Frage an Lothar Binding von Gerd S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Binding!
Ich zitiere aus einer Antwort ihrerseits:
Sehr verehrte Frau ,
vielen Dank für Ihre Frage.
Sie schreiben: "Bei der Durchsetzung des Bahnprojekts Stuttgart 21 und der damit verbundenen Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wurde der Stuttgarter Zeitung zufolge der Bundestag von Vertretern der Bahn und der Landesregierung getäuscht:" Sie verstehen sicher, dass sich meine politische Arbeit nicht auf Grundlage von Zeitungsmeldungen möglich ist. Aber ich nehme solche Meldungen zum Anlass die Behauptungen zu prüfen um anschließend zu überlegen was zu tun ist.
Sie schreiben auch "Werden Sie dafür sorgen,… ?" – "Ich werde dafür sorgen, dass… " ist in einer Demokratie keine besonders glaubwürdige Formel, sind doch stets für alle Vorschläge die Erfolg haben sollen, Mehrheiten notwendig. Und weil ich Demokrat bin und für den Kopfbahnhof, bin ich mit dem Beschluss der SPD Baden-Württemberg, eine Volksabstimmung zu ermöglichen, sehr zufrieden und weiß die Verfahren bei Nils Schmid in guten Händen.
ich muss schon fragen: für WEN sitzen Sie denn im Parlament? Sie wurden doch dafür gewählt, dass SIE die Interessen ihrer Wähler wahrnehmen und nicht einfach "weiter" deligieren!
Deshalb frage auch ich Sie nochmal:
Was werden Sie unternehmen, um
a) die Pressemeldung zu prüfen
b) im Fall, dass sich die Meldung als richtig herausstellen sollte (wovon man ausgehen kann! Sie lesen doch sicher auch die Zeitungen...), was unternehmen Sie bzw. Ihre Fraktion, das weiter aufzuklären und die Verantwortlichen rechtmäßig zur Verantwortung zu ziehen?
Wenn Sie bei ihrer Haltung bleiben, müsste ich künftig für eine verkleinerung des Parlaments eintreten.....
Gerd Schenk
Sehr geehrter Herr Schenk,
Sie fragen zunächst „für WEN sitzen Sie denn im Parlament?“ Meine Kurzantwort: Ich arbeite im Parlament für alle Bürgerinnen und Bürger zum Wohle unserer Gemeinschaft, unserer Gesellschaft.
Sie schreiben weiter „Sie wurden doch dafür gewählt, dass SIE die Interessen ihrer Wähler wahrnehmen und nicht einfach "weiter" deligieren!“ Nein. Hier irren Sie. Ich nehme nicht nur „die Interessen“ meiner Wähler war. Ich ziele darauf die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger wahrzunehmen. Oft liegen die Interessen verschiedener Bürgerinnen und Bürger aber weit auseinander. Dann folge ich der Mehrheit oder versuche für meine Ideen und Lösungsvorschläge eine Mehrheit zu bilden. Es gibt eben nicht „die Interessen ihrer Wähler“ - selbst unter den Menschen die sich offen zu meiner Politik bekennen und die öffentlich für meine Wahl eintreten, gibt es oft unterschiedliche Meinungen. Deshalb liegt eine Kunst in der Politik darin, solche Vorschläge zu erarbeiten, mit denen schließlich alle Menschen - die nicht borniert sind oder sich in ein Thema verrannt haben - einigermaßen leben können. Oft kann ein Kompromiss diesem Ziel dienen. Dort wo ein Kompromiss aus logischen Gründen nicht möglich ist, bei notwendigerweise digitalen Entscheidungen, muss demokratisch und verfassungskonform entschieden werden.
Um Ihnen das an einem Beispiel zu erläutern: Viele Wählerinnen und Wähler haben mich gewählt, weil ich mich um den Schutz vor dem Passivrauchen kümmere, keiner und keine soll gezwungen sein, entweder eine Gaststätte nicht zu betreten oder aber karzinogenen Rauch einzuatmen, nein frische Luft, oder wenigsten nicht mit krebserregenden Stoffen geschwängerte Luft, soll in allen öffentlich zugänglichen oder angebotenen Räumen möglich sein. Das ist meine Meinung. Einigen Rauchern gefällt meine Initiative in dieser Hinsicht nicht sehr gut. Das ist auch verständlich - reden wir ja hier von den Wirkungen einer Sucht auf andere Menschen. Einige Raucher haben mit erklärt, dass sie mich wegen dieser Politik keinesfalls wählen würden. Einige andere wählen mich obwohl ihnen meine Meinung zum Rauchen nicht gefällt, die aber meine Arbeit für alternative Energien, gegen AKWs, für eine sozialdemokratische Sozialpolitik und die meine Arbeit auf meinem Spezialgebiet, der Finanzpolitik, sehr schätzen. Natürlich gibt es Wählerinnen und Wähler, die ihre politische Entfaltung eindimensional reduzieren. Diese nehmen dann das Recht andere Gäste in einer Gaststätte berauchen zu dürfen zum, Maßstab ihrer Entscheidung und nehmen dann z.B. in Kauf, dass die Laufzeiten für Atomkraftwerke verlängert werden… Sie bemerken bestimmt, dass monokausale Ableitungen und auf ein Thema reduzierte Politik aus Sicht des Politikers kein vernunftbegabtes Konzept sein kann. Ich meine, ein solches Konzept ist auch kein kluges Konzept eine Wahlentscheidung zu treffen - aber dieses Urteil steht mir nicht zu und ich erlebe immer wieder mal, dass Menschen ein ihnen über alles wichtige Thema zum alleinigen Maßstab für ihre Wahl erheben: „Wenn Sie Amalgam nicht verbieten… kann ich Sie nicht mehr wählen“ oder „Wenn Sie nichts gegen den Elektrosmog im Umfeld der Sendemasten für die Handys machen haben Sie das letzte mal meine Stimme erhalten“. Sie bemerken, warum Ihre Fragen auf einen leeren Anwendungsbereich zielen, auch wenn sie doch nur allzu Bekanntes reflektieren.
Sie schreiben auch: „… dafür gewählt, dass SIE … nicht einfach "weiter" deligieren!“. Nicht einfach delegieren - damit haben Sie Recht. Aber ich vermute, dass Sie im Umkehrschluss erwarten, dass ich mich um alle Themen kümmern soll. Und das wäre falsch. Denn wer glaubt sich um alles kümmern zu können, kümmert sich tatsächlich um nichts. Wie in jedem Unternehmen, in jedem Verein, in jeder Gesellschaft, wie schon in fast jeder Familie, gibt es Arbeitsschwerpunkte, Zuständigkeiten, besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, Arbeitsteilung etc. Schon in der Steinzeit haben nicht alle alles gemacht… und das gilt erst recht in unserer hoch komplizierten und komplexen Welt. Dabei geht es nicht nur um Sachthemen. Auch andere Gliederungsmerkmale gilt es zu beachten. Wo kämen wir hin, wollte ich mich um alle kommunalpolitischen Belange kümmern, in meiner Stadt Heidelberg, oder gar in weiteren Städten und Gemeinden. Oder wie sollte ich jemals die Kompetenz erlangen, die in den Landesparlamenten vorhanden ist - ohne je selbst dort gearbeitet zu haben? Abgesehen davon würden sich die Stadt- und Gemeinderäte und Gemeinderätinnen ebenso bedanken wie die Mitglieder der Landtage… nein, es ist klug bestimmte Aufgaben jenen zu überlassen, in deren Arbeits- und Kompetenzbereich der jeweilige Lösungsansatz gehört. Und das ist eben nicht zu verwechseln mit Ihrem einfachen Satz: „…einfach "weiter" deligieren!“.“ Gleichwohl habe ich zu fast allen politischen Themen eine eigene Meinung - wie jeder Bürger, jede Bürgerin.
Sie schreiben weiter: „Was werden Sie unternehmen, um a) die Pressemeldung zu prüfen“. Es ist sicher schwer sich vorzustellen, wie viele Pressemeldungen ein Politiker täglich liest. Ich lese diese Meldungen, damit ich ein wenig einschätzen kann, über welche Informationen viele Bürgerinnen und Bürger verfügen. Natürlich ist es nicht möglich diese Meldungen zu überprüfen. In dem von Ihnen mit Verweis auf die PR-Meldung indirekt angesprochenen Kontext, geht es ja um die Frage, ob ein Bieterverfahren bzw. ein Angebotsverfahren korrekt war bzw. ist. Ich weiß, dass sich um diese Frage meine Fachkolleginnen und Kollegen im Bund und im Land Baden-Württemberg schon kümmern. Das ist ja auch eine Aufgabe des Verkehrsministers in Baden-Württemberg. Auch die Rechnungshöfe sind hier zuverlässige Partner der Bürgerinnen und Bürger. Und Rechtsverletzungen werden mit rechtsstaatlichen Mitteln geahndet. Versteht sich das nicht von selbst?
Sie schreiben abschließend: „Wenn Sie bei ihrer Haltung bleiben, müsste ich künftig für eine verkleinerung des Parlaments eintreten..... „.Verkleinerung des Parlaments - wurde schon oft diskutiert. In den USA z. B. ist das Parlament in Relation zur Bevölkerung viel kleiner. Allerdings haben die Abgeordneten dort oft deutlich mehr als 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Kleineres Parlament bedeutet größere Wahlkreise, die Abgeordneten werden für die Bürgerinnen und Bürger sehr viel schwerer ansprechbar und können sich um noch weniger Themen und Menschen kümmern als bisher. Für mich gibt es wichtigere Themen als die Größe der Parlamente. Was meine Standhaftigkeit hinsichtlich einer Haltung mit der Größe des Parlaments zu tun hat, bleibt Ihr kleines Geheimnis…
Sie haben bestimmt gemerkt, dass ich Ihre Fragen bzw. pauschalen Aussagen manchmal nur schwer als Grundlage für meine Antworten entwickeln konnte - gleichwohl habe ich versucht Ihre Gedanken zu reflektieren. Hoffentlich konnte ich Ihnen damit weiter helfen.
Mit freundlichen Grüßen, Lothar Binding