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Frage von Torsten V. •

Frage an Lothar Binding von Torsten V. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,

auch ich habe Fragen zu der Änderung des Einkommensteuergesetzes zu der beschränkten Verlustverrechnung von Termingeschäften (explizit nicht gemeint die Regelungsänderungen zu Totalverlusten).

Eine Anfrage bei der CDU ergab, dass dieser Passus ein ausdrücklicher Wunsch der SPD gewesen sei.

Aus Ihrer bisherigen Ausführungen entnehme ich, dass Sie Termingeschäfte in Gänze als eine Art "Teufelszeug" betrachten, dass für Privatanleger ungeeignet sei. Zwar ist es möglich, an Terminmärkten mit hohem Hebel zu spekulieren und entsprechende Risiken einzugehen. Genauso ist es allerdings möglich, Strategien mit geringerem Risiko als am Aktienmarkt einzugehen oder ein bestehendes Aktiendepot ganz oder teilweise abzusichern.

Meiner persönlichen Einschätzung nach wirkt das Gesetz ideologisch getrieben. Ich habe durchaus Sympathie dafür, dass Politiker wie Sie mit Herzblut für Ihre - auch ideologische - Überzeugung kämpfen - selbst dann, wenn wir inhaltlich sicherlich unterschiedliche Auffassungen haben. Ich bin auch nicht per se gegen alle staatliche Eingriffe in die Freiheit der Geldanleger. Die Intention eines Schutzes von Privatanlegern durch ein Verbot einer unbegrenzten Nachschusspflicht bei CFDs kann ich persönlich verstehen.

Aus meiner Sicht verkennt das Gesetz jedoch, dass Privatanleger Termingeschäfte sehr unterschiedlich einsetzen können. Wenn ich für mein Eigenheim eine Feuerversicherung abschließe, bin ich doch kein Spekulant, der darauf setzt oder hofft, dass mein Haus abbrennt. Aber wenn mir das doch passiert, habe ich zumindest einen Ausgleich für meine finanziellen Schäden.

Ebenso bei einer Absicherungsstrategie: Eine Absicherung des Depots geschieht doch gerade nicht, weil ich auf fallende Kurse spekuliere, sondern um für diesen Fall einen adäquaten Ausgleich an anderer Stelle zu haben.

Warum gestalten Sie ein Gesetz, welches auch die Handlungsoptionen defensiver Anleger derart einschränkt?

Freundliche Grüße

T. V.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Vetter,

vielen Dank für Ihre Frage: In der Beurteilung von CFDs liegen wir dicht beieinander. Zwar muss dabei, ähnlich den Termingeschäften, eine Margin, eine Sicherheit, hinterlegt werden, insgesamt finden wir uns aber durch Hebeleffekt und fehlender Laufzeitvereinbarung in einem hoch spekulativen Raum, den Privatanleger nur selten betreten (sollten). Das sollten ist in Ihrer Terminologie natürlich „ideologisch“. Was mich in Ihrer Frage freut, dass Sie ideologisch nicht a priori negativ bewerten.

Ihr Beispiel mit der Feuerversicherung gefällt mir gut. Sie schreiben: „Wenn ich für mein Eigenheim eine Feuerversicherung abschließe, bin ich doch kein Spekulant, der darauf setzt oder hofft, dass mein Haus abbrennt. Aber wenn mir das doch passiert, habe ich zumindest einen Ausgleich für meine finanziellen Schäden.“

Nun versetzen Sie sich in die Rolle der Versicherung und dann in die Rolle der Versichertengemeinschaft. Sie erklären, dass Sie im Wohnzimmer nicht regelmäßig, aber doch gelegentlich, rein privat kleine Feuerspiele, und weil sie per Feuerversicherung ja abgesichert sind, auch schon mal größere Feuerspiele machen. Nicht direkt in der Nähe der Gardinen (CFDs), mehr so in der Mitte – immer auf dem Teppich bleiben. Und eins glaube ich Ihnen und die Versicherung auch, dass Sie nicht darauf setzen oder hoffen, dass Ihr Haus abbrennt. Sie wollen ja auch nicht, dass Ihr Haus abbrennt, Sie wollen ja nur ein wenig mit dem Feuer spielen. Und Sie wollen auch nicht die Versicherung schädigen, sondern lediglich „einen Ausgleich für meine finanziellen Schäden“. Wenn Sie sich jetzt an Ihre Rolle als Versicherung oder Versichertengemeinschaft erinnern – können Sie dann nachvollziehen, warum die Feuerversicherung in Ihrem Fall (nicht in Ihrer Rolle) den Ausgleich für Ihre finanziellen Schäden drastisch begrenzt?

Wenn Sie dagegen professioneller Schweißer sind, in Ihrer Werkstatt für Ihre Kunden die schönsten Sachen zusammenschweißen, bei der Versicherungsprämie (die Betriebsausgabe) etwas tiefer in die Tasche greifen, werden die Versicherung und die Versichertengemeinschaft Ihr betriebliches Risiko, das der Notwenigkeit Ihres Unternehmenszwecks folgt, gern versichern. Dazu hat die Versicherung Versicherungsmathematik gelernt.

Sie schreiben noch: „Eine Absicherung des Depots geschieht doch gerade nicht, weil ich auf fallende Kurse spekuliere, sondern um für diesen Fall einen adäquaten Ausgleich an anderer Stelle zu haben.“ Ich denke das kommt darauf an, wer „ich“ ist. Um es kurz zu machen: Kaufen Sie eine Put Option hoffen Sie auf fallende Kurse – oder nicht? In diesem Fall sichern Sie sich via Stillhalter ab, der auf steigende Kurse hofft. Kaufen Sie eine Call Option, hoffen Sie auf steigende Kurse und Ihr Stillhalter auf fallende Kurse. „Ausglich an anderer Stelle“ heißt einfach, dass der eine gewinnt, was der andere verliert.

Ergänzend: In dieser Koalition wird nur etwas beschlossen, wenn alle drei Fraktionen zustimmen. Ansonsten stimmt das Zitat vom 11. Mai 2000: „Wenn in Deutschland die Sonne lacht, hat's die CDU gemacht. Gibt es winters Eis und Schnee, war's die böse SPD."

Bitte lesen Sie ergänzend auch meine Antworten auf Fragen bei abgeordnetenwatch zum gleichen Thema.

Viele Grüße, Ihr Lothar Binding