Frage an Lothar Binding von Florian L. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben
Sehr geehrter Herr Binding,
in Ihrer Rede in der 135. Sitzung im Bundestag im Dezember 2019 bemängelten Sie, dass die Industrie es nicht geschafft hat in 3 Jahren eine zTSE zu entwickeln. "Wir sehen: Man hat sich dem Gesetz aktiv verweigert." (Quelle: Plenarprotokoll 19/135, 16855)
Ursprünglich wurde für das Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen, welches im Dezember 2016 in Kraft getreten ist, eine Evaluation 4 Jahre nach Inkrafttreten vorgesehen. Der Zeitpunkt für die Evaluation wäre damit jetzt.
"In die Evaluierung solle das Erreichen der Wirkungsziele ebenso einbezogen werden wie die Effizienz der Belegausgabepflicht." (Quelle: BT-Drucksache 18/10667)
Warum hört man von der vorgesehenen und in meinen Augen so wichtigen Evaluation nichts? Wird diese nun durchgeführt oder nicht? Wie ist hier Ihre Position langfristig, da die Nichtbeanstandungsregelung zur zTSE nun aller Voraussicht nach zum 31.3.2021 endet.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Lasser,
vielen Dank für Ihre Frage. Das Gesetz zum Schutz vor Manipulation an digitalen Grundaufzeichnungen (Kassen-betrugs-bekämpfungs-gesetz) ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung. Leider liegen viele Stolpersteine auf diesem Weg.
Elektronische Aufzeichnungssysteme mit Kassenfunktion müssen gemäß § 146a Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung-AO seit dem 1. Januar 2020 über eine „zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung“ (zTSE) verfügen. Eine zTSE besteht aus einem Sicherheits- und Speichermodul sowie einer digitalen Schnittstelle. Damit wird jeder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfall vollständig und richtig aufgezeichnet und mit Zeitstempel versehen. Bei Außenprüfungen der Finanzbehörden kann auf die zTSE zugegriffen werden (§ 146a Abs. 1 Satz 4 AO).
Weil die Entwicklung der zTSE und die Zertifizierung länger auf sich warten ließ und Cloud-Lösungen erst Ende September 2020 verfügbar waren, hat sich die verbindlichen Nichtbeanstandungsregelung (BMF, Schreiben v. 6.11.2019) bei fehlender Nachrüstung mit einer zTSE als richtig erwiesen. Bedauerlicherweise denken wir hier ja ohnehin nur an Vorgänge, die von elektronischen Kassen erfasst werden. Leider haben die Unions-Fraktionen eine allgemeine Kassenpflicht verhindert – was den Betrügern hilft, die ehrlichen Kaufleute benachteiligt.
Jedenfalls entfaltet das Gesetz seine volle Wirkung erst, wenn die Kassensysteme mit zTSE-Modulen ausgestattet sind und alle Buchungsvorgänge nachvollziehbar aufgezeichnet werden. Dies wird nun leider in manchen Bundesländern, nach einer (wie ich finde ärgerlichen) erneuten Verlängerung der Übergangszeit, erst im nächsten Jahr (2021) der Fall sein. Eine Evaluation macht erst danach wirklich Sinn, um so die wichtigsten Effekte des Gesetzes miteinbeziehen zu können.
Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding