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Lothar Binding
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Frage von Yvonne B. •

Frage an Lothar Binding von Yvonne B. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Binding,

mit Interesse verfolge ich seit Monaten Ihren Kampf um den Schutz von Nichtrauchern. Inwischen ist klar, dass der überwiegende Teil der Deutschen sich für einen Nichtraucherschutz ausspricht. Zuweilen kann man an unseren Ministerpräsidenten verzweifeln, da sie doch offensichtlich nicht in der Lage sind, eine einheitliche Regelung zu treffen.
Bestehen bezüglich des von Ihnen geplanten Gruppenantrags überhaupt noch Aussichten auf Erfolg?
Für Ihre zukünftige Arbeit, Herr Binding, wünsche ich Ihnen viel Energie und Durchhaltevermögen!

Mit freundlichen Grüßen, Yvonne Bender

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Antwort von
SPD

Liebe Frau Bender,

vielen Dank für Ihre freundliche Mail. Nachfolgende Antwort geht auf meine Zwischeninformation zurück, die ich meinen vielen Mailpartnern zu diesem Thema sende.

Leider haben sich meine Befürchtungen, dass die Ministerpräsidenten der Länder den guten Vorschlägen ihrer Gesundheitsminister nicht folgen werden, bestätigt. Wir sprechen allgemein von Flickenteppich, weil in vielen Ländern von dem Grundsatz, dass in öffentlichen Gebäuden und in Gaststätten nicht geraucht werden soll, Ausnahmen vorgesehen werden. Diese Ausnahmen führen meines Erachtens zu großen Akzeptanzproblemen, weil Bürgerinnen und Bürger ihr Verhalten ständig den unterschiedlichen Regelungen anpassen müssen. Gesundheits- und Arbeitsschutz können nicht in Abhängigkeit bestimmter Räumlichkeiten beziehungsweise bestimmter Tätigkeiten gesehen werden. Vorbeugender Gesundheitsschutz darf an der Ländergrenze nicht Halt machen.

Ich bin froh, dass trotz der kaum erträglichen Ausnahmeregelungen ein guter Schritt weiter gegangen wird. In Baden-Württemberg scheint es sogar zu einer recht guten Lösung zu kommen. Gleichwohl müssen wir natürlich weiter an dem Thema arbeiten. Der Föderalismus erweist sich als probates Mittel zur Verhinderung guter Lösungen. Die Pflege landestypischer Eigenheiten, Schönheiten und Vielfältigkeit stehen in einem Spannungsverhältnis zur Notwendigkeit, bestimmte Regeln auch bundeseinheitlich zu erlassen; daher ist es wohl noch ein längerer Weg bis zu einer klugen Lösung im Gesundheitsschutz. Deshalb bin ich sehr froh, dass unsere zuständigen Gesundheitspolitikerinnen, allen voran meine Kolleginnen Dr. Carola Reimann, Dr. Margrit Spielmann, Sabine Bätzing und Dr. Marlies Volkmer so intensiv daran arbeiten. Ich kümmere mich ergänzend um dieses Thema, weil das Deutsche Krebsforschungszentrum, zu dem ich enge Kontakte pflege, in meinem Wahlkreis liegt. Wir, meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitsausschuss und ich, überlegen nun, welche Möglichkeiten das Parlament auf Bundesebene hat. Es muss darum gehen, die seitens der Bundesregierung angestrebten Regelungen für öffentliche Räume im Zuständigkeitsbereich des Bundes so weiterzuentwickeln, dass es zu einer vernünftigen bundeseinheitliche Lösung kommt.

Natürlich könnten wir unseren Gruppenantrag auf die Tagesordnung setzen, eine Namentliche Abstimmung beantragen und hoffen, dass er eine Mehrheit findet und die Regierung alles mitträgt. Da aber die Verfassungsressorts, das BMI und das BMJ, die Bundeszuständigkeit bestreiten, ist es klüger, zunächst hier noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir werden dabei von kompetenten Verfassungsrechtlern unterstützt.

