Frage an Lothar Binding von Krischan M. bezüglich Verteidigung
Sehr geehrter Herr Lothar Binding,
Ich bin sehr besorgt darüber, dass die bewaffnungsfähige Eurodrohne und nun auch das FCAS, das Nuklearwaffen tragen kann, durch unsere Steuergelder finanziert werden sollen. Was meinen Sie hierzu? Werden Sie sich dagegen einsetzen?
Eine Beschaffung von Drohnen würde die Aufrüstungsspirale nur weiter anziehen und nicht zum Weltfrieden beitragen. Selbst wenn die SPD diese nicht bewaffnet sehen will, werden Drohnenmorde dadurch unterstützt, dass Zieldaten durch die Bundeswehr gesammelt und weitergegeben würden. Außerdem werden andere EU-Länder davon profitieren, dass Deutschland die Entwicklung von unbewaffneten Eurodrohnen finanziert, die später oder von anderen sehr leicht bewaffnet werden können. Ein klares Nein zu dieser Entwicklung wäre ein starkes Signal, dass weitere Aufrüstung nicht der richtige Weg zu weniger Gewalt ist, Ich wäre stolz auf Deutschland, wenn es von uns kommt. Auch das FCAS macht mir große Sorgen, es soll Atomwaffen transportieren können, obwohl klar ist, dass ein Atomkrieg eine globale Katastrophe wäre, deshalb gibt es den Städteappell für ein Nuklearwaffenverbotsvertrag (auch Heidelberg hat Unterschrieben): https://www.icanw.de/ican-staedteappell/
Unsere Steuergelder können wir (bzw. die SPD) garantiert für sinnvollere und dafür nachhaltige Dinge verwenden, wie z.B. Pflegekräfte, Bildung, ÖPNV, SPNV, Energiewende.
Auf eine Antwort oder Berücksichtigung meiner Bedenken bei der Bundestagssitzung am 14.4.2021 und in Zukunft würde nicht nur ich mich sehr freuen!
Mit freundlichen Grüßen
Krischan Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage auf abgeordnetenwatch.
Bereits im vergangenen Jahr hat sich die SPD-Bundestagsfraktion erfolgreich gegen die Drohnen-Aufrüstungspläne der Verteidigungsministerin und von CDU/CSU gewehrt und an meiner damals geäußerten Position (hier: https://www.vorwaerts.de/artikel/gegen-bewaffnung-drohnen-angriff-beste-verteidigung nachzulesen) hat sich seitdem nichts verändert.
Dass das Argument, alles sei von allen gesagt und die Diskussion damit abgeschlossen, nicht trägt, zeigt die Tatsache, dass viele Menschen erst durch die Presseberichte über eben diese Entscheidung auf das Thema aufmerksam geworden sind. Die gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir uns die (Drohnen-) Ausrüstung der Bundeswehr und im größeren Rahmen die Rolle Deutschlands in der Welt vorstellen, hat also wenn überhaupt gerade erst begonnen.
Worüber ich mich ärgere ist das allgemeine Wahrnehmungsverweigerung gegenüber der breiten Debatte innerhalb der SPD. Denn dass es auch bei uns Stimmen gibt, die eine Bewaffnung der Drohen fordern, ist unbestritten. Ich kann nachvollziehen, dass die Argumentation "zum Schutze der Soldat:innen" bei vielen und vor allem bei den Kolleg:innen mit regelmäßigen Kontakten in die Bundeswehr verfängt, wenngleich ich es für nicht zu Ende gedacht halte (sind unsere Soldat:innen wirklich besser durch bewaffnete Drohnen geschützt? Entsteht nicht ein höheres Gefährdungspotential durch die Radikalisierung von Jugendlichen, deren Eltern durch Drohneneinsätze zu Schaden gekommen sind oder gar getötet wurden? Riskieren wir damit nicht die hervorragende Reputation, die deutsche Soldat:innen in ihren Einsatzgebieten genießen?...). Denn wer würde sich ernsthaft gegen besseren Schutz für Soldat:innen aussprechen?
Zu diesen sehr ernsthaft geführten Diskussionen gesellt sich ein von den christlichen Parteien ohne Nächstenliebe eingebrachtes, vergangenheitsbehaftetes Verständnis von Sicherheit, das auf Abschreckung setzt, die durch Aufrüstung erreicht werden soll. Auch im europäischen und internationalen Kontext finden sich nicht wenige, die den Schritt hin zu bewaffneten (teils sogar automatisierten) Drohnen fordern.
Ehrlicherweise muss man sagen: Sollte es uns gelingen, die Eurodrohne ohne Bewaffnung einzuführen, wäre das angesichts der Ausgangslage ein großer Erfolg. Darauf will ich mich konzentrieren. Leider ist es nicht so, wie es logisch klingt: ohne Drohen gibt es auch keine bewaffneten Drohnen – wir leben ja nicht auf einer Insel.
Mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding