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Frage von René H. •

Frage an Lothar Binding von René H. bezüglich Finanzen

Ich versuche über Fondssparpläne etwas für meine Altersvorsorge zu tun. Demnächst werde ich wohl aber auch noch eine Riesterversicherung abschließen, obwohl ich nach wie vor nicht 100%-ig davon überzeugt bin, aber die anstehende Abgeltungssteuer treibt einen ja dazu. Was ich bis jetzt von dieser Steuer verstanden habe ist, dass Otto-Normalbürger mal wieder auf der Strecke bleibt. Doch ich möchte nicht polemisch werden, sondern gerne von ihnen wissen, wie ich frei, mündig und ohne das Gefühl, dem Staat ständig die Kasse zu füllen, für meine und meiner Familie Zukunft vorsorgen soll. Vielleicht können sie mir den Reiz dieser Abgeltungssteuer besser erklären, dabei geht es mir aber nicht um dem Vorteil, dass die Banken sich mit dem Abführen der Steuer rumschlagen müssen und die Steuererklärung etwas weniger umfangreich ausfällt., sondern darum, warum ich, wenn ich mich von Versicherungskonzernen unabhängig will, schlechter gestellt werden soll.

Für ihre Antwort danke ich voraus und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
René Haas

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Haas,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie beziehen sich auf die Besteuerung von Kapitaleinkünften bei der Planung ihrer Altersvorsorge und erwähnen die im Zuge der Unternehmensteuerreform ab dem 1. Januar 2009 geltende Abgeltungssteuer.

In meiner Antwort stütze ich mich auf Informationen des Bundesministeriums der Finanzen, der Arbeitsgruppe Finanzen der SPD-Bundestagsfraktion sowie auf eigene Recherchen.

Nach geltendem Recht muss ein Anteilseigner einer Kapitalgesellschaft auf die Hälfte des ausgeschütteten Gewinns, also auf die Hälfte der Dividende, Einkommensteuer mit seinem persönlichen Einkommensteuersatz bezahlen. Je nachdem wie hoch das Einkommen jeweils ist, liegt dieser Steuersatz zwischen 0 % und 42 %. Bei sehr hohen Einkommen steigt er bis auf 45%. Dieser Steuersatz wird von vielen theoretisch in Deutschland Steuerpflichtigen mit hohen Einkommen tatsächlich aber nicht bezahlt – sie haben sich mit ihrer Steuerpflicht im Ausland eingerichtet…
Technisch wird bislang auf Dividenden und Zinseinkünfte die Kapitalertragsteuer bzw. die Zinsabschlagsteuer erhoben, die aber nur eine Vorauszahlung auf die tatsächlich zu zahlende Einkommensteuer ist. Im Rahmen der Steuererklärung werden dann auf Zinsen die erzielten Zinseinkünfte mit dem persönlichen Steuersatz unter Anrechnung der Zinsabschlagsteuer besteuert.
Künftig wird eine Abgeltungssteuer auf Kapitalerträge erhoben. Die Abgeltungssteuer gilt für Zinsen, Dividenden und Gewinne aus Wertpapierverkäufen und soll 2009 eingeführt werden. Der Abgeltungssteuersatz von 25 Prozent wird als Quellensteuer von den Kreditinstituten direkt einbehalten und an das Finanzamt abgeführt.

- Steuerbürger mit einem unter 25 % liegenden niedrigen persönlichen Steuersatz dürfen auch künftig ihre Kapitalerträge weiterhin zu ihrem persönlichen Steuersatz, also zu ihren Gunsten versteuern. Deshalb sprechen wir von „relativer Abgeltungssteuer“. Wer also einen individuellen Steuersatz unter 25 Prozent hat, erhält über die Einkommensteuererklärung den zu viel gezahlten Betrag zurück. Wer mit seinen Zinseinkünften unter dem Sparerfreibetrag bleibt, zahlt keine Einkommensteuer auf Zinsen.
- Ab 2009 entfällt außerdem die bis dahin geltende einjährige Spekulationsfrist auf Wertpapiere bei privaten Veräußerungsgeschäften. Künftig sind auch Kursgewinne außerhalb der 12-monatigen Frist der Besteuerung zu unterwerfen.
- Das bisherige Halbeinkünfteverfahren, wonach bei Dividenden nur die Hälfte der Erträge zu versteuern ist, entfällt. Dividenden werden künftig voll mit dem Abgeltungssatz besteuert.
- Die fristenunabhängige Veräußerungsgewinnbesteuerung gilt außerdem mit Ausnahme für bestimmte Zertifikate nur für Kapitalanlagen, die nach dem 1. Januar 2009 erworben werden. Eine Veräußerung Ihrer bisher erworbenen Kapitalanlagen unterliegt somit nicht dem neuen Recht.

Die Einbeziehung der privaten Veräußerungsgewinne in die Abgeltungssteuer führt so auch zu einer umfassenderen Besteuerung bei langfristigen Aktienanlagen und Fondssparplänen mit Aktien.

Von der Einführung der Abgeltungssteuer können langfristig orientierte Anleger profitieren. Es trifft zwar zu, dass der Wegfall der Jahresfrist bei der Veräußerungsgewinnbesteuerung -isoliert betrachtet- zu einer steuerlichen Mehrbelastung führt. Dem steht jedoch gegenüber, dass auch Veräußerungsverluste zukünftig außerhalb der Jahresfrist geltend gemacht werden können. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage in Wertpapieren neben einmaligen Veräußerungsgewinnen auch laufende Zinsen und Dividenden anfallen. Die moderate einheitliche Abgeltungssteuer von 25% auf Zinsen, Dividenden und Veräußerungsgewinne wird deshalb für die meisten privaten Kapitalanleger gegenüber dem derzeitigen Recht die attraktivere Alternative darstellen.

Eine Besteuerung realisierter Veräußerungsgewinne entspricht somit grundsätzlich dem Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit. Bei höherer finanzieller Leistungsfähigkeit, beispielsweise bei höheren Einnahmen aus Veräußerungsgewinnen, ist ein entsprechend höherer Beitrag zur Erfüllung der Staatsaufgaben in Form von Steuern zu erbringen. Oder mit anderen Worten: Mit der Veräußerungsgewinnbesteuerung wird die Besteuerungsgerechtigkeit verbessert – ein grundsätzlich sozialpolitisches Ziel. Menschen, die ein hohes Einkommen haben, werden proportional stärker zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben herangezogen als Menschen, die ein geringes Einkommen haben. Das ist ausdrücklich in der Steuergesetzgebung so gewollt und meiner Ansicht nach richtig.

Bei der Einführung der Abgeltungssteuer musste berücksichtigt werden, dass nicht jede langfristige Anlage der Altersvorsorge dient. Bei Fondssparplänen nach dem Investmentsteuergesetz bleibt es dem Anleger weitgehend frei, zu entscheiden, ob und wie viel er jeweils anlegen möchte und ob und wann er die Kapitalanlage wieder veräußern möchte. Die eigenverantwortliche Auswahl von Fonds, die für die langfristige Zukunft einen hohen Gewinn versprechen, setzt ein hohes Maß an Information und Kenntnis des Investmentgeschäfts voraus. Denn die Versuchung, den Sparplan bei zwischenzeitlichen Kursverlusten vorzeitig auszulösen, ist gegeben und auch nachvollziehbar. Insbesondere dann, wenn mit Anleihen spekuliert wird, die eine hohe Rendite versprechen.
Eine steuerliche Besserstellung ist aus diesem Grund nur für Anlageformen gerechtfertigt, die ausschließlich der Altersvorsorge dienen. Für die private Altersvorsorge stehen zertifizierte Altersvorsorgeverträge (Riester-Rente) und die Basisrenten (Rürup-Rente) zur Verfügung. Zertifizierte Altersvorsorgeverträge können in Form einer Rentenversicherung, eines Fonds- oder eines Banksparplans abgeschlossen werden. Die Leistungen aus diesen zertifizierten Altersvorsorgeverträgen werden erst in der Auszahlungsphase nachgelagert besteuert. Während der Ansparphase erfolgt keine Besteuerung von Erträgen und Wertsteigerungen. Auch nach der Einführung der Abgeltungssteuer wird bei der Besteuerung der Riester- und Rürup-Verträge der von der Höhe des zu versteuernden Einkommens abhängige persönliche Steuersatz und nicht der Abgeltungssteuersatz angewendet.

Abschließend möchte ich Sie im Zusammenhang der Unternehmensteuerreform darauf hinweisen, dass eine isolierte Bewertung der Belastung auf der Anteilseignerebene ohne Berücksichtigung der Entlastung auf Unternehmensebene nicht sachgerecht ist.
Selbstverständlich profitiert der Anteilseigner auch von den Entlastungen auf Unternehmensebene; etwa durch einen Substanzgewinn auf Unternehmensebene mit der Folge entsprechender Kursgewinne bzw. durch die Stärkung der Innenfinanzierung.

Wirtschaftlich entscheidend für Sie ist die Gesamtbelastung auf Unternehmens- und Anteilseignerebene. Diese Gesamtbelastung wird von derzeit ca. 53 % in der Spitze auf künftig ca. 48 % um knapp ein Zehntel gesenkt. Auch bei niedrigeren persönlichen Steuersätzen kommt es zu einer fast durchgehend geringeren steuerlichen Gesamtbelastung.

In der Hoffung, Ihre Kritik konstruktiv aufgegriffen zu haben, verbleibe ich mit
freundlichen Grüßen

Ihr Lothar Binding