Frage an Lothar Binding von Helmut F. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Binding.
Meine stark verkürzten Gedankenskizze beschreibt eine Gesetzesinitiative mit dem Ziel "Gesetz zur Qualifizierten Verbrauchermitbestimmung in Anlehnung an die ArbeitnehmerMITBESTIMMUNG .Könnten Sie einem solchen Gesetzt zustimmen?
" Das System der sozialen Marktwirtschaft ist unterdeterminiert“
Viele Skandale zeigen, das Gleichgewicht zwischen Produzenten, Händlern, Dienstleistern und Kunden existiert nicht . Die soziale Marktwirtschaft und der Rechtsstat benötigen als notwendioge Ergänzung zur erfolgreicheren Lösung der Widersprüche der Interessen zwischen Produzenten und Verbrauchern ein „Verbraucher-Mitbestimmungsgesetzes“..Ein solches Gesetz hilft, die immer wiederkehrenden Verstöße in der Produzentensphäre einzudämmen,Bürokratie- und Kontrollaufwand zu mindern, weil es sich als ein sich selbst und regulierendes Element in den wirtschaftlichen Ablauf einfügt.Unzählige, kostspielige Werbe- und Marketing-Aktivitäten werden überflüssig! Neben die Arbeitnehmer-Mitbestimmung tritt ein bisher fehlendes Element, das die derzeitige Unterdeterminierung der Marktwirtschaft in Bezug auf die Herstellung von Marktgleichgewichten beseitigt Begründung:In dem derzeitigen Arrangement der sozialen Marktwirtschaft haben Produzenten, Dienstleister und Händler Hoheit über die Variablen - Kosten, Preise,time to market, Qualität,Sicherheit. Die bestehenden Regelungen die Selbstkontrolle ,die Versuche durch wissenschaftliche Gutachten die Gesundheit der Konsumenten sicherzustellen haben versagt. Aufgrund der möglichen Korrumpierbarkeit der damit befaßten Personen. Pharmabranche in solchen Situationen kommt es zu Widersprüchlichkeiten zwischen verschieden staatlichen Ebenen . Dadurch werden die nachteiligen Folgen zu Lasten der Verbraucher noch verstärkt. Näherer Erläuterungen - gerne auf Anfrage
Sehr geehrter Herr Federmann,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Verbraucherschutz, die Sie in diesem Forum an mehrere Kolleginnen und Kollegen gestellt haben.
Der Verbraucherschutz zieht sich durch sämtliche Politikbereiche. In meinem Arbeitsbereich der Finanzpolitik müssen wir beispielsweise Antworten auf unseriöse Anlagemodelle bestimmter Fonds, auf die eingeschränkten und zergliederten Kompetenzen der Aufsichtsbehörden und auf die unübersehbaren Defizite bei Transparenz, Qualität und Risikoprofil vieler Finanzanlageprodukte des sog. Grauen Kapitalmarkts finden. Hier brauchen wir mehr und bessere gesetzliche Regelungen zum Schutz von Anlegerinnen und Anlegern.
Der europäische wie auch der nationalstaatliche Handlungsrahmen erfordert die Verbesserung des Informationsniveaus und der Klagemöglichkeiten insbesondere privater Kleinanleger, die Einführung einer effizienten aufsichtsrechtlichen Kontrolle über Vertrieb und Marktzulassung von Finanzinstrumenten oder schärfere Kontrollen über freie Vermittler. Ich denke dabei etwa an Überlegungen zur Verknüpfung von formaler und inhaltlicher Prospektprüfung, an die Erlaubnis der Aufsicht zur Veröffentlichung von Warnhinweisen oder an die Erweiterung des Finanzinstrumentebegriffs.
Verbraucherschutz ist eine stetige Herausforderung. Denn genau diese Erfahrungen zeigen uns immer wieder, wie wichtig staatliche Regulierung ist. Der Markt ist alleine nicht in der Lage, dem Verbraucher uneingeschränkt "gute" und "sichere" Produkte anzubieten. Es besteht ein Ungleichgewicht zwischen Angebotsmacht und Verbrauchern. Die alleinige gute Verbraucherbildung und die viel beschworene Transparenz in Deutschland reicht nicht aus - auch wenn meine FDP Kolleginnen und Kollegen Eigenverantwortung der Menschen gerne in den Vordergrund stellen.
Meine Fraktionskolleginnen- und Kollegen im Verbraucherscherschutzausschuss haben einen Antrag mit dem Titel "Für faire Lebensmittelpreise und transparente Produktionsbedingungen - Gegen den Missbrauch von Marktmacht", Drucksache 17/4874,
( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/048/1704874.pdf )
erarbeitet, mit dem die Bundesregierung aufgefordert wird, die Rechte der Verbraucherinnen und Verbraucher zu stärken.
In der Begründung heißt es ". Verbraucherinnen und Verbraucher haben bisher wenig Möglichkeiten, durch ihr Einkaufsverhalten den Markt bzw. die sozialen und ökologischen Bedingungen mitzubestimmen. Zwar liefern einige Anbieter sogenannte Nachhaltigkeitsberichte und werben mit sozialen Arbeitsbedingungen oder besonders umweltverträglich hergestellten Produkten. Doch ist die Verlässlichkeit solcher Aussagen für Verbraucher oft nicht nachvollziehbar und hat wenig Orientierungswert, wenn verständliche und vergleichbare Informationen über Herkunft und Produktionsbedingungen fehlen. Solange aber der Preis die einzige verlässliche Information bleibt, werden sich Verbraucher daran orientieren - und damit unwissentlich möglicherweise umweltschädliche Produktionsweisen, Dumpinglöhne oder gar Menschenrechtsverletzungen unterstützen, ohne dies zu wollen. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen durch mehr Transparenz und verständliche und vergleichbare Informationen Einblick in soziale und ökologische Produktionsbedingungen bekommen. Damit soll Wettbewerb um Qualität, Fairness, Solidarität und Umweltschutz ermöglicht und angestoßen werden.", soweit das Zitat aus dem Entwurf.
Der Antrag wurde auf der Grundlage einer von der SPD-Fraktion initiierten Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur "Angebots- und Nachfragemacht des Lebensmitteleinzelhandels und die Auswirkungen auf die Verbraucher" am 5. Juli 2010 entwickelt. Mir wurde berichtet, dass die geladenen Wirtschaftsbeteiligten und Verbändevertreter - mit Ausnahme des Hauptverbandes des deutschen Lebensmitteleinzelhandels - die Notwendigkeit, Maßnahmen gegen den Missbrauch von Marktmacht zu ergreifen, unterstützen.
Mit großer Einigkeit fordern sie u.a. die Einrichtung einer unabhängigen Ombudsstelle, bei der Zulieferer unfaire Abnahmebedingungen ggf. auch anonym anzeigen können. Denn die Machtposition der sechs großen Lebensmittelhandelsketten ist groß. Sie besitzen neunzig Prozent der Marktanteile. Demgegenüber stehen sechstausend Zulieferer. Der Wettkampf findet auf Basis der Preise und der Abnahmebedingungen statt. Marktanteile lassen sich nur noch durch Verdrängung gewinnen. Der harte Wettbewerb geht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich zunehmend gegen schlechter werdende Arbeitsbedingungen zur Wehr setzen müssen.
Die bei dieser neutralen Stelle gesammelten Informationen könnten ein Vorgehen des Kartellamtes gegen den Missbrauch von Marktmacht enorm erleichtern. Diese Forderung wird auch vom Agrarausschuss im Europaparlament unterstützt. Denn die Abgeordneten votieren ebenfalls für die Einrichtung eines Beschwerdemechanismus gegen unfaire Praktiken in der Lebensmittelkette auf EU-Ebene. Das Ziel ist die Überwachung der Beziehungen zwischen Erzeugern und Einzelhändlern und die Einführung von Strafzahlungen.
Ihre Schlussfolgerung legt ein Verbrauchermitbestimmungsgesetz nahe, dessen Prämissen Sie jedoch nicht ausreichend definiert haben. Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich deshalb zu Ihrem speziellen Vorschlag kein Votum abgebe.
In der Hoffnung, Ihre Frage konstruktiv aufgegriffen zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Lothar Binding