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Frage von Laura H. •

Frage an Lothar Binding von Laura H. bezüglich Gesundheit

Lieber Lothar Binding,

in den vergangenen Tagen hat sich der Verband der Tabakindustrie selbst aufgelöst. ( http://www.zeit.de/news/artikel/2007/06/29/2330976.xml ) Sie haben selbst erfahren wie mächtig diese Lobby ist. Ist dies jetzt ein Grund zum Aufatmen? Oder wird sich Ihrer Meinung nach nicht viel ändern, da nun die einzelnen Tabakfirmen die Ministerialbürokratie und die Abgeordneten bearbeiten?

Wissen Sie etwas darüber, ob Mitarbeiter von Tabakfirmen in Ministerien (z.B. Gesundheit) sitzen, so wie es wurde von anderen Lobbyisten, etwa der Pharmaindustrie)? http://www.wdr.de/tv/monitor/beitrag.phtml?bid=858&sid=159

Haben Sie schon einmal Einladungen zu Veranstaltungen der Tabaklobby bekommen, und wie verfahren Sie damit?

Viele Grüße
Laura Holzbrink

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Antwort von
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Sehr verehrte Frau Holzbrink,

vielen Dank für Ihre interessanten Fragen. Die Auflösung des vdc, des Verbandes der Cigarettenindustrie, kam auch für mich überraschend. Wir haben im Zuge der politischen Diskussionen für ein Gesetz, das den Menschen vor den Gefahren des Passivrauchens Schutz bieten soll, den vdc in den letzten Monaten als einen sehr Einfluss nehmenden Verband erlebt. Er war immerhin Interessenvertretung einer Branche mit knapp 9.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von zusammen rund 20 Milliarden Euro für seine Produkte. Sicher kommt ein ebenso großer Betrag noch für den damit verursachten Schaden für die Gesellschaft und die Krankheitskosten vieler Menschen hinzu.

Die Auflösung des Verbandes macht deutlich, dass die verfolgten Ziele und Strategien inzwischen von vielen Bürgerinnen und Bürgern durchschaut werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse, sowie die Forderung einer deutlichen Mehrheit von über 70 Prozent der Menschen für einen gesetzlichen Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens, lassen die Argumente einer Lobby, die ein krank machendes Produkt anpreisen soll, verblassen.

Letztentscheidend war sicher der Ausstieg des Marktführers Philip Morris, der sich wohl einerseits nicht mehr ausreichend auf die heutigen Herausforderungen vertreten sah. Andererseits ist dieser Schritt ein Hypertrick: Wenn ich es richtig gelesen habe, ist der größte Zigarettenhersteller aus dem Verband ausgetreten, weil er seine gesundheitspolitischen und jugendpolitischen Ziele dort nicht mehr gut genug vertreten sah. Ist es nicht absurd? Zwei Akteure, die ein giftiges Produkt anpreisen drängeln sich um den ersten Platz bei Gesundheit und Jugend? Hier geht es mal wieder um die gedankliche Verknüpfung positiver Begriffe – Gesundheit und Jugend – mit einem schlechten Produkt. Es geht um eine Verknüpfung in unserem Kopf, um den Weg in die Sucht und es geht um diejenigen, die dafür auch noch Geld bezahlen sollen.

Zu Ihrer Frage, ob sich in Zukunft ohne den vdc viel ändern wird, möchte ich vorausschicken, dass ein Gründungsmotiv von Verbänden ja gerade ist, Synergieeffekte zu nutzen. D.h. die Bündelung von Interessen und die gemeinsame Finanzierung von Werbung und Lobbyarbeit. So lässt sich gewährleisten, einzelnen Anliegen mehr Gewicht zu verleihen. Aus diesem Grund ist zukünftig von einer anderen Situation bei der Tabak-Lobby auszugehen. Das muss allerdings nicht bedeutet, dass wir zukünftig mit weniger Einflussnahme rechnen müssen. Den Medien ist zu entnehmen, dass bis Anfang 2008 sechs Zigarettenhersteller einen neuen Branchenverband ohne Beteiligung des Marktführers Philip Morris anstreben. Außerdem werden die einzelnen Hersteller nun noch flexibler agieren können, um so "getrennt zu kämpfen aber vereint zu schlagen".

Zu Ihrer folgenden Frage: Kenntnis über Beschäftigungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitsministerium (BMG) habe ich nicht. Aus diesem Grund kann ich dazu leider keine Aussage treffen. Allerdings hat sich das BMG sehr engagiert, als es darum ging, uns bei der Gesetzgebung zum Schutz vor Passivrauchen zu unterstützen.

Zu Ihrer abschließenden Frage: Wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen habe auch ich Einladungen zu Veranstaltungen der Tabaklobby erhalten. Vor drei oder vier Jahren habe ich auch eine besucht. Sie war inhaltsleer, kurze nichts sagende Begrüßung, trinken, essen, rauchen. In solchen Fällen genügt mir dies als Erfahrung. Wir bekommen täglich Einladungen zu Veranstaltungen von Verbänden. Viele besuche ich, wenn auch nur kurz, um mir ein möglichst umfassendes Bild machen zu können. Dies verstehe ich als einen Teil meiner Aufgabe, zur Vorbereitung meiner politischen Arbeit im Parlament.

Mit freundlichen Grüßen
Lothar Binding