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Frage von Hans-Peter H. •

Frage an Lothar Binding von Hans-Peter H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Binding,

Sie verstehen vielleicht, dass ich mich an Sie als finanzpolitischen Sprecher der SPD wende, weil die meisten Abgeordneten der Regierungskoalition wie Lemminge um Frau Dr. Merkel scharen.
Nein - die SPD wird im Moment Ihrer Rolle als Oppositionspartei keineswegs gerecht, auch wenn die einen oder anderen Ihrer Kollegen über "Bauchschmerzen" bei der Abstimmung klagen und Ihr Chef Gabriel nun zu einem Kreuzzug gegen die kriminellen Banken aufruft.

Sie beantworten sehr, meines Erachtens zu ausführlich die Fragen Ihrer Bürger und kommen wie Frau Merkel zu dem Schluss, das alles sei "alternativlos". Als Herr Schäuble in Karlsruhe meinte, wenn das Gericht nicht beeile, käme es zu schweren finanzpolitschen "Verwerfungen". Wo sind diese geblieben? Wahrscheinlich war Herr Schäuble sehr enttäuscht, denn er entpuppt sich nun als der Obertotengräber nationaler Souveränität, indem er in der New York Times äussert, nur eine europäische Krise mit all ihren Auswirkungen könne zu einem vereinten Europa führen.

Das die SPD heute Seite an Seite zur Regierung steht, kann nur daher rühren, dass in der rot/grünen Regierungszeit der Euro eingeführt wurde. Man hoffte, alles andere würde sich schon von alleine regeln. Welch gigantischer Dilletantismus! Eine halbherzige Währungsunion ohne alle EU-Staaten einzubinden, keine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik, eine gefühlte Inflation von mehr als 50 % bei Artikeln des täglichen Bedarfs. Die einzige Opposition in Deutschland scheinen heute die Medien, Karlsruhe und wie Sie schreiben die publicitygeilen Wissenschaftler zu sein. Wann und wie werden Sie als Opposition Ihrer Aufgabe gerecht, Alternativen zu entwickeln? Politik sollten nie alternativlos sein. Dazu gibt es ja die Opposition.

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Holzwarth,

vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Kritik, meine Antworten auf Fragen der Bürgerinnen und Bürger seien zu ausführlich, verstehe ich gut. Mein Bestreben, wenigstens einige Hintergründe, Ursachen, Anlässe, Wirkungen und Folgen meiner Entscheidungen darzustellen, erfordert eine gewisse Ausführlichkeit. Aber wenn sich Bürgerinnen und Bürger ernsthaft interessieren, persönliche Mails schreiben… haben sie eine ausführliche Antwort verdient. Manchmal kann ich mir auch ein wenig Kritik an allzu suggestiven Fragen nicht verkneifen. Jedenfalls haben Sie eine Schwäche von mir aufgespießt. Andererseits sollte auch auffallen, dass ich mich anstrenge, stets die fachlichen Zusammenhänge genauer darzustellen als sie dem eiligen Zeitungsleser bekannt sein können.

Ihre Kritik an der „Rolle als Oppositionspartei“ teile ich nicht. Aber ich verstehe Ihre Wahrnehmung. Es ist ziemlich schwierig Opposition „an sich“ in konstruktiver Mission wahrzunehmen. Oppositionsparteien die sich um konstruktive Momente nicht kümmern müssen, auch weil sie nicht regieren wollen, haben es leichter mit dem Profil Opposition. Inhaltlich widerspreche ich Ihnen, weil die bisherigen Regulierungen des Finanzplatzes, eine wenigstens Teilüberwindung der Austeritätspolitik von schwarz/gelb und Kanzlerin, wenigstens das Eingeständnis, dass es wichtig ist die Arbeitslosigkeit in Europa zu überwinden, die Beteiligung bestimmter Gläubiger im Investmentbanking, die plötzliche Begeisterung von Schäuble für die Finanztransaktionssteuer… all das und mehr geht auf Initiativen der SPD Fraktion, manchmal sekundiert von den Grünen, zurück.

Wenn Sie in meinen Texten das Wort „alternativlos“ bezogen auf meine Entscheidungen finden, wäre das ein fataler Fehler von mir. Meine erste Alternative zu den „alternativlosen Vorschlägen oder Maßnahmen“ ist stets: die Vorschläge oder Maßnahmen fallen zu lassen. Ich moniere sehr oft Vorlagen, in denen hinter dem Gliederungspunkt „Alternativen:“ „keine“ steht.

Sie fragen mich weiterhin zu Äußerungen von Schäuble… sicher ein Irrtum von Ihnen. Er spricht für sich, für die Regierung… nicht für mich, nicht für die SPD Fraktion.

Ihre Anforderung kurz zu antworten ist nicht leicht zu erfüllen, schreiben Sie in Ihrem letzen Absatz doch sehr kompakt Wahres und Falsches in brisanter Mischung:

Sie schreiben: „Das die SPD heute Seite an Seite zur Regierung steht, kann nur daher rühren, dass in der rot/grünen Regierungszeit der Euro eingeführt wurde.“ Wenn Sie meine Antworten, auch auf dieser Plattform lesen, könnte Sie wissen, dass Ihre Aussage nicht richtig ist, selbst wenn wir gelegentlich auch Regierungsvorlagen im Kontext der Finanzkrisen zustimmen. (Übrigens: auch in „ganz normalen Zeiten“ werden über 80 Prozent aller Vorlagen im Bundestag mit fast allen Fraktionen gemeinsam beschlossen - weil in den meisten Fällen die Vorbereitung in den Ausschüssen gut funktioniert. Ich schätze nur 3 % aller Beschlüsse sind hoch strittig. Natürlich werden die Wahrnehmungen über diese Verhältnisse durch die veröffentlichte Meinung in ihr Gegenteil verlehrt - das sage ich nicht als Vorwurf. Klar: die strittigen Themen sind in der Zeitung interessanter darzustellen…). Sie schreiben weiter: „Man hoffte, alles andere würde sich schon von alleine regeln. Welch gigantischer Dilletantismus!“ Vielleicht haben das Bürgerinnen und Bürger gehofft, ich weiß es nicht. Im politischen Raum kenne ich niemand der geglaubt hat „alles andere würde sich schon von alleine regeln“.

Und Sie schreiben: „Eine halbherzige Währungsunion ohne alle EU-Staaten einzubinden, keine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik, eine gefühlte Inflation von mehr als 50 % bei Artikeln des täglichen Bedarfs.“ Hier geht es doch etwas durcheinander: Dass nicht alle Staaten in die Währungsunion wollten, ist bedauerlich - allerdings wäre es merkwürdig deren Entscheidung nun jenen anzulasten, die sich um die Währungsunion gekümmert haben. Sie greifen eine Fundamentalkritik auf, die ich teile. Stabil kann die - nicht nur - Währungsunion nur werden, wenn es gelingt eine Fiskalunion, einen gemeinsamen Sozialraum, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und so weiter zu bilden. Hier gilt es viel nachzuholen und es wäre besser gewesen, damit noch vor der Währungsunion anzufangen… aber versuchen Sie sich zu erinnern. Mit der „gefühlte Inflation von mehr als 50 %“ liegen Sie jedenfalls objektiv falsch. Subjektiv hatte ich in Einzelfällen das gleiche Gefühl wie Sie, aber auch meine Gefühle ersetzen eine objektive Betrachtung nicht. In der Gastronomie allerdings fallen unsere Inflationsgefühle und die objektiven Tatsachen zusammen.

Sollte ich „publicitygeil“ geschrieben haben, wäre das auf eine Konzentrationsschwäche zurückzuführen. Ich kann mich daran nicht erinnern. Woher haben Sie das?

Sie schreiben noch: „Politik sollten nie alternativlos sein.“ Sie haben Recht. Wie oben kurz gezeigt, ist sie das auch niemals, kann sie nicht sein.

Und: “Dazu gibt es ja die Opposition“. Hier stimme ich Ihnen wieder gern zu. Deshalb bitte ich Sie dem nachfolgenden Link zu folgen, dort finden Sie einige sehr weitgreifende Vorschläge, vom Trennbangensystem bis zum Selbstbehalt die in der SPD erwogen werden oder schon beantragt wurden.

Hier der erwähnte Link:
http://www.lotharbinding.de/uploads/media/Broschuere_Finanzkrise.pdf

Falls Sie weitere Vorschläge haben, freue ich mich auf Ihre Hinweise.

Viele Grüße, Ihr Lothar Binding

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Sehr geehrter Herr Holzwarth,

vielen Dank für Ihre Frage. Ihre Kritik, meine Antworten auf Fragen der Bürgerinnen und Bürger seien zu ausführlich, verstehe ich gut. Mein Bestreben, wenigstens einige Hintergründe, Ursachen, Anlässe, Wirkungen und Folgen meiner Entscheidungen darzustellen, erfordert eine gewisse Ausführlichkeit. Aber wenn sich Bürgerinnen und Bürger ernsthaft interessieren, persönliche Mails schreiben… haben sie eine ausführliche Antwort verdient. Manchmal kann ich mir auch ein wenig Kritik an allzu suggestiven Fragen nicht verkneifen. Jedenfalls haben Sie eine Schwäche von mir aufgespießt. Andererseits sollte auch auffallen, dass ich mich anstrenge, stets die fachlichen Zusammenhänge genauer darzustellen als sie dem eiligen Zeitungsleser bekannt sein können.

Ihre Kritik an der „Rolle als Oppositionspartei“ teile ich nicht. Aber ich verstehe Ihre Wahrnehmung. Es ist ziemlich schwierig Opposition „an sich“ in konstruktiver Mission wahrzunehmen. Oppositionsparteien die sich um konstruktive Momente nicht kümmern müssen, auch weil sie nicht regieren wollen, haben es leichter mit dem Profil Opposition. Inhaltlich widerspreche ich Ihnen, weil die bisherigen Regulierungen des Finanzplatzes, eine wenigstens Teilüberwindung der Austeritätspolitik von schwarz/gelb und Kanzlerin, wenigstens das Eingeständnis, dass es wichtig ist die Arbeitslosigkeit in Europa zu überwinden, die Beteiligung bestimmter Gläubiger im Investmentbanking, die plötzliche Begeisterung von Schäuble für die Finanztransaktionssteuer… all das und mehr geht auf Initiativen der SPD Fraktion, manchmal sekundiert von den Grünen, zurück.

Wenn Sie in meinen Texten das Wort „alternativlos“ bezogen auf meine Entscheidungen finden, wäre das ein fataler Fehler von mir. Meine erste Alternative zu den „alternativlosen Vorschlägen oder Maßnahmen“ ist stets: die Vorschläge oder Maßnahmen fallen zu lassen. Ich moniere sehr oft Vorlagen, in denen hinter dem Gliederungspunkt „Alternativen:“ „keine“ steht.

Sie fragen mich weiterhin zu Äußerungen von Schäuble… sicher ein Irrtum von Ihnen. Er spricht für sich, für die Regierung… nicht für mich, nicht für die SPD Fraktion.

Ihre Anforderung kurz zu antworten ist nicht leicht zu erfüllen, schreiben Sie in Ihrem letzen Absatz doch sehr kompakt Wahres und Falsches in brisanter Mischung:

Sie schreiben: „Das die SPD heute Seite an Seite zur Regierung steht, kann nur daher rühren, dass in der rot/grünen Regierungszeit der Euro eingeführt wurde.“ Wenn Sie meine Antworten, auch auf dieser Plattform lesen, könnte Sie wissen, dass Ihre Aussage nicht richtig ist, selbst wenn wir gelegentlich auch Regierungsvorlagen im Kontext der Finanzkrisen zustimmen. (Übrigens: auch in „ganz normalen Zeiten“ werden über 80 Prozent aller Vorlagen im Bundestag mit fast allen Fraktionen gemeinsam beschlossen - weil in den meisten Fällen die Vorbereitung in den Ausschüssen gut funktioniert. Ich schätze nur 3 % aller Beschlüsse sind hoch strittig. Natürlich werden die Wahrnehmungen über diese Verhältnisse durch die veröffentlichte Meinung in ihr Gegenteil verlehrt - das sage ich nicht als Vorwurf. Klar: die strittigen Themen sind in der Zeitung interessanter darzustellen…). Sie schreiben weiter: „Man hoffte, alles andere würde sich schon von alleine regeln. Welch gigantischer Dilletantismus!“ Vielleicht haben das Bürgerinnen und Bürger gehofft, ich weiß es nicht. Im politischen Raum kenne ich niemand der geglaubt hat „alles andere würde sich schon von alleine regeln“.

Und Sie schreiben: „Eine halbherzige Währungsunion ohne alle EU-Staaten einzubinden, keine gemeinsame Finanz- und Wirtschaftspolitik, eine gefühlte Inflation von mehr als 50 % bei Artikeln des täglichen Bedarfs.“ Hier geht es doch etwas durcheinander: Dass nicht alle Staaten in die Währungsunion wollten, ist bedauerlich - allerdings wäre es merkwürdig deren Entscheidung nun jenen anzulasten, die sich um die Währungsunion gekümmert haben. Sie greifen eine Fundamentalkritik auf, die ich teile. Stabil kann die - nicht nur - Währungsunion nur werden, wenn es gelingt eine Fiskalunion, einen gemeinsamen Sozialraum, einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und so weiter zu bilden. Hier gilt es viel nachzuholen und es wäre besser gewesen, damit noch vor der Währungsunion anzufangen… aber versuchen Sie sich zu erinnern. Mit der „gefühlte Inflation von mehr als 50 %“ liegen Sie jedenfalls objektiv falsch. Subjektiv hatte ich in Einzelfällen das gleiche Gefühl wie Sie, aber auch meine Gefühle ersetzen eine objektive Betrachtung nicht. In der Gastronomie allerdings fallen unsere Inflationsgefühle und die objektiven Tatsachen zusammen.

Sollte ich „publicitygeil“ geschrieben haben, wäre das auf eine Konzentrationsschwäche zurückzuführen. Ich kann mich daran nicht erinnern. Woher haben Sie das?

Sie schreiben noch: „Politik sollten nie alternativlos sein.“ Sie haben Recht. Wie oben kurz gezeigt, ist sie das auch niemals, kann sie nicht sein.

Und: “Dazu gibt es ja die Opposition“. Hier stimme ich Ihnen wieder gern zu - jedenfalls wenn kluge Alternativen gefragt sind. Deshalb bitte ich Sie dem nachfolgenden Link zu folgen, dort finden Sie einige sehr weitgreifende Vorschläge, vom Trennbangensystem bis zum Selbstbehalt die in der SPD erwogen werden oder schon beantragt wurden.

Hier der erwähnte Link:
http://www.lotharbinding.de/uploads/media/Broschuere_Finanzkrise.pdf

Falls Sie weitere Vorschläge haben, freue ich mich auf Ihre Hinweise.

Viele Grüße, Ihr Lothar Binding