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Frage von Bernhard R. •

Frage an Lothar Binding von Bernhard R. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Binding!

Ich verfolge die Beratung des geplanten Lieferkettengesetzes. Meine Frage dazu: Was wollen Sie tun, um im Parlament ein starkes, an den Menschenrechten orientiertes Lieferkettengesetz durchzusetzen, das über die gesamte Lieferkette präventiv wirkt, die Rechte der Betroffenen stärkt und die Einhaltung von Umweltstandards garantiert?
Bernhard Reinbold aus Mannheim

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Reinbold,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst zitiere ich von der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales: „Lieferkettengesetz kommt noch in dieser Legislaturperiode.
Wir konsumieren Obst aus Afrika oder Südamerika, Schokolade von der Elfenbeinküste und Kaffee aus Brasilien. Wir tragen Kleidung, die in Asien gefertigt wird, unser Handy besteht aus Einzelteilen, die in der ganzen Welt hergestellt werden – und zwar von Menschen, die mit ihrer Arbeit ihren Lebensunterhalt verdienen.

Unternehmen hier verdienen an dem, was in anderen Teilen des Globus erarbeitet wird. Darum stehen sie auch in der Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte entlang ihrer Lieferkette. Es reicht künftig nicht mehr, nur bis zu den eigenen Werkstoren zu schauen, Unternehmen sollen dafür einstehen, dass es in ihrer gesamten Lieferkette nicht zu Menschenrechtsverletzungen bei der Herstellung ihrer Produkte kommt. Das wollen wir jetzt erstmals auch gesetzlich durchsetzen.

Das Lieferkettengesetz kommt – noch in dieser Legislaturperiode. Mit dem Gesetz wird erstmals die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten geregelt.“

Dieses Vorhaben ist sehr wichtig und freut mich, denn mir ist der Schutz von Menschenrechten ebenso wichtig, wie der besondere Wert guter Arbeit.

Daher setzen wir uns (SPD Fraktion, Partei, Mitglieder…) für die Ächtung von Ausbeutung ein – und das weltweit. Wir begrüßen es deshalb sehr, dass der völkerrechtliche Rechtsrahmen in den letzten Jahren weiter vervollständigt werden konnte. Neben den zahlreichen, schon geltenden ILO-Konventionen gibt es seit 2011 die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Erstmals wird damit verbindlich definiert, dass es zur Unternehmensverantwortung gehört, angemessene Vorkehrungen zu treffen, um menschenrechtliche Gefahren innerhalb der unternehmerischen Einflusssphäre zu vermeiden. Für uns ist daher klar: Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen endet nicht am Werkstor. Vielmehr müssen deutsche Unternehmen weltweit dafür Verantwortung übernehmen, wenn es in ihren Lieferketten zu Menschenrechtsverletzungen kommt.

Auf Grund dieser Überzeugung haben wir das Lieferkettengesetz vor über drei Jahren in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt und wir sind deshalb sehr froh, dass es Bundesarbeitsminister Hubertus Heil nach ziemlich zähem und langem Ringen gelungen ist, einen guten Gesetzentwurf vorzulegen. Gleichwohl fehlen noch Regelungen… obwohl wir und ich diese in der Sekunde einer Mehrheitsfähigkeit, beschließen würden. Mir ist auch wichtig, dass insbesondere, dass es umfassende Pflichten im Sinne der UN-Leitprinzipien gibt, die die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen. Gleichzeitig schaffen wir mit einer behördlichen Überwachung und einem durchaus hohen Bußgeldrahmen ein Regelwerk, das effektiv und durchsetzungsstark ist. Mit der neu eingeführten Prozessstandschaft für Organisationen erhalten von Menschenrechtsverletzung Betroffene darüber hinaus eine effektive und praktikable Möglichkeit, gegen zurechenbare und nicht abgestellte Verletzungen durch deutsche Unternehmen vor deutschen Gerichten vorzugehen. Damit schlagen wir ein neues Kapitel auf und werden insgesamt eines der effektivsten Lieferkettengesetze in Europa haben. Damit ist noch nicht alles geregelt, wir haben aber mit Blick auf die Koalitionspartner wirklich viel erreicht.

Es ist bekannt, dass wir uns bei den zivilrechtlichen Haftungsregelungen sowie beim Geltungsbereich entlang der gesamten Lieferkette substantiell weitergehende, eindeutigere Regelungen – wohl auch in Ihrem Sinne – gewünscht hätten. Auch im Bereich des Umweltschutzes wollten wir stärkere und vor allem nachhaltigere Regelungen. Mit Wirtschaftsminister Altmaier war bisher aber nicht mehr möglich. Formal klingt das so: Die SPD Fraktion erklärt: „Wir werden die von ihnen vorgebrachten Punkte auch weiterhin im Rahmen unseres gemeinsamen Weges für ein umfassendes Lieferkettengesetz verfolgen.“

Gleichwohl möchte ich darauf hinweisen, dass der Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form insbesondere auch im offiziellen Begründungsteil viele Durchsetzungsmöglichkeiten entlang der gesamten Lieferkette eröffnet. Mit diesem Gesetz können wir einen historischen Schritt von der freiwilligen zur rechtlich verbindlichen Einhaltung von Menschenrechten machen. Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Hungerlöhne und Ausbeutung müssen gestoppt werden und dürfen kein Wettbewerbsvorteil mehr sein. Und so erkennen Sie meine Freude über das Erreichte und meinen Ärger über die fehlenden Teile. Ein Koalitionskompromissgefühl.

Vielen Dank für Ihre Unterstützung auf den bisherigen Weg und bin zuversichtlich, dass uns gemeinsam ein noch besseres Lieferkettengesetz gelingen wird. Leider sind weniger als zwei Prozent aller Leute in Deutschland in Parteien, das ist bis tief im Parlament zu spüren.

Mit freundlichen Grüße, Ihr Lothar Binding