Frage an Lothar Riebsamen von Siegfried B.
Sehr geehrter Herr Riebsamen,
ich verstehe nicht, dass Sie dem CETA-Vertrag zustimmen.
Begründung:
Ich bin der Meinung, Sie folgen hier dem Druck der mächtigen Wirtschaftslobby und geben dabei gleichzeitig Ihre politische Unabhängigkeit ab. Das ist übrigens das Problem für den Verdruss der Bürger gegen die Politiker, wegen der Gefahr auf Demokratieverlust wenn Gesetze und internationale Verträge nicht mehr von den gewählten Volksvertretern gemacht werden, sondern von der Wirtschaft.
Was das wichtigste Argument gegen CETA ist haben Sie vermutlich für sich persönlich nicht als Problem gesehen, nämlich die Kosten die auf die Steuerzahler zukommen wenn der Investitionsschutz von den Kanadiern gnadenlos eingeklagt wird. Sie können davon ausgehen, dass Kanada und später, bei TTIP, die USA eine enorme neoliberale Macht haben, die von der deutschen Wirtschaft inzwischen auch unterstützt wird, da dies für die Verbesserung der Profite gut ist. Für die Kosten kommt ja der Staat auf und damit der Steuerzahler, für die deutsche Wirtschaft also nicht zum Nachteil wird. Also nur Vorteile für die Wirtschaft, daraus folgt der Druck auf Sie von der Lobby und Sie stimmen zu, da Sie persönlich als Abgeordneter finanziell gut genug situiert sind um eine Steuererhöhung zu akzeptieren. Dies ist aber für Millionen Bürger nicht der Fall.
Frage: Warum lassen Sie sich Ihre politische Handlungsfreiheit so einfach aus der Hand nehmen?
Mit freundlichen Grüßen
Siegfried Bäumel
Sehr geehrter Herr Bäumel,
vielen Dank für Ihr Nachricht über das Portal abgeordnetenwatch.de, in der Sie sich kritisch zum geplanten Handelsabkommen CTA äußern.
Erlauben Sie mir bitte zunächst einige grundsätzliche Ausführungen zur Bedeutung des Freihandels. Die Europäische Union und Deutschland profitieren in hohem Maße von international frei handelbaren Gütern und Dienstleistungen sowie von grenzüberschreitenden Investitionen. Die EU ist der weltweit größte Exporteur und Importeur von Waren und Dienstleistungen, sowie einer der wichtigsten Investoren und Empfänger von Investitionen. Ihr Handelsvolumen mit dem Nicht-EU-Ausland hat sich allein zwischen 1999 und 2010 verdoppelt. Der Anteil der EU am weltweiten Exportgeschäft für Waren beträgt 15 Prozent (zum Vergleich: China 12 Prozent, USA, 11 Prozent) und für Dienstleistungen 25 Prozent (USA 19 Prozent, China 6 Prozent, Japan und Indien jeweils 4 Prozent). Der Wert der Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen der 28 EU-Mitgliedstaaten betrug im Jahr 2012 rund 4,5 Billionen Euro. Die Direktinvestitionstatbestände der EU im Ausland betrugen im Jahr 2012 rund 5 Billionen Euro. Deutschland als größte Volkswirtschaft in der EU und drittgrößter Exporteur weltweit profitiert von dieser Entwicklung in besonderem Maße. Der Anteil der Exporte am deutschen Bruttoinlandsprodukt („Exportquote“) liegt bei rund 40 Prozent. Die deutschen Ausfuhren an Waren und Dienstleistungen betrugen rund 1,333 Billionen Euro im Jahr 2014.
Diese Zahlen belegen eindrucksvoll, dass der freie weltweite Handel mit Waren und Dienstleistungen für Europa nicht nur wünschenswert ist. Er ist vielmehr Grundvoraussetzung für unsere wirtschaftliche Prosperität und damit für den Erhalt von Lebensqualität, hohen sozialen Standards und kultureller Vielfalt in der EU. Der internationale Handel und grenzüberschreitende Investitionen unterliegen umfassenden multilateralen und bilateralen Handels- und Investitionsschutzregeln, die im Laufe der Jahre und Jahrzehnte ständig weiter entwickelt wurden und werden. So befindet sich die EU in laufenden Verhandlungen unter anderem zum Abschluss der so genannten Doha-Welthandelsrunde zwischen den Mitgliedern der Welthandelsorganisation („World Trade Organisation“/WTO), zu einem internationalen Abkommen für den Dienstleistungshandel („Trade in Services Agreement“/TiSA, welches auf dem bestehenden „General Agreement on Trade in Services“/GATS aufbauen soll) sowie zu bilateralen Abkommen etwa zwischen der EU und Kanada („Comprehensive Economic and Trade Agreement“/CETA) sowie zwischen der EU und den USA („Transatlantic Trade and Investment Partnership“/TTIP).
CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) dient der Intensivierung der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und Kanada. Hierzu soll insbesondere der Marktzugang für Waren, landwirtschaftliche Produkte und Dienstleistungen verbessert werden. Kanada ist mit 9,9 Milliarden Euro Ausfuhrvolumen und 4,0 Milliarden Euro Einfuhrvolumen (Zahlen 2015) ein wichtiger Handelspartner Deutschlands, und liegt beispielsweise im Rang noch vor Mexiko und Thailand. Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in Kanada betrug 2013 8,4 Milliarden Euro; der Bestand kanadischer Investitionen in Deutschland belief sich auf 1 Milliarden Euro.
CETA bringt, wie alle Freihandelsabkommen der Vergangenheit, wichtige Vorteile für die stark exportorientierte deutsche Wirtschaft und ist damit ein Garant für die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Durch CETA sinkt der Zoll für alle Industriegüter praktisch auf Null. Zentral ist auch die Marktöffnung bei Dienstleistungen und im öffentlichen Auftragswesen, insbesondere weil damit in Kanada künftig auch die Provinzen und Kommunen (wo der größte Teil der Aufträge vergeben wird) ihre Beschaffungsmärkte für deutsche Anbieter öffnen müssen. Der deutsche Beschaffungsmarkt war für Anbieter aus dem Ausland bereits seit langem offen. Dies gilt mit CETA nun auch für deutsche Unternehmen in Kanada. CETA schafft also faire Wettbewerbsbedingungen für deutsche Unternehmen, von denen insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen profitieren werden.
Außerdem enthält CETA Regelungen, um mehr Mobilität mit Blick auf Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen zu gewährleisten, sowie zur gegenseitigen Anerkennung von Berufsabschlüssen.
Eine Absenkung von Schutzstandards durch CETA, z.B. in den Bereichen des Verbraucher-, Arbeitnehmer- und Umweltschutzes wird nicht erfolgen. So sind u.a. Schutzvorschriften für die öffentliche Daseinsvorsorge, audiovisuelle Dienstleistungen, Verbraucher- und Umweltschutz sowie sogenannte Arbeitsmarktklauseln vorgesehen, die gewährleisten, dass es hier nicht zu Standardabsenkungen kommt.
Ich hoffe, dass ich Ihre Bedenken bezüglich CETA Ausräumen konnte.
Mit freundlichen Grüßen
Lothar Riebsamen