Frage an Lothar Binding von Martin K. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Binding,
da ich in der Buchhaltung nicht so sehr bewandert bin, habe ich folgende Frage zu ihrer Drucksache BT-19/15876.
Warum geht der Gesetzgeber davon aus, dass bei einem Privatanleger ein Verlust von 100% anders zu bewerten ist wie ein Verlust von 101%?
Hintergrund:
Privatanleger A kauft ein Zertifikat für 97€ und zahlt Transaktionskosten von 3€. Er hat die Lage falsch eingeschätzt oder hat das Zertifikat zur Absicherung seines restlichen Aktiendepot gekauft. Das Zertifikat verliert immer mehr an Wert und steht zum Schluss bei 0€.
Privatanleger B kauft das gleiche Zertifikat für 97€ und zahlt die gleichen Transaktionskosten von 3€. Er wartet allerdings nicht bis das Zertifikat bei 0€ steht und verkauft es für 2€. Dafür muss er erneut 3€ Transaktionskosten zahlen.
Nun halten die meisten die Prozentrechnung für höhere Mathematik und ich habe nur eine mittlere Reife, aber wenn ich davon ausgehe, dass Privatanleger A einen Verlust von 100% erlitten hat, dann hat Privatanleger B doch einen Verlust von 101% erlitten, oder?
Mit freundlichen Grüßen
M. K.,
ein verwirrter Privatanleger
Sehr geehrter Herr K.,
Verluste aus dem Ausfall von im Privatvermögen gehaltenen Kapitalforderungen, konnten bisher steuerlich nicht geltend gemacht werden. Dies entspricht dem Grundsatz das Erträge/Verluste aus der Kapitalnutzung steuerlich berücksichtigt werden, Wertänderungen am Kapitalstamm aber unbeachtlich sind. Die Rechtsprechung des BFH zwingt nunmehr zu einer Abkehr von diesem Grundsatz. Durch die jetzt getroffene Regelung wird eine beschränkte Verlustverrechnung zugelassen. Die Verluste aus dem Ausfall von Kapitalforderungen, etwa einer wertlos geworden Aktie, werden insoweit anerkannt, dass sie mit Einkünften aus Kapitalvermögen bis zur Höhe von 10.000 € ausgeglichen werden. Nicht verrechnete Verluste können auf die Folgejahre vorgetragen und jeweils in Höhe von bis zu 10.000 € mit Einkünften aus Kapitalvermögen verrechnet werden.
Wie Sie sehen ist in diesem Kontext sogar eine Verbesserung für sie eingetreten. In der Vergangenheit konnten Verluste aus wertlosen Kapitalanlagen überhaupt nicht geltend gemacht werden dies ist nun in beschränktem Umfang möglich.
Mit freundlichen Grüßen,
Lothar Binding