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Frage von Werner S. •

Frage an Lothar Binding von Werner S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,

in den sozialen Medien wird die Änderung des §20 Abs. 6 EStG, insbesondere die Begrenzung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften heftig diskutiert. Ich bin selbst davon betroffen. Die letzten Jahre habe ich mit systematischen Termingeschäften Überschüsse erzielt. Auf diese Überschüsse habe ich Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag bezahlt. Ab nächstem Jahre werde ich keine Termingeschäfte mehr machen können, da aufgrund der Struktur der Geschäfte, die Steuerlast höher wäre als der Überschuss. Beispiele für das Entstehen einer mehr als 100prozentigen Steuerlast wurden in früheren Fragen an Sie bereits erläutert. Steuern aus diesem Bereich werde ich ab nächstem Jahr also nicht mehr abführen.

Jetzt werden Sie meinen Angaben vielleicht nicht trauen oder sagen, dass ich ein Einzelfall bin und man Gesetze nicht nach Einzelfällen ausrichten kann. Deshalb stelle ich allgemeine Fragen nach den Auswirkungen der Gesetzesänderung auf die Steuereinnahmen des Bundes: Welche Steuermindereinnahmen durch den Handel von Privatleuten mit Termingeschäften hat es in den letzen ca. 5 Jahren gegeben. Mit welchen Mehreinnahmen rechnet das Finanzamt daher für 2021 aufgrund der Begrenzung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften und welche Annahmen liegen dieser Schätzung zugrunde.

Sicher sind bei der Vorbereitung des Gesetzes die finanziellen Auswirkungen auf den Bund genau betrachtet wurden. Deshalb nehme ich an, dass diese Zahlen aufbereitet bei Ihnen oder im Finanzministerium vorliegen. Ich denke die Veröffentlichung dieser Zahlen kann die Debatte versachlichen.

Mit freundlichen Grüßen,

W. S.

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Sehr geehrter Herr Schiele,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Regelungen aus § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG. Die wichtigsten Fragen und Anmerkungen zu der genannten Thematik wurden auch hier auf Abgeordnetenwhatch bereits abschließend diskutiert – so wie Sie es anmerken.

Zu Ihrer weiteren Frage nach möglichen finanziellen Auswirkungen der gesetzlichen Regelungen:
Durch die genannten Regelungen können Verluste aus Termingeschäften, insbesondere aus dem Verfall von Optionen, nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Dabei ist die Verlustverrechnung beschränkt auf 10 000 Euro. Jedoch können nicht verrechnete Verluste jeweils in Höhe von 10.000 Euro auf Folgejahre vorgetragen werden, wenn nach der unterjährigen Verlustverrechnung ein verrechenbarer Gewinn verbleibt. Das ist alles bekannt.

Wenn Sie die Diskussion zu dieser Thematik hier verfolgt haben, wissen Sie auch, dass Verluste von Privatanlegern aus dem Verfall von Optionen und Forderungen zwischen 1999 und 2018 von der Finanzverwaltung gar nicht anerkannt wurden. Im hierfür relevanten BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer vom 18. Januar 2016 wurde die Berücksichtigung der Verluste aus dem Optionsverfall versagt. Auch in der vorherigen Regelung in § 23 EStG fanden die Verluste aus dem Verfall von Optionen keine Berücksichtigung. Die neue Regelung ermöglicht hingegen eine steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus jeder Art von Termingeschäften.

In Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschuss des Deutschen Bundestags zum Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen wurde festgehalten:
„Es ist gemeinsames Ziel der Koalitionsfraktionen, dass durch die Berücksichtigung zusätzlicher Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen keine neuen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten eröffnet werden. Daher werden die Regelungen nach Ablauf von zwei Jahren seit ihrem Inkrafttreten evaluiert.“

Im Kern dieser Regelungen geht es um die Handhabung des strategischen Umgangs mit Verlusten. Die unter die Regelung fallenden Geschäfte sind durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte stark spekulativ. Dies ist bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß der Fall. Daher werden die Verluste aus diesen Geschäften in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt. So können das Investitionsvolumen und die daraus für Anleger entstehenden Verlustrisiken aus diesen spekulativen Anlagen begrenzt werden. Es ist eines der Ziele dieser Regelung Risiken zu begrenzen, die aufgrund der Komplexität einigen privaten Anlegerinnen und Anlegern in ihrer Dimension gar nicht bewusst sind. Das ist auch ein Beitrag zur Sicherung der Finanzstabilität. Die Erzielung von Steueraufkommen steht hier nicht an erster Stelle.

Sie schreiben: „Ab nächstem Jahre werde ich keine Termingeschäfte mehr machen können, …“ Das gilt (begrenzt) allerdings nur für den Fall, dass Sie im Privatvermögen spekulieren. Wenn Sie mit „mit systematischen Termingeschäften Überschüsse“ erzielen, können Sie sich freuen – und der Fiskus auch. Im Betriebsvermögen haben Sie darüber hinaus mehr Möglichkeiten der Verlustverrechnung.

Abschließend möchte ich noch eine Bemerkung machen. Es fällt auf, dass sich im Zuge dieses Gesetzes eine kleine Gruppe lautstark zu Wort meldet, die bei ihren Termingeschäften große Verluste vermutet. Wenn die Annahme richtig ist und die Verluste wirklich groß sind, wirkt das Gesetz genau richtig. Stimmt die Annahme hingegen nicht und die Verluste sind kleiner, ist auch die Aufregung nicht nachvollziehbar.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding