Frage an Lothar Binding von Andreas M. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Binding,
Ein Bekannter von mir ging vor einigen Jahren mit 63 in Rente und hat die damals üblichen Abschläge in Kauf genommen. Arbeitnehmer die seit der neuen Gesetzgebung mit 63 ohne Abschläge in Rente gehen, werden also deutlich bevorteilt, obwohl ihre Lebensleistung und ihre jetzige Lebenssituation praktisch gleich sind. Wie erkläre ich meinem Bekannten diese Ungleichbehandlung von Rentnern, die bereits vor der Einführung der abschlagsfreien „Rente mit 63“ in den Ruhestand gegangen sind, und den „neuen“ Rentnern?
vielen Dank für Ihre Antwort.
Sehr geehrter Herr Matt,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Ungleichbehandlung von Rentnern, die bereits vor der Einführung der abschlagsfreien „Rente mit 63“ in den Ruhestand gegangen sind, und den „neuen“ Rentnern.
Diese Problematik ist mir sehr bewusst und im ersten Moment habe ich diese Ungleichheit ebenso gesehen. Die Neuregelung hat zwar keine Auswirkung für die „Bestandsrentner“ aber sehr wohl auf Dauer und Höhe des Rentenbezugs nach der Arbeitstätigkeit für künftige Rentner. Natürlich hätten auch die Rentner, die schon länger in Rente sind, gern die künftigen Vorteile des Gesetzes.
Mit dem „RV-Leistungsverbesserungsgesetz“ sind die Zugangsvoraussetzungen für diejenigen, die ab dem 1. Juli 2014 in die „Altersrente für besonders langjährig Versicherte“ gehen, verändert worden: Bei Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen können diese Versicherten ab dem vollendeten 63. Lebensjahr eine abschlagsfreie Altersrente beziehen.
Änderungen beim Rentenzugang gelten - und das ist der Grundsatz - immer nur für den Zugang bzw. die Zukunft, niemals aber für den Bestand oder in die Vergangenheit reichend. Die rechtsförmliche Begründung: wer vorher in eine vorgezogene Altersrente gegangen ist, wusste, dass diese mit Abschlägen verbunden sein wird.
Meine Fachkollegen geben zwei weitere Gründe an, warum diese Neuregelung nicht für alle Rentnerinnen und Rentner gilt, obwohl sie die neuen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen:
· Zum einen schützt das Prinzip, dass Änderungen der Rentenverordnungen und Rentenbezüge immer für zukünftige Rentenbezieher gelten, diejenigen, die bereits eine Altersrente beziehen. Dies ist so, weil auch Verschlechterungen, die in den letzten Jahren und Jahrzehnten beschlossen worden sind (wie z. B. die nicht mehr erfolgende rentensteigernde Anrechnung schulischer Ausbildung), ebenfalls nur für Personen, die nach(!) der Rechtsänderung in Rente gegangen sind, gegolten haben.
· Zum anderen wäre es nicht praktikabel, wenn die Rentenversicherungsträger bei jeder Rechtsänderung eine Neu-Berechnung der Renten vornehmen müssten - die Rentenversicherung wäre lahm gelegt, und es käme zu unzumutbaren Verzögerungen in der Bearbeitung aller Anträge.
Wir sagen oft „mit 63 Jahren ohne Abschläge in Altersrente gehen„. Wir meinen aber damit nur den Startpunkt für ein Verfahren, denn Versicherte mit 45 Beitragsjahren sollen mit 63 Jahren ohne Abschläge in Altersrente gehen können - die bis einschließlich 1952 geboren sind. Für die Geburtsjahrgänge 1953 bis 1963 soll das Renteneintrittsalter um mit 63 Jahren ohne Abschläge in Altersrente gehen zu können, schrittweise auf das 65. Lebensjahr angehoben werden. Das hängt damit zusammen, dass die Regelaltersgrenze bis zum Jahr 2011 bei 65 Jahren lag, seit 2012 aber stufenweise auf den 67. Geburtstag angehoben wird. Der Geburtsjahrgang 1964 wird dann erstmals (im Jahr 2031) die Regelaltersgrenze bzw. das Renteneintrittsalter 67 erreichen.
Hoffentlich hilft Ihnen meine Antwort weiter…
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding