Portrait von Lothar Binding
Lothar Binding
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Lothar Binding zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Ute S. •

Frage an Lothar Binding von Ute S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,
lt. Handelsblatt-Beitrag von heute "Noch viele Fragen im Wirecard-Skandal" S.11, werden seitens der meisten im Bundestag vertretenen Parteien immer mehr Stimmen laut, die im Wirecard-Skandal einen Untersuchungsausschuß fordern. Sprechen Sie sich als finanzpolitischer Sprecher der SPD ebenfalls für einen Untersuchungsausschuß aus? Wenn nein, warum nicht?
Herzlichen Dank für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen

U. S.

Portrait von Lothar Binding
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schütz,

vielen Dank für Ihre Nachricht auf abgeordnetenwatch.de. Im Wirecard-Skandal sind noch viele Fragen offen, insofern hat der Artikel Recht. Allerdings wurden in einer ersten Sondersitzung des Finanzausschusses im Juli auch bereits viele Fragen beantwortet: Vom Wirtschaftsminister, der über die APAS (Abschlussprüferaufsichtsstelle) für die Wirtschaftsprüfer zuständig ist und vom Finanzminister, weil die BaFin eine nachgeordnete Behörde des Bundesfinanzministeriums ist. Darüber hinaus haben Oppositionsfraktionen sehr viele schriftliche Fragen an die Ministerien gestellt... auch sie wurden inzwischen beantwortet.

Für den 31. August und 1. September haben wir weitere Sondersitzungen, dieses Mal mit Vertreter*innen aus dem Kanzleramt, dem Bundesjustizministerium, der Bundesbank, der Börse und nochmal der BaFin geplant.

Anschließend sollte darüber diskutiert werden, ob zusätzlich ein Untersuchungsausschuss gebraucht wird oder nicht. Wenn ein Untersuchungsausschuss gefordert wird, bin ich nicht dagegen - allein schon deshalb nicht, um den Eindruck zu vermeiden, ich wolle etwas verbergen.

Manchmal soll ein Untersuchungsausschuss aber auch gerade vom Wesentlichen ablenken, denn er ersetzt ja nicht die Staatsanwaltschaft. Bei Wirecard geht es, soweit ich vermuten muss, um schweren Betrug, um Bilanzmanipulation, vielleicht um Geldwäsche, es geht um kriminelle Vorstände, um Aufsichtsräte, um privatrechtlich organisierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die Banken, die solche Unternehmen wie Wirecard leichtfertig mit Großkrediten versorgen, es geht die Börsenaufsicht oder die DPR. Im politischen, im öffentlichen Raum geht es um die Regierung, die parlamentarische Gesetzgebung, die Aufsicht. Wenn wir uns wesentlich auf die öffentlichen Institutionen konzentrieren, werden wir mit dem parlamentarischen UA ein riesiges Medienecho haben... während die Staatsanwaltschaft sich um die Kriminellen kümmern muss.

Um Ihnen die Wirkmächtigkeit von Untersuchungsausschüssen (UA) anzudeuten, bitte ich Sie sich beispielsweise an die fünf UA in der 18. Wahlperiode und deren Ergebnisse zu erinnern.

Oft wird die Entscheidung über einen Untersuchungsausschuss auch stark von Wahlkampfgesichtspunkten beeinflusst. Die Oppositionspolitiker bekommen eine erhöhte Medienpräsens und die Rolle der Aufklärer, alle anderen geraten in die Defensive.

Der Ruf nach einem Untersuchungsausschuss zum jetzigen Zeitpunkt, in dem noch viele Beteiligte noch nicht gehört wurden, fällt in diese Kategorie: PR.

Wie gesagt: Sollte nach den geplanten Sondersitzungen ein Untersuchungsausschuss gefordert werden, wird die SPD einem Untersuchungsausschuss nicht im Wege stehen. Dann werden wir darauf achten, dass sich nicht die ganze Aufmerksamkeit im Raum der Politik verzehrt - die Betrüger*innen saßen vermutlich im Vorstand von Wirecard. Hier muss die Staatsanwaltschaft ermitteln.

Auch die Rolle der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften darf nicht außer Betracht bleiben. Hier muss auch Aufklärung und ggf. Strafverfolgung erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen

Lothar Binding