Frage an Lothar Binding von Jorias W. bezüglich Humanitäre Hilfe
Sehr geehrter Herr Binding,
angesichts der dramatischen Lage im Jemen wollte ich fragen, was Deutschland tun kann. Viele Kinder sind unterernährt. Kann Deutschland nicht eine Geberkongerenz für Unicef und das Welternährungsprogramm einberufen? Die Zustände machen mich traurig.
Mit freundlichen Grüßen
Jorias Weirauch
Sehr geehrter Herr Weirauch,
vielen Dank für Ihre Anregung eine Geberkonferenz für Unicef und das Welternährungsprogramm einzuberufen. Sie haben recht, die Zustände im Jemen machen traurig. Wenn ich richtig erinnere haben die Vereinten Nationen (UN) im eben vergangenen Jahr zu einer Geberkonferenz für den Jemen eingeladen an der sich Deutschland mit knapp 200 Millionen Euro beteiligt. Das Auswärtige Amt Auswärtigen gab bekannt, dass 125 Millionen Euro für humanitäre Hilfe im Jahr 2020 bereitgestellt werden, über das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) weitere 70 Millionen Euro für Unterstützungsmaßnahmen. Gleichwohl ist eine weitere Geberkonferenz, wie von Ihnen angeregt, notwendig. Leider erfüllen sich nicht immer die finanziellen Erwartungen.
Um Ihnen ein genaueres Bild der Aktivitäten der Bundesregierung zu geben, zitiere ich aus den Veröffentlichungen des BMZ:
„Land in humanitärer Krise
Die Situation in Jemen ist zurzeit außerordentlich kritisch.
Seit langer Zeit gehört Jemen zu den ärmsten Ländern der arabischen Welt – auf der Liste der am wenigsten entwickelten Ländern der Welt (LDCs) ist es derzeit das einzige arabische Land. Es ist anzunehmen, dass Jemen die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 selbst dann nicht erreichen könnte, wenn es keinen Konflikt gäbe.
Zu den größten Problemen zählen das starke Bevölkerungswachstum, Wassermangel, hohe Arbeitslosigkeit sowie ein schwaches Bildungs- und Gesundheitssystem. Die Landwirtschaft kann die Menschen nicht mehr ernähren, die Abhängigkeit von Importen steigt. Die Öl- und Gasvorräte des Landes werden in absehbarer Zeit erschöpft sein.
Der aktuelle, seit 2015 andauernde Konflikt im Land hat die Lage weiter verschärft.
Rebellen der Huthi-Bewegung kämpfen gegen die offizielle Regierung unter Staatspräsident Abdrabu Mansour Hadi. Diese wird von einer Militärkoalition unter Führung Saudi-Arabiens unterstützt. Darüber hinaus sind auch die Rebellen des "Südlichen Übergangsrats" sowie Mitglieder der Terrornetzwerke Al-Qaida und Islamischer Staat (IS) am Konflikt beteiligt.
Entwicklungszusammenarbeit
Jemen ist ein Kooperationsland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Auch in der derzeitigen Krise hat Deutschland die Zusammenarbeit nicht eingestellt, sondern an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Direkt zu:
Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Jemen
Entwicklungspolitische Zahlen und Fakten aus Jemen
Aktuelle politische Lage
Millionen Menschen auf Hilfe angewiesen
Im Dezember 2018 fanden in Stockholm unter Leitung des UN-Sondergesandten Martin Griffiths erstmals seit über zwei Jahren Direktgespräche zwischen den Huthi-Rebellen und der jemenitischen Regierung von Präsident Hadi statt.
Die Konfliktparteien vereinbarten erste Schritte, um den Konflikt beizulegen: einen Waffenstillstand für die Region um den wichtigsten Hafen Hodeidah sowie einen Truppenrückzug, den Austausch mehrerer Tausend Gefangener und eine bessere Versorgung der umkämpften Stadt Taiz.
Im Mai 2019 teilte Griffiths dem UN-Sicherheitsrat mit, dass sich die Huthi-Kämpfer aus drei Häfen am Roten Meer zurückgezogen hätten. Die vollständige Umsetzung der in Schweden vereinbarten Schritte lässt aber weiter auf sich warten. Auch haben kriegerische Auseinandersetzungen innerhalb der von Saudi-Arabien geführten Koalition zu weiteren Verzögerungen im Friedensprozess geführt.
Obwohl die Huthi-Rebellen im September 2019 als erste der Konfliktparteien in einem symbolischen Akt 350 Gefangene freiließen, gingen in einigen Landesteilen die Kämpfe unvermindert weiter.
Humanitäre Krise
Die Vereinten Nationen bewerten die Situation in Jemen als weltweit schlimmste humanitäre Krise: Durch den aktuellen Konflikt sind mehr als 24 Millionen Menschen (das heißt 80 Prozent der Bevölkerung) auf humanitäre Hilfe angewiesen.
20 Millionen Menschen haben nicht ausreichend zu essen, mehr als 3,6 Millionen Menschen wurden aus ihren Heimatorten vertrieben und mussten in anderen Landesteilen Schutz suchen. Nach Schätzungen sind etwa 102.000 Menschen den Kämpfen zum Opfer gefallen. Mehr als 131.000 Menschen, insbesondere Kinder, sind an indirekten Folgen des Konflikts gestorben, etwa an akuter Unterernährung oder Krankheiten wie Cholera
Deutsche Entwicklungszusammenarbeit mit Jemen
Die Schwerpunkte der deutsch-jemenitischen Entwicklungszusammenarbeit liegen in den Bereichen Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung sowie Bildung. Darüber hinaus unterstützt Deutschland die jemenitische Bevölkerung in den Bereichen Gesundheit, nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Ernährungssicherung, Frieden, gute Regierungsführung sowie Stärkung der Zivilgesellschaft und der Rolle der Frauen.
Zusammenarbeit während des aktuellen Konflikts
Auch in der derzeitigen Krise hat Deutschland die Zusammenarbeit nicht eingestellt, sondern an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Aufgrund der Sicherheitslage ist derzeit kein deutsches Personal vor Ort, jedoch führen mehr als 120 jemenitische Beschäftigte der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) viele Projekte weiter. Außerdem unterstützt Deutschland die Arbeit nichtstaatlicher lokaler Partner sowie internationaler Organisationen, etwa des Welternährungsprogramms (WFP) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF).
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Unterstützung für Jemen im Jahr 2019 auf 136 Millionen Euro mehr als verdoppelt (2018: 62,5 Millionen Euro). Damit soll insbesondere die Wasser- und Abwasserversorgung instandgesetzt werden, die elementar ist für den Kampf gegen Seuchen wie Cholera. Kinder sollen Schulmahlzeiten erhalten und bedürftige Familien dabei unterstützt werden, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Zudem soll die Gesundheitsversorgung verbessert werden, zum Beispiel indem Frauen die Möglichkeit erhalten, ihre Kinder unter ärztlicher Aufsicht sicher zur Welt zu bringen.
Versorgung aufrechterhalten und ausbauen
Ziel des deutschen Engagements ist, die Lebensbedingungen der jemenitischen Bevölkerung zu stabilisieren und noch vorhandene öffentliche Strukturen zur Basisversorgung (Wasserversorgung, Gesundheit, Bildung) aufrechtzuerhalten. So werden beispielsweise die lokalen Wasserversorger dabei unterstützt, Schäden zu analysieren, Notfallpläne zu erstellen und dringend benötigte Ersatzteile zu beschaffen. Über zwei Millionen Menschen haben seit Beginn des Konflikts durch solche Maßnahmen einen besseren Zugang zur Wasser- und Sanitärversorgung erhalten.
Im Bildungsbereich wird die Fortbildung von Lehrpersonal in psychosozialer Unterstützung gefördert. Fast 470.000 Kinder profitieren davon, dass mit deutschen Mitteln Unterrichtsräume saniert oder neu errichtet wurden. Das deutsche Engagement trägt dazu bei, den beginnenden Friedensprozess zu unterstützen und Grundlagen für einen Wiederaufbau nach Ende der Kampfhandlungen zu schaffen.“
Hoffentlich helfen Ihnen diese Informationen der Website des BMZ weiter und hoffentlich lässt sich die internationale Hilfe für den Jemen verstärken.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding