Portrait von Lothar Binding
Lothar Binding
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Lothar Binding zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Albert B. •

Frage an Lothar Binding von Albert B. bezüglich Finanzen

Hallo, 1991 wurde uns versprochen, dass der Soli nur bis 2011 begrenzt wird. Nun läuft der Soli bis 2019. Abgeschafft werden soll er wohl nicht. Warum belügen Sie uns Bürger und Steuerzahler ständig?? Ich werde zum Nichtwähler, weil ich keinen müden Euro für meine abgegeben Wähler-Stimme für die Partei bezahlen will !!!

Portrait von Lothar Binding
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Butz,

vielen Dank für Ihre Frage. Anfang der Neunziger wurde auch versprochen, dass die Vereinigung Deutschlands aus der Portokasse zu bezahlen sei und dass es binnen kurzer Zeit in den neuen Ländern blühende Landschaften geben würde, oder dass dort industrielle Kerne angesiedelt werden würden. Hinsichtlich der Finanzierung der Deutschen Einheit gab es keine Vorerfahrung gleichwohl hätte es nicht so viele Fehler wie unter der Kohl-Regierung geben müssen. - aber wir hatten die Kohlregierung und müssen heute mit den Folgen leben. Selbst noch in den vergangenen vier Jahren unter schwarz-gelb - man brüstet sich mit niedrigen Arbeitslosenzahlen, niedrigen Zinsen, positivem Wachstum , nur geringen Steueranhebungen aber die höchsten Steuereinnahmen in der Nachkriegsgeschickte - hat schwarz-gelb 100 Milliarden neue(!) Schulden gemacht. Daran können Sie erkennen, dass schwarz-gelb an der strukturellen Konsolidierung des Haushalts gescheitert ist.
Deshalb kann auf den Solidarbeitrag bis auf absehbare Zeit nicht verzichtet werden. Wer zusätzlich in Bildung und Infrastruktur, investieren will, muss sogar über weitere Steuereinnahmen nachdenken. Aber wenn wir schon die Einnahmen ansprechen: Der von der SPD geplante Einkommensteuertarif mit einem Spitzensteuersatz von 49 % ab einem z.v.E. von 100.000 Euro (Ledige) bzw. 200.000 Euro (zusammen Veranlagte), also einem monatlichen z.v.E. von ca. 8.300 bzw. 16.600 Euro würde (glauben wir dem Bund der Steuerzahler ) bei einem Jahresgehalt von 70.000 Euro etwa 35 Euro mehr zu zahlen sein als bisher, also 3 Euro pro Monat. Ein Ehepaar mit zusammen 500.000 Euro Bruttogehalt müsste danach 24.810 Euro mehr Steuern im Jahr zahlen, also etwa 2.000 Euro im Monat. Bei einem Jahresgehalt von 100.000 Euro fallen 1.328 Euro zusätzlich an, also etwa 110 Euro pro Monat.

In Deutschland liegt das Durchschnittseinkommen bei unter 30.000 Euro pro Jahr. Viele Menschen haben also sehr viel weniger zur Verfügung. Es gibt aber auch Einkommen von 48.000 Euro - pro Tag. Oder ein Beispiel mit Bezug auf die Vermögensituation: Es gibt in Deutschland etwa 10.000 Milliarden Euro privates unverschuldetes Vermögen, also 10 Billionen. Etwa ein Viertel dieses Vermögens besitzen nur 0,1 % aller Bürgerinne und Bürger. Dabei nimmt die Vermögensbildung in wenigen Händen stetig zu. In einer solchen Lage sehen wir es als gerecht an, starke Schultern etwas mehr von den gesellschaftlichen Lasten tragen zu lassen, um die fortschreitende öffentliche Armut bei gleichzeitigem Anstieg des privaten Reichtums etwas zu moderieren. Sie schreiben: „…weil ich keinen müden Euro für meine abgegeben Wähler-Stimme für die Partei bezahlen will“. Wenn Sie Mitglied in der SPD sind, müssen Sie natürlich Mitgliedbeitrag bezahlen. Andernfalls nicht. Vielleicht dachten Sie bei Ihrer Formulierung aber auch an die Parteiprogramme. Leider werden Sie an der Finanzierung der neuen und alten Schulden beteiligt werden… auch wenn Sie nicht zur Wahl gehen.

Sie Könnten sich auch den Programmen der anderen Parteien zuwenden und deren Koalitionsvertrag von CDU/CSU/FDP nicht vergessen - Pacta sunt servanda - denn er ist Beleg für die Zuverlässigkeit und Glaubwürdigkeit der Regierungskoalition. Der Koalitionsvertrag ist auch Beleg dafür, wie die Regierung in den vergangenen vier Jahren gescheitert ist. Die notwenigen Beschlüsse in der Europäischen Finanzpolitik kamen mit den Stimmen der SPD zustande; wir nennen das verantwortliche Oppositionspolitik. Sie erinnern sich: Abschaffung von Ausnahmen in der Mehrwertsteuer, Reform der Gewerbesteuer, vorausgefüllte Steuererklärung, Zweijährige Steuererklärung, das Desaster mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft, das Chaos mit dem Jahressteuergesetz, die Lüge von der „Abschaffung der kalten Progression“, die 100 Milliarden neue Schulden bei gleichzeitig einmalig hohen Steuereinnahmen… die 132 Seiten des Koalitionsvertrags erspare ich Ihnen. Sicher haben Sie den Koalitionsvertrag gut gelesen. Und diesen Parteien glauben Sie tatsächlich, dass es keine Steuererhöhungen geben wird? Das die 30 Milliarden zusätzlich versprochenen Ausgaben für Mütterente etc. ohne neue Schulden, ohne neue Steuern, bei sinkenden Sozialabgaben - einfach so - finanzierbar sind? Dabei gibt es schon aktuell ein Beispiel: Anders als bei der Flut vor zehn Jahren wurden die Milliarden für die Flutopfer 2013 einfach durch neue Schulden „finanziert“. Wird Ihnen bei solchem Gebaren nicht angst und bange?

Sie bemerken sicher, warum es klug wäre Ihre Frage: „Warum belügen Sie uns Bürger und Steuerzahler…“ auch an andere Adressaten zu stellen. Ich bin gespannt, ob Wähler wie Sie es zu schätzen wissen, wenn eine Partei auch vor der Wahl ehrlich sagt, wie sie Zukunftsinvestitionen finanzieren will.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding