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Lothar Binding
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Frage von Nicole G. •

Frage an Lothar Binding von Nicole G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Binding,

mit Ihrer JA-Stimme zum ESM werden die deutschen Steuerzahler in die Pflicht zur Finanzierung und Haftung für ausländische Banken genommen. Transfer-, Schuldenunion etc.

Der Steuerzahler tritt hier an die Stelle der Gläubiger. Schulden werden dadurch sozialisiert. Banken können sich Geld bei der EZB für 1,5 % leihen und es am Markt mit höherer Rendite anlegen. Diese Einnahmen werden dann privatisiert. Rettungspakete erzeugen neues Geld. Mehr Geld trifft auf weniger Güter. Dadurch wird alles teurer bzw. unser Geld entwertet sich. Wir stecken in einer Krise des Geldsystems. Sparen und Kreditvergabe sind von einander entkoppelt. Dadurch entstehen diese Blasen.

Wann werden die Gläubiger zur Verantwortung gezogen?
Wie kann das Geldsystem verändert werden, dass diese unendliche Geldproduktion gestoppt werden kann?
Warum unterstützen Sie mit Ihrem JA diese Politik?

mfg, N.Grothey

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Antwort von
SPD

Sehr verehrte Frau Grothey,

vielen Dank für Ihre Frage.

Zu Ihrem ersten Absatz: Eine direkte Bankenfinanzierung bzw. -rettung haben wir nicht beschlossen. Stets sind Staaten in der Haftung für Kredite oder Bürgschaften. Selbst der gegenwärtig in den Medien oft angesprochene Europäische Bankenrettungsfonds (der ja so etwas wie eine Versicherung wäre - also auf die Zukunft gerichtet) wäre nach meiner Meinung erst sinnvoll, ich möchte sogar sagen zulässig, wenn eine funktionierende europäische Bankenaufsicht etabliert ist und(!) bestehende Altlasten in den Bankbilanzen bereinigt wurden. Leider hat die Kanzlerin beim letzten Gipfel Anfang Juli hinsichtlich direkter Bankenfinanzierung schlecht verhandelt, der Bundestag aber auch noch nichts beschlossen, was dort verhandelt wurde.

Das Stichwort Transferunion lese ich oft im Kontext der Annahme, den „Transfer“ gäbe es nur in eine Richtung. Hier kommt es darauf an zu betrachten, was aus anderen Ländern nach Deutschland und was aus Deutschland in andere Länder transferiert wird und wurde - und wenn Sie sich genauer ansehen, wem es in Europe tendenziell besser und wem schlechter geht, sehen Sie, dass die erwähnte Annahme falsch ist.

Sofern der „Steuerzahler ( ) hier an die Stelle der Gläubiger“ tritt und Schulden sozialisiert werden, wie Sie schreiben, ist das in dem Moment ein Skandal, wo sich zwischen Steuerzahler und Gläubiger klar unterscheiden lässt. Oft ist dies aber nicht der Fall. Einer der wichtigsten Forderungen in der SPD Fraktion ist die unmittelbaren Kopplung von Risiko und Haftung. Hierzu haben wir viele Vorschläge (schmerzhafter Selbstbehalt, Trennbankensystem, Haftung von Vorständen, Verschärfung der EK-Vorschriften, etc.) gemacht, leider stehen hier neoliberale Mehrheiten im Bundestag dagegen.

Dass sich die Banken bei der EZB zu niedrigen Zinsen Geld besorgen, das sie anschließend mit Aufschlag verleihen, ist ein Skandal. Hier bin ich mir einig mit dem Bundesverband der Verbraucherzentrale. Er fordert die „gesetzliche Deckelung der Gewinnmarge zwischen den Überziehungszinsen und den Refinanzierungszinsen“.

Ihrer monokausalen Ableitung, wie Blasen entstehen, möchte ich nicht folgen. Hierzu finden Sie viele Überlegungen auf dieser Plattform abgeordnetenwatch.de und auch auf meiner Website. Um den Geldkreislauf und einige elementare ökonomische Zusammenhänge in erster Näherung zu verstehen, betrachte ich auch oft die Kopplung/Entkopplung von Sparen und Kreditvergabe. Natürlich gehören zu einer Gesamtbetrachtung sehr viel mehr Elemente, z.B. das Giralgeld.

Sie fragen: „Wann werden die Gläubiger zur Verantwortung gezogen?“

Im Falle Griechenland wurden die privaten Gläubiger schon mit über 100 Milliarden an den Verlusten beteiligt (Haircut). Im Fall Spanien wird mittels Stresstests entschieden, ob und welche Banken in ein Insolvenzverfahren gehen. Allerdings sollten wir es uns nicht zu einfach machen: den ESM und den EFSF einfach abzulehnen, wissend dass Sixpack und Twopack schon in Kraft, bedeutet ja nicht, dass „Gläubiger zur Verantwortung gezogen“ werden und damit geht es Deutschland bzw. unseren Steuerzahlern besser. Nehmen Sie an deutsche Steuerzahler seien gleichzeitig in einem Rentenfonds engagiert…

Das Geldsystem muss nicht verändert werden, der Umgang mit Geld und der Umgang mit den Systemen muss verändert werden. In den seit dem Ende des 19. Jahrhunderts beschriebenen Theorien neuer Geldsysteme sehe ich keine Lösungen für die globalen Krisen und Aufgaben.

Zu Ihrer letzten Frage: Ich unterstütze mit meinen Entscheidungen die Stabilisierung Europas, die Überwindung der Krisen, auch der in Deutschland (schauen Sie z.B. Auf die Konjunkturprogramme, oder die Kurzarbeit) und arbeite für eine gute Zukunft in sozialer Gerechtigkeit.

Mehr finden Sie unter http://www.lothar-binding.de

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Lothar Binding