Gegenwärtig halte ich es somit nicht für sinnvoll, diesen Schritt zu gehen, auch deshalb, weil wir nicht sicherstellen können, dass ausreichend viele Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Fraktion einen solchen Antrag unterstützen würden. Unsere weiteren Handlungsoptionen würden dadurch zunichte gemacht. Denn der 1. Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Norbert Röttgen, hat in einem Rundschreiben die CDU/CSU-Fraktion aufgefordert, diesen Antrag nicht zu unterstützen. Hier gibt es offensichtlich noch große Überzeugungsarbeit zu leisten, um eine Koalitionsmehrheit zu finden. Außerdem scheint es mir sinnvoll, zunächst abzuwarten, was die Länder nun wirklich konkret regeln. Es ist ja nicht auszuschließen, dass Länderparlamente ihren Gesundheitspolitikern folgen und nicht den Ministerpräsidenten. Nachdem, sofern die Berichterstattung korrekt ist, nun deutlich wurde, dass z.B. Ministerpräsident Wulff engere Kontakte zur Tabaklobby pflegt als ich mir hätte träumen lassen, hoffe ich umso stärker auf die Parlamente.

Als Reaktion auf den Beschluss der Bundesregierung und die schlechten Ergebnisse der Ministerpräsidentenrunde hat die Bundestagsfraktion der Grünen im März 2007 einen Antrag in den Bundestag eingebracht. Dieser Antrag sieht vor, die Arbeitsstättenverordnung an die Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes anzupassen. Es wird gefordert, dass ausnahmslos an allen Arbeitsstätten ein Rauchverbot gilt. Das wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Außerdem hat die Bundesregierung auf der Grundlage der Arbeitsstättenverordnung unbestritten Handlungskompetenz. Probleme gäbe es z.B. noch mit inhabergeführten Gaststätten ohne sonstige Bedienung. Solche Abgrenzungsprobleme treten immer dann auf, wenn man den eigentlich vernünftigen Anknüpfungspunkt im Grundgesetz verlässt: den vorbeugenden Gesundheitsschutz. Nach meiner Ansicht gibt es auch weitere gute Gründe für die Zuständigkeit des Bundes, denn die konkurrierende Gesetzgebung erstreckt sich nach Artikel 74 GG auf das Recht der Gifte ebenso wie auf das Recht der Genussmittel. Unsere Verfassung bietet dem Bund also die Möglichkeit, die Gesetzgebungskompetenz für sich in Anspruch zu nehmen. Die Zuständigkeitsfrage wird uns sicher noch länger beschäftigen.

Warum ich das Vorgehen der Grünen kritisch betrachte, liegt darin begründet, dass auch dieser Antrag nach den heutigen Mehrheitsverhältnissen im Bundestag nur eine sehr geringe Chance haben wird, erfolgreich zu sein. Dieser Antrag ist dadurch, dass er von der nicht mehrheitsfähigen Opposition im Alleingang eingebracht wurde, gegenwärtig aus den oben beschriebenen Gründen nicht konstruktiv. Wir werden erneut versuchen, mit Vertretern aller Fraktionen ein gemeinsames Vorgehen zu vereinbaren. Dabei gehört es zum guten Stil, zunächst mit dem Koalitionspartner das Gespräch zu suchen.

Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass es sich lohnt, an diesem Thema weiter zu arbeiten. Die enorme Belästigung, die merklichen Risiken für Raucher und Passivraucher, das große Leid in Folge von Tabakkonsum und last but not least unser Wille, den Niedersachsen nicht schlechter zu schützen als den Baden-Württemberger, sind gute Gründe sich weiterhin zu kümmern. Apropos kümmern: ein schönes Beispiel, wie sich ein Land um dieses Thema kümmert, ist unter http://www.smokefreeengland.co.uk/ zu finden. Dort gibt es einen „smoke free count down“ – heute z.B. „89 days remaining“, weil es in England ab dem 1. Juli 2007 soweit ist.

Aber wir haben nicht nur Unterstützung. Die Zahl der Gegner ist gering, aber ihre Sprache und Aktionen sind recht aggressiv, manchmal primitiv. Eine unserer Stärken muss gleichwohl bleiben, uns nicht auf dieses Niveau zu begeben. Außerdem sind die meisten Raucher selbst sehr verständnisvoll und kooperativ; viele unterstützen unser Anliegen. Deshalb gilt es auch Pauschalurteile abzuwehren. Es gibt aber auch eine Kampagne „22 Millionen Raucher wehren sich“. Dort kann man auf einer Website einen vorgefertigten Text ohne eigenen gedanklichen Beitrag als „Postkarte“ abschicken.

Etwa 600 Postkarten habe ich per Mail erhalten. Einige Absender habe ich angerufen und nicht schlecht gestaunt, wie wenig Gedanken sich einige Menschen machen, bevor sie an einer solchen Kampagne teilnehmen.

In der Hoffnung, mit meiner Antwort Ihrem Anliegen gerecht geworden zu sein, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Binding