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Frage von Paul E. •

Frage an Lothar Binding von Paul E. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,

nach langer Überlegung habe ich mich dazu entschlossen Ihnen ebenfalls meine Situation zu schildern und aufzuzeigen, dass das neue Gesetz zur Verlustverrechnung von maximal 10.000€ vermutlich andere Effekte haben wird, als bisher angenommen und frage mich was ich persönlich nun tun kann.

Ich habe mich vor einigen Jahren in das Thema des automatisierten Traden eingearbeitet und nutze dafür CFDs als Handelsinstrument. Als gelernter Software-Entwickler und Betriebswirt hatte ich sehr gute Voraussetzungen, trotzdem hat es über 7 Jahre benötigt um nebenberuflich das Wissen und Können aufzubauen dieser Tätigkeit, als Kleinanleger, profitabel nachzugehen (wie ich es nun seit 4-5 Jahren tue). Ich habe gelernt mein Risiko zu kalkulieren und es professionell zu handhaben.

Seit dem letzten Jahr habe ich einen mutigen Schritt gewagt und mich selbstständig gemacht, um dieser Tätigkeit Vollzeit nachgehen zu können.

Nun hat mich das neue Gesetz eiskalt erwischt. Damit wurde meiner Selbstständigkeit ein Stop-Schild verpasst.

Somit stellt sich mir nun die Frage, welche Möglichkeiten ich noch habe dieser Tätigkeit in Deutschland nachzugehen.
Da ich "nur" zwischen 30-40% mehr Gewinn als Verlust erwirtschafte (was bei der Einhaltung des maximalen Verlust i.H.v. 10.000€ einen maximalen Gewinn vor Steuern von 3.000-4.000€ ausmachen würde), wird es mir ab 2021 durch Sie unmöglich gemacht dieser Mühsam und teuer erarbeiteten Profession effektiv nachzugehen.
Witzig finde ich in dem Zusammenhang vor allem, dass Sie behaupten Kleinanleger schützen zu wollen. Aber genau die handeln mit Kleinstsummen und sind daher meistens unter den maximalen 10.000€ Verlust.

Obwohl ich Deutschland liebe und sehr gerne meine Heimat in Form eines ehrlichen Steuerzahlers unterstütze, sehe ich aktuell nur noch die Möglichkeit auszuwandern, um meiner Tätigkeit auch in der Zukunft nachgehen zu können.

Ich möchte dazu erwähnen, dass ich vorher nie mit einem solchen Gedanken gespielt hatte und eigentlich sehr lokal verbunden bin.

Nun meine konkreten Fragen:
Waren Sie sich dieser Konsequenzen bewusst? Ist es gewollt, dass Menschen wie mir dadurch derartige Steine in den Weg gelegt werden?
Was kann ich nun tun in meiner Situation oder ist auswandern tatsächlich meine einzige Möglichkeit um zukünftig weiter handeln zu können?

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Exler,

vielen Dank für Ihre Frage zum Thema steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus Termingeschäften.

Im Dezember 2019 wurde mit dem „Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen“ auch die Möglichkeiten der steuerlichen Berücksichtigung von Verlusten aus bestimmten privaten Kapitalanlagen, z.B. aus Termingeschäften, neu geregelt. Verluste aus Termingeschäften, z.B. Optionen, können nach § 20 Abs. 6 Satz 5 EStG nun mit Gewinnen aus Termingeschäften und mit Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden.

Wie Sie richtig schreiben wurde die Berücksichtigung der Verluste auf 10.000 Euro pro Jahr begrenzt. Darüber hinaus gehende Verluste können aber auf die Folgejahre vorgetragen und jeweils bis zur Grenze von 10.000 Euro berücksichtigt werden. Die Verlustverrechnung ist also unterjährig begrenzt. Wieso ist eine unterjährige Begrenzung sinnvoll? Termingeschäfte werden von privaten Anlegern nicht zur Absicherung von Fremdwährungsrisiken, Marktrisiken oder zur Absicherung von Zins-, Preis- oder Kursniveaus getätigt, wie es bei Unternehmen aus realwirtschaftlichen Motiven die Regel ist, sondern lediglich zum „Zocken“. In diesem Bereich stark gehebelter Produkte sollen mit vergleichsweise kleinen Beträgen große Gewinne erzielt werden. Aufgrund des hohen Risikos können daraus aber auch große Verluste erwachsen.

Bisher wurden Verluste von Privatanlegern aus dem Verfall von Optionen und Forderungen von der Finanzverwaltung gar nicht anerkannt. Im hierfür relevanten BMF-Schreiben zur Abgeltungsteuer vom 18. Januar 2016 wurde die Berücksichtigung der Verluste aus dem Optionsverfall versagt. Auch in der vorherigen Regelung in § 23 EStG fanden die Verluste aus dem Verfall von Optionen keine Berücksichtigung. Die neue Regelung ermöglicht hingegen eine steuerliche Berücksichtigung von Verlusten aus jeder Art von Termingeschäften. Kleinanleger können ihre Verluste aus Termingeschäften Verluste sogar sofort in vollem Umfang mit anderen Termingeschäften und Stillhaltergeschäften verrechnen. Denn Kleinanlagern entstehen üblicherweise keine Verluste größer 10.000 Euro pro Jahr, wie sie richtigerweise anführen.

Sie schreiben, dass Sie Ihren Handel mit Differenzkontrakten (Contracts for Difference – CFD) hauptberuflich betreiben. Dabei handelt es sich um hochspekulative Derivate, die aufgrund von Hebeleffekten zu hohen Gewinnen oder zu hohen Verlusten führen können. Das hohe Verlustrisiko ist Ihnen also bewusst. Sie agieren nicht als Privatanleger, daher handelt es sich um betriebliche Termingeschäfte. Mir ist jedoch nicht bekannt im Rahmen welcher Rechtsform Sie tätig sind.

Für Verluste aus betrieblichen Termingeschäften gibt es aber gemäß § 15 Abs. 4 EStG ebenfalls eine Abzugsbeschränkung. Diese umfasst Termingeschäfte des betrieblichen Bereichs, „durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt“. Die Verluste dürfen nur mit Einkünften aus Termingeschäften aus vorangegangenen der sich anschließenden Geschäftsjahren verrechnet werden. Eine Verrechnung mit Einkünften aus Gewerbebetrieb oder anderen Quellen ist nicht möglich. Ausgenommen von der Beschränkung sind Termingeschäfte, welche der Absicherung von Geschäften des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs dienen. Hieran hat sich durch die neue gesetzliche Regelung zur Verlustverrechnung für Privatanleger nichts geändert.

Eine Begrenzung der Verlustverrechnung besteht also sowohl für betriebliche als auch für private Termingeschäfte. Daher ist unklar, wieso die Rahmenbedingungen für Ihre Tätigkeit nun ungünstiger geworden sein sollten. Ein Umzug in einen anderen Staat ist aus meiner Sicht nicht nötig, wenn es nur darum geht, dass sie Ihren Beruf weiterhin ausüben können. Solche Ankündigung eines Wegzugs lese ich übrigens häufiger, z.B. wenn eine stärkere vermögens- oder gewinnbezogene Besteuerung öffentlich debattiert wird. Dann stehen nahezu alle reichen Menschen immer kurz vor dem Wegzug aus Deutschland, weil es überall in der Welt ja so viel besser ist… Glücklicherweise kenne ich auch viele, die sich mit Ihren Vermögen und hohen Einkommen unsrem Land sehr verpflichtet fühlen und „etws zurückzugeben“ möchten.

Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen ein Stück weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding