Frage an Lothar Binding von Axel W. bezüglich Recht
"Die Welt" berichtete am Mittwoch, dass ein Entwurf des SPD Wahlprogrammes vorsieht, straffällige Ausländer nach Abbuße ihrer Strafe abzuschieben, sowie eine allgemein härtere Einwanderungspolitik zu betreiben:
https://www.welt.de/politik/deutschland/article164628751/SPD-will-straffaellige-Auslaender-unverzueglich-abschieben.html
So wie viele meiner Bekannten, erfüllt auch mich der derzeitige Rechtsruck der westlichen Welt mit Besorgnis und ich möchte, dass Deutschland die Gelegenheit der Bundestagswahl 2017 nutzt, zu zeigen, dass es auch anders geht. Damit sind genau diese Fragen dieses Jahr für mich und viele meiner Bekannten wahlentscheidend; eine Partei, die obige Vorhaben in ihrem Wahlprogram hat, wird es schwierig bis unmöglich finden, unsere Stimmen zu erhalten.
Meine Frage ist also, was Ihre Meinung insbesondere zu dem konkreten Vorhaben der Abschiebung krimineller Ausländer ist und ob Sie sich inner- und ausserpeiteilich dagegen einsetzen werden, selbst wenn das der Parteilinie widersprechen würde.
Sehr geehrter Herr Wagner,
vielen Dank für Ihre Frage. Die von Ihnen erwähnte Formulierung aus dem vorläufigen Entwurf bleibt sicher nicht so im Programm der SPD. Im Bundesvorstand der AG 60 plus, dem ich angehöre, wurde schon ein Änderungsvorschlag erarbeitet, der eine solche Formulierung nicht enthält.
Zum Thema Einwanderungsgesetz vergleichen Sie bitte unseren Gesetzesentwurf. Daran lässt sich erkennen, wie wir uns Einwanderung vorstellen. Für mich gehören Formulierungen wie „härtere Einwanderungspolitik“ in den Kontext von Hasspredigern und Islamist*innen, denn da werden Toleranzschwellen überschritten und auch meine Toleranz gepaart mit Empathie geht gegen Null. Allerdings gilt gleichwohl der Rechtsstaat.
Den „Rechtsruck der westlichen Welt“ sehe ich auch „mit Besorgnis“. Allerdings identifiziere ich ähnliche Tendenzen bei unseren näheren und ferneren östlichen Nachbarn. Natürlich kann die Antwort nicht sein… selbst nach rechts zu rücken. (Aber Hasspredigern oder Terroristen mit den Mitteln des Rechtsstaats zu begegnen würde ich auch nicht mit Rechtstendenz gleichsetzen, wie es gelegentlich (nicht bei Ihnen) geschieht).
Was allerdings CDU/CSU machen, befördert den Rechtsruck ganz maßgeblich. Als es noch Zeit war in den Flüchtlingslagern und den Kriegsgebieten zu helfen, war die schwarze Null wichtiger. Ebenso haben wir die Griechen, Italiener und auch Melilla allein gelassen, die Mittel für den UN Health Care wurden sogar noch gekürzt… wir hatten Dublin. Diese „Sparsamkeit“ war ein Fehler. Und als dann „plötzlich“ tausende Flüchtlinge an der ungarischen Grenze stecken blieben, kamen Spuren von Hilfsbereitschaft auf. Plötzlich hat die Kanzlerin einseitig Dublin außer Kraft gesetzt, die Deutschen Behörden, Einwanderungsbehörden, die Polizei, das BAMF überfordert - es kam zu gravierenden Kontrollverlusten. Und unkontrollierte Einwanderung, chaotische Zustände in den Erstaufnahmen etc. erschüttern das Vertrauen in die staatlichen Institutionen… und viele rufen nach dem „starken Staat“. Ganz abgesehen davon haben wir uns damit auch einen Bärendienst in Europa erweisen, in vielen Fragen steht Deutschland seither besonders allein.
Deshalb ist der programmatische Ansatz der SPD in der weltweiten Armutsbekämpfung, also prophylaktisch, der gesetzlich geregelten Einwanderung, also rechtsstaatlich und mit dem Maßstab der Humanität zu sehen.
Hoffentlich hilft Ihnen meine Antwort ein Stück weiter.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding