallo herr schuchmann
sind sie befürworter oder gegner des bedingungslosen (!) grundeinkommens wie von s. w. in einer petition mit 53000 mitzeichnern an den petitionsausschuss des bundestages gefordert?
Sehr geehrter Herr Koch,
Das bedingungslose Grundeinkommen ist zunächst als ein politisches Ziel ernst zu nehmen und zu durchdenken. Je mehr man sich allerdings um Details Gedanken macht, desto schwieriger wird es, diesem Ziel zuzustimmen und zwar vor allem, weil es in unserer Klassengesellschaft wirklich weitgehend an sozialer Gleichheit fehlt. Die enorme Spaltung unserer Bevölkerung in mächtige Super-Reiche auf der einen und eine große Zahl von Obdachlosen, Niedriglöhnern und Hartz-IV-Empfänger auf der anderen Seite bei schrumpfender Mittelschicht ( eigentlich zwei "Parallel-Gesellschaften") machen nicht nur die Aufrechterhaltung, sondern schon die politische Durchsetzung eines bedingungslosen Grundeinkommens schwierig bis nahezu unmöglich.
Wir halten ein System von Sozialversicherungen unter Einbeziehung aller Bürger und aller Einkommensarten für die stabilste Organisation eines Sozialstaates, im Unterschied zu steuerfinanzierten Renten oder Gesundheitsystemen ( oder Grundeinkommen), die bei entsprechenden politischen Mehrheiten sehr rasch drastisch heruntergefahren werden können, wie es die neoliberale "Frontfrau" Magaret Thatcher perfekt mit dem NHS schaffte und dies in ganz kurzer Zeit. Unsere Ziele sind es zunächst einen relativ hohen Mindestlohn durchzusetzen, die Regelleistungen der Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zu erhöhen und eine Mindestrente anzustreben. Bei dem weit auseinander klaffenden politische Zielvorstellungen der Parteien von weitgehender Abschaffung eines Sozialstaates bis zu einer antikapitalistischen Gesellschaftspolitik mit deutlichem Ausbau des Sozialstaates halte ich das bedingungslose Grundeinkommen für eine interessante Idee - mehr aber auch nicht.
Lothar Schuchmann