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Frage von Juergen E. •

Frage an Lothar Binding von Juergen E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Binding.

S Aust von der WELT hat den Text des UN Migrationspakts folgendermassen interpretiert (Zitat von G Steingart Newsletter vom 26.11.18)

1. „Der UN-Migrationspakt verzaubert wie mit Aladins Wunderlampe illegal Zugereiste in legale Einwanderer mit vollem Zugriffsrecht auf die Leistungen des Sozialstaats.“

2. „Der Lockruf des Geldes dürfte nachhaltige Folgen haben: auf die Zahl der Zuwanderer und damit auch auf die Stabilität des Sozialstaates.“

3. „Der Pakt geht von einer Gleichrangigkeit der Sitten und Gebräuche aus. Er unterschlägt die Realität der gegenwärtigen Migration und ihrer Schattenseiten.“

4. „Die Rechte der Bevölkerung eines Zielstaates spielen praktisch keine Rolle.“

5. „Die Sogwirkung des Papiers dürfte mindestens so groß sein wie die der Willkommenskultur im Herbst 2015.“

Nun, wichtige Staaten wie USA, Australien, China...aber auch Europäer wie Österreich, Ungran und viele andere Staaten werden diesen Pakt nicht unterschreiben

1. Warum pocht die SPD so vehement darauf, diesen Pakt zu unterschreiben der nach Hrn Austs Zusammenfassung nur Nachteile fuer Deutschland hat?

2. Wo ist der Vorteil fuer den deutschen Steuerzahler, z.B. indem noch mehr Migranten nach D kommen?
Die SPD hat im Frühjahr '18 stark fuer den Familiennachzug von Gefährdern geworben (https://www.focus.de/politik/deutschland/kommentar-spd-will-familiennachzug-fuer-gefaehrder-dieser-partei-ist-nicht-mehr-zu-helfen_id_8902907.html).
Für mich ein weiterer Punkt fuer die Verluste bei den letzten Wahlen.

3. Könnte sich die SPD vorstellen, den Pakt in den nächsten Monaten zu überarbeiten und im Bundestag im Detail zu diskutieren (und damit Anfang Dezember nicht zu unterschreiben) aber nicht zu unterschreiben. Damit verhindern wir eine Verpflichtung jeglicher Art fuer den deutschen Steuerzahler

4. Wie ist der Plan der SPD die ca 234.000 Ausreisepflichtigen in ihre Heimat zu senden (Aussage S Mayer BMI vom 8.11.18 im Bundestag)

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr E.,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum UN Migrationspakt. Natürlich steht es im Belieben von Herr Aust, Texte richtig oder falsch zu interpretieren. Deshalb empfehle ich stets in den Originaltext zu schauen, um sich ein eignes Urteil zu bilden. Da der Text recht lang ist, zitiere ich ihn hier nicht, Sie finden ihn aber leicht im Web. In den Zitaten von Ihnen verbergen sich viele Irrtümer und Fehlinterpretationen, auch Unterstellungen. Um ein Beispiel zu nennen: „Die Rechte der Bevölkerung eines Zielstaates spielen praktisch keine Rolle“. Dass dies nicht stimmen kann, versteht sich von selbst, denn auch mit dem Packt wird z.B. unser Rechtsstaat, unser Rechtssystem weiterhin bestehen.

Der UN Migrationspakt ist eine Möglichkeit globale Migration endlich weltweit zu regeln. Und sicher leuchtet schnell ein, dass Flüchtlinge weniger weit fliehen und nahe ihre Heimat bleiben, je besser es ihnen nahe der Heimat geht.

Um rechtsextreme Kräfte zu beruhigen, wird oft betont, dass der Packt für die unterschreibenden Länder, keine rechtlich bindende Übereinkunft darstellt (Nummer 7). Bei so vielen unterzeichnenden Ländern ist das nicht verwunderlich. Ich finde das allerdings schade. Aber auch in dieser Form hat der UN Migrationspakt eine große Bedeutung. Schauen Sie auf die UN Menschenrechtskonvention, eine ähnlich Konstruktion, die im Verlauf der Jahrzehnte eine sehr große Bedeutung erlangt hat.

„Keine rechtlich bindende Übereinkunft“ ergibt sich schnell aus folgender Bekräftigung: „das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln. Innerhalb ihres Hoheitsbereiches dürfen die Staaten zwischen regulärem und irregulärem Migrationsstatus unterscheiden, einschließlich bei der Festlegung ihrer gesetzgeberischen und politischen Maßnahmen zur Umsetzung des Globalen Paktes, unter Berücksichtigung des verschiedenen nationalen Realitäten, Politiken, Prioritäten und Bestimmungen für Einreise, Aufenthalt und Arbeit und im Einklang mit dem Völkerrecht.“ (Nummer 15 c)

Der Pakt soll insbesondere irreguläre Migration bekämpfen, in dem grenzüberschreitend Menschenhandel und Schleuser bekämpft werden, sowie die Zusammenarbeit an den Grenzen verbessert wird.

Durch die Unterzeichnung des UN Migrationspaktes entstehen dem deutschen Steuerzahler keine verpflichtenden Kosten. Alle Leistungen, die Asylbewerber*innen in Deutschland erhalten, sind bereits jetzt gesetzlich in Deutschland geregelt. Eine Unterzeichnung ändert daran nichts. Vielmehr dient der Pakt der Sicherstellung solcher Leistungen auch in anderen Ländern. Von den negativen Auswirkungen, die Herr Aust sieht, kann ich daher nichts erkennen. Zusätzlich haben die Regierungsfraktionen einen gemeinsamen Antrag in den Bundestag eingebracht, der diese Woche beschlossen werden soll. Darin fordern sie die Bundesregierung auf „weiterhin sicherzustellen, dass durch den GCM (Abkürzung für den Migrationspakt) die nationale Souveränität und das Recht Deutschlands, über seine Migrationspolitik selbst zu bestimmen, nicht beeinträchtigt werden.“ Das halte ich für Überflüssig, aber auch im Bundestag gibt es ängstliche Gemüter. Manchmal wird es auch absurd, wenn z.B. eine Fraktion im Bundestag eine Petition an den Bundestag initiiert, also quasi an sich selbst… denn wer im Bundestag sitzt muss ja nicht an sich appellieren, er kann das ja in jedem Ausschuss, im Plenum, durch Einbringung von Gesetzen… dafür werden wir ja gewählt.

Ferner „Der Deutsche Bundestag stellt vor diesem Hintergrund fest, dass der Bundestag rechtsändernde oder rechtssetzende Entscheidungen zur Migration trifft.“ Es bleibt dabei, dass durch den Migrationspakt keine, nicht schon für Migrant*innen und Asylbewerber*innen bestehenden Rechte, eingeführt werden.

Die SPD und die SPD Fraktion erheben schon lange die Forderung durch ein Einwanderungsgesetz reguläre Migration zu ermöglichen, aus humanitären Gründen und um so z.B. dem Fachkräftemangel in Deutschland zu begegnen Nach langer Diskussion mit der Union ist dieses Gesetz nun endlich auf dem Weg.

Ausreisepflichtige Asylbewerber*innen, die keinen Aufenthaltstitel haben, müssen unser Land verlassen. Die SPD unterstützt dabei insbesondere Maßnahmen der freiwilligen Rückkehr. Allerdings klingt dies einfacher als es meist ist. Das musste auch Seehofer lernen, der oft genug den Mund zu voll genommen hat. In einem Rechtsstaat steht es Ausreisepflichtigen natürlich frei, gegen einen Ablehnungsbescheid Widerspruch einzulegen. Erst nach Bearbeitung dieses Widerspruches kann die Ausreise weiterverfolgt werden. Eine Abschiebung kann nur erfolgen, wenn ihr keine tatsächlichen oder rechtlichen Gründe entgegenstehen. Dies kann neben einem Widerspruch, einem anderen inlandsbezogenen Vollstreckungshindernis, auch ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot sein. Tatsächliche Gründe können Reiseunfähigkeit durch Krankheit, fehlende Papiere, kein Verkehrsweg ins Zielland oder eine Annahmeverweigerung durch das Zielland sein. In diesen Fällen wird eine Duldung ausgesprochen. Eine Duldung bescheinigt dabei nur, dass die Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist.

Hoffentlich hilft Ihnen meine Antwort so viel weiter, dass Sie sich vor Fehlinterpretationen und Angstmachern schützen können. Aber auch um meine Aussagen zu überprüfen, lohnt sich der Blick in den Originaltext.

Mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding