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Lothar Binding
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Frage von Ulrike N. •

Sehr geehrter Herr Binding, wie steht Ihre Partei zu Bürger*innenbeteiligungen bezüglich einer Neuausrichtung des Finanzsystems?

Sehr geehrter Herr Binding,

herzlichen Dank für die ausführliche Beantwortung unserer Fragen zur Bundestagswahl 2021, die wir Ihnen als Repräsentanten der GWÖ u.a. gestellt haben. Wir freuen uns, wenn Sie uns auch noch unsere letzte Frage zum Thema Bürger*innenbeteiligung beantworten würden. Wie steht Ihre Partei zu Bürger*innenbeteiligungen bezüglich einer Neuausrichtung des Finanzsystems? Könnte die Einrichtung eines Bürger*innenrates analog den schon stattgefundenen beiden deutschlandweiten Bürger*innenräten zu „Bürgerrat Demokratie“ und aktuell: „Deutschlands Rolle in der Welt“ zielführend sein?

Besten Dank, mit freundlichen Grüßen
Ulrike Niethammer

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Niethammer,

vielen Dank für Ihre Frage, abseits der vereinbarten Regelungen zwischen den Parteien im Umgang mit Wahlprüfsteinen von Verbänden und Lobbyisten, nun auf Abgeordnetenwatch.

Etwas neues versuchen, jenseits bekannter Denkmuster ist grundsätzlich eine gute Idee.

Auf den ersten Blick sowieso: man diskutiert unvoreingenommen über bestimmte Themen – was ich aber übrigens seit 23 Jahre im Bundestag bereits mit Bürger:innen nicht nur aus meinem Wahlkreis getan habe, dazu brauchten die Bürger und Bürgerinnen keinen Rat, kein neues Gremium – dafür wurde ich gewählt.

Schwierig finde ich solche Projekte, wie die von Ihnen genannten, die von Dritten finanziert werden. Woher genau kommt das Geld, wird durch Suggestivfragestellungen in der Debatte – sowas soll auch hier auf Abgeordnetenwatch vorkommen – die Antwort gleich in eine bestimmte Richtung gedrängt. Kann ein Bürger:innenrat abgewählt werden?  Für wen spricht er? Bürger:innenrat hört sich nach der Vertretung aller Bürger an… aber wie will ein Rat alle Bürgerinnen und Bürger anders oder besser vertreten, als die gewählten Parlamente.

Gleichzeitig verkürzen Ja-Nein Fragestellungen die Debatten erheblich und lassen manche wichtigen Aspekte unter den Tisch fallen oder gleich ganz weg. Auch hier stellt sich jeweils schnell die Frage der Objektivität von gesponserten Gremien. Diese Frage stellt sich natürlich auch für die gewählten Parlamente. Aber Wahlen, die Konkurrenz der Parteien, auch der Fraktionen und der investigativen Journalisten, auch von Lobbycontroll, zuallererst die Pflicht öffentlich Rechenschaft abzugeben – es wird schnell Öffentlichkeit hergestellt. Die Erfahrungen mit privat finanzierten, oft von intransparenten Stiftungskonstruktionen getragenen Strukturen sind sehr negativ.

Solange die Rahmenbedingungen, etwa Finanzierung, Zielsetzung, Umsetzung, wer entscheidet, nicht neutral und demokratisch geklärt sind, halte ich Bürger:innenräte für mehr Schein als Sein, evtl. sogar für gefährlich. Bürger:innen können sich mit Anliegen und Vorschlägen jederzeit an ihre Bundestagsabgeordneten, ihre Landtagsabgeordneten, ihre Stadträte wenden, diese werden die Vorschläge dann prüfen (lassen) und geben eine Rückmeldung.  

Und wer damit überhaupt nicht zurechtkommt – kann natürlich selbst kandidieren und schnell spüren, wie groß die Mehrheit der Bevölkerung ist, die hinter der Kandidatur steht.

Mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding