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Frage von Claudia S. •

Frage an Lothar Binding von Claudia S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Es sieht so aus, dass das TTIP-Abkommen druchgedrückt werden sollte, was auch immer da komme und die EU-Beauftragte Malmström scheint den Bundestagsabgeordneten signalisiert zu haben, dass diese wohl wenig zu melden haben. Wie sich mittlerweile herausstellt, ist die Schiedsgerichtsbarkeit nur eine von vielen sehr bedenklichen Regelungen deren jede einzelne meiner Meinung nach eine Ablehnung rechtfertigen würde. Seriöse Untersuchungen zeigen, dass die positiven wirtschaftlichen Effekte auch langfristig nur marginal wären. Die Gefahren, die durch TTIP auf unser Rechtssystem, unsere wirtschaftliche Ordnung, unsere Bürgerrechte und unser Demokratische Ordungung sind demgegenüber exorbitant. Werden Sie sich Herrn Gabriel, der ja eher TTIP zugeneigt ist entgegen stellen und gegen TTIP aktiv kämpfen, weil es für Ihre Bürger ein wichtiges Thema ist?

mit freundlichen Grüssen
Claudia Skroch

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Skroch,

vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst möchte ich Sie fragen, auf welche Grundlage Sie Ihre Fragen und Bemerkungen beziehen?

Bitte lesen Sie auch meine Antwort aus dem Mai 2014 unter:

http://www.abgeordnetenwatch.de/lothar_binding-778-78033--f421114.html#q421114

und eine weitere
Antwort aus dem Juli 2015:

“Sie fragen weiterhin, ob ich TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) und CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) befürworte. Ich bekomme viel Post zu diesen beiden Themen. In vielen Briefen werde ich um Zustimmung zu TTIP und CETA - nehmen Sie auch TiSA (Trade in Services Agreement) noch hinzu - gebeten. Wachstum, Arbeitsplätze, Freihandel etc. sind die Argumente. In vielen anderen Briefen werde ich um Ablehnung gebeten. Die Argumente sind die Schiedsgerichtsbarkeit, die Privatisierung der Kultur und z.B. die Übermacht der USA im nichttarifären Bereich. Es wird viel spekuliert…

Deshalb meine Antwort: Wenn sich alle Hoffnungen der Befürworter bestätigen, stimme ich zu. Wenn sich alle Befürchtungen derjenigen Bürgerinnen und Bürger, die mich auffordern abzulehnen, bestätigen, lehne ich ab. Das entscheide ich endgültig, wenn entscheidungsreife Vorlagen den Bundestag erreichen.“

Soweit meine Antwort aus dem vergangenen Jahr. An meiner Position hat sich nichts geändert, denn mir ist der zu beschließende Textvorschlag des Abkommens noch nicht bekannt. Da es einige Bürgerinnen und Bürger gibt, viele die sich auch einfach vorgefertigter Texte von Lobbyplattformen bedienen, die ähnlich fragen wie Sie, möchte ich Ihren Text nachfolgend ein wenig kritisch hinterfragen:

Sie schreiben: „Es sieht so aus dass das TTIP-Abkommen durchgedrückt werden sollte, was auch immer da komme…“ Woraus schließen Sie dies?

Sie schreiben weiter: „… und die EU-Beauftragte Malmström scheint den Bundestagsabgeordneten signalisiert zu haben, dass diese wohl wenig zu melden haben.“ Ich war in einem Gespräch mit EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und dort konnte dieser Eindruck nicht entstehen. Es wäre doch von ihr auch einigermaßen ungeschickt so vorzugehen - oder? Sie schreiben ja auch: „scheint“. Deshalb wäre es von Vorteil Sie würden Ihre Quelle ganz offen nennen, damit ich verstehen kann warum der Bundestag „wenig zu melden haben“ soll. Dann könnte ich auch dagegen vorgehen, denn der Bundestag muss m.E. entscheiden.

Ihre Bemerkung zur Schiedsgerichtsbarkeit teile ich - aber wo steht denn die Passagen auf die Sie sich beziehen?

Sie schreiben: „Seriöse Untersuchungen zeigen, dass die positiven wirtschaftlichen
Effekte auch langfristig nur marginal wären.“ Nach meiner eigenen Schätzung haben Sie Recht. Aber welche „Seriöse Untersuchungen“ meinen Sie? Auch hier würde mir Ihre Quelle weiter helfen.

Sie schreiben: „Die Gefahren, die durch TTIP auf unser Rechtssystem, unsere wirtschaftliche Ordnung, unsere Bürgerrechte und unser Demokratische Ordnung sind demgegenüber exorbitant.“ Da kann ich nicht widersprechen - aber auch nicht zustimmen.

Sie spüren sicher, speziell wenn Sie meine oben erwähnte Antwort lesen, dass ich sehr skeptisch bin und vorsichtig - aber ich will seriöse politische Entscheidungen nicht durch Lobbyplattformen, die sich ungesicherter Information und Spekulation bedienen, ersetzen lassen. Dann könnten wir gleich jede demokratische Entscheidung jenen überlassen, die genug Geld haben solche Plattformen und Kampagnen zu bezahlen - und zwar unabhängig von Beschlusstexten und Gesetzesentwürfen.

Sie schreiben noch: „Werden Sie sich Herrn Gabriel, der ja eher TTIP zugeneigt ist…“ Soweit ich weiß, hat sich Sigmar Gabriel gegen eine Schiedsgerichtsbarkeit gestellt, die nun nicht mehr verhandelt wird. Aber Schiedsgerichte waren ja ein wichtiger Kritikpunkt an TTIP und ursprünglich ein wesentlicher Bestandteil - insofern ist Ihre Formulierung „TTIP zugeneigt“ vielleicht nicht die ganze Wahrheit.

Zusammenfassend wiederhole ich meine Antwort: Wenn sich alle Hoffnungen der Befürworter bestätigen, stimme ich zu. Wenn sich Ihre Befürchtungen bestätigen, lehne ich ab. Zuvor allerdings lese ich den Beschlusstext. Aber ich will Ihnen noch eine meiner Befürchtungen nennen, die sich nicht einfach erschüttern lässt, selbst wenn TTIP optimal für Europa und Deutschland ausgehandelt werden sollte. Die USA verhandeln und beeinflussen internationale Vertragsgestaltungen, haben aber keine Scheu, diese Vereinbarungen dann nicht zu ratifizieren. Als Ihnen sicher auch bekannte Beispiele möchte ich BASEL II oder die ILO-Normen nennen. Deshalb wäre es zunächst wichtig zu wissen, was in den USA überhaupt ratifiziert bzw. Gesetz wird.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding