Frage an Lothar Binding von Jochen B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Binding,
meine Frage betrifft den Zusammenhang von Klima/Umwelt, Verkehr und Finanzen/Steuern.
Gerade habe ich meinen Steuerbescheid für mein neues Auto bekommen. Und gerade lese ich die Schlagzeile vom “Klimafreundlichen Steuerrecht ab 2020”. Leider ist das wohl ein Witz.
Ich habe bewusst ein größeres, schwereres, spritschluckendes Auto gegen ein kleineres, leichteres, sparsameres Auto getauscht. Die reale Benzineinsparung liegt bei 25 – 30%.
Da der CO2 Ausstoß direkt proportional zum Verbrauch ist emittiere ich somit auch 25 – 30% CO2 weniger. Von diesem Wert kann Deutschland nur träumen, was die CO2-Verringerung im Verkehrssektor betrifft. Wenn viele Autofahrer so handeln würden gäbe es endlich reale Fortschritte.
Doch als Dank dafür bezahle ich nun statt der eigentlich avisierten 111 Euro Kfz-Steuer (2019er Modell) einen Betrag von 182 Euro (Modell 2020), obwohl sich an dem Auto nichts geändert hat, nur das Messverfahren.
Das ist mehr als ich für meinen bisherigen Spritschlucker bezahlen musste, und mehr, als für Millionen Autos mit deutlich schlechterer Umweltbilanz bezahlt werden muss.
Sind Sie der Meinung, dass das sechste Gesetz zur Änderung des Kfz-Steuergesetzes klimafreundlich und gerecht ist, wenn modernere und sparsamere Autos bestraft werden?
Bitte erklären Sie mir deshalb, was Sie unter klimafreundlicher Steuerpolitik verstehen, und warum man dabei für den Wechsel auf ein umweltfreundlicheres Auto bestraft und schlechter gestellt wird? Wie soll damit für die Bürger ein Anreiz geschaffen werden, zugunsten der Umwelt zu verzichten?
Danke für Ihr Bemühen. Viele Grüße J. Bonitz
Sehr geehrter Herr Bonitz,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Kfz-Steuer bemisst sich bereits seit dem 1. Juli 2009 auch nach dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid. Mit dem von Ihnen angesprochenen Sechsten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes, das wir in der letzten Legislaturperiode verabschiedet haben, wurde als einheitlicher Stichtag der 1. September 2018 festgelegt, nach dem sich die Kohlenstoffdioxidemission für die Kfz-Steuer nach dem neuen Messverfahren WLTP richten soll. Dieses Messverfahren wurde auf EU-Ebene verbindlich für die Messung der Kohlenstoffdioxidemission von Autos vorgeschrieben. Zwingende Folge war die Bemessung der Kfz-Steuer nach den Werten nach WLTP. Weil die Hersteller Übergangsvorschriften für die Umstellung auf WLTP in Anspruch nehmen konnten, wäre für die Kfz-Steuer in dem Übergangszeitraum kein einheitliches Verfahren mehr zur Anwendung gekommen. Deswegen haben wir mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes den einheitlichen Stichtag 1. September 2018 festgelegt. Damit haben wir für Rechts- und Planungssicherheit gesorgt.
Das Verfahren WLTP führt zu deutlich realistischeren Werten als das vorherige Verfahren („NEFZ“). Eine höhere Kfz-Steuer war aber ausdrücklich nicht unsere Intention. Vor dem Hintergrund, dass sich die Kfz-Steuer nach dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid bemessen soll, ist es aber sachgerecht, dass hierfür realitätsgerechte Werte zugrunde gelegt werden. Das steht im Übrigen im Einklang mit den Klimazielen der Bundesregierung, denn die Bemessung der Kfz-Steuer sollte sich am realen Kohlenstoffdioxidausstoß bemessen, und nicht anhand realitätsferner Messwerte.
Ungeachtet dessen finde ich es natürlich misslich, dass in Ihrem Fall nicht das erwartete günstigere Ergebnis herauskam. Leider lassen sich solche Fälle bei Stichtagsregelungen nicht immer vermeiden. Letztlich veranschaulicht Ihr Fall aber auch, dass manche Hersteller die bestehenden Spielräume des alten Messverfahrens NEFZ stark ausgereizt haben.
ich hoffe, meine Antwort hilft Ihnen einen Schritt weiter.
Mit freundlichen Grüßen