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Frage von Jutta S. •

Frage an Lothar Binding von Jutta S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Binding,

Rückt angesichts der Öl-Katastrophe im Golf von Mexiko das Thema Besteuerung von Flugbenzin wieder ins Blickfeld; dies auch nicht zuletzt angesichts der Staatsverschuldung?
Das Argument, Deutschland könne eine solche Steuer aus wettbewerbstechnischen Gründen nicht erheben, greift nicht, denn:
Es muss z.B. jeder nicht-deutsche Spediteur, dessen LKW Deutschland durchquert, einerseits LKW-Maut entrichten, andererseits an deutschen Zapfsäulen tanken, obwohl die Kraftstoffsteuer in anderen europ. Ländern oft niedriger ist als in Deutschland.
Wenn also eine Fluggesellschaft deutsche Flughäfen anfliegt mit ihren Maschinen, müssen diese dort aufgetankt werden. Das Wettbewebsargument lasse ich nicht gelten, denn ein Fluggast, der z.B. von New York nach Berlin möchte, wird kaum nach Prag fliegen und von dort den Bus nehmen… Für die vielen Billigflieger gilt das gleiche.
Eine Besteuerung des Flugbenzins hätte viele sinnvolle Auswirkungen:
1. Die Kerosinsteuer käme dem Bundeshaushalt zugute.
2. Flüge würden teurer, also überlegen es sich viele, ob sie „mal eben“ übers Wochenende einen Shopping-Trip nach Rom oder sonstigen Unsinn unternehmen.
3. Flughäfen müssten nicht immer noch weiter ausgebaut werden (Stichworte: Landschaftsschutz, Bodenversiegelung).
4. Weniger Fluglärm (Stichworte: Herz-Kreislauf-Erkrankungen von Anwohnern in Flughafennähe/ katastrophale Auswirkungen des Lärms auf Kinder, die nicht genügend Schlaf finden)
5. Waren, per Flugzeug nach Deutschland transportiert, würden teurer. Bei ökologisch höchst fragwürdigen Dingen wie Schnittblumen ein sehr gutes Regulativ.

Wer, wenn nicht Sie kann den vielen Lobbyisten (Fluggesellschaften / Flughafenbetreiber / Blumenhändler etc.) die Stirn bieten? Sie haben es bereits bei der Nichtraucher-Kampagne - größtenteils erfolgreich - unter Beweis gestellt. Also? Stellen Sie eine Anfrage im Bundestag?

Mit freundlichen Grüßen aus Heidelberg,
Dr. Jutta Schneider

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Antwort von
SPD

Sehr verehrte Frau Dr. Schneider,

vielen Dank für Ihre Frage und die Begründungen, warum Sie sich für eine „Besteuerung des Flugbenzins“ einsetzen. Auch die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich schon seit Längerem für die Einführung einer Kerosinsteuer ein; am besten wirkt diese Steuer bei internationaler oder wenigstens europäischer Anwendung, um den ökologischen, verkehrsbezogenen und fiskalischen Zielen einen möglichsten hohen Wirkungsgrad zu verleihen. Ich befürchte allerdings, dass wir mit einem Antrag zur Einführung der Kerosinsteuer derzeit keine Unterstützung bei der schwarz-gelben Bundesregierung finden würden. Schon bisher gab es praktisch keine Möglichkeit, Mehrheiten dafür zu finden, gab es doch stets entweder Widerstand im Bundesrat oder in der jeweiligen Regierungskoalition. Das fanatische Festhalten der FDP an dem Dogma: „Steuersenkung um jeden Preis“ bzw. „Keine Steueranhebung“ steht einer Modernisierung des Steuersystems auch hier im Weg.

Und doch zwingt die Haushaltslage, insbesondere nach einigen Fehlentscheidungen (Konzernsteuersenkung, Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels) zum Jahresanfang 2010 nun auch die Regierung Merkel, über neue Einnahmequellen nachzudenken. CDU, CSU und FDP haben in ihren haushaltspolitischen Beschlüssen vom vergangenen Wochenende unter der Überschrift „Ökologische Neujustierung“ u.a. eine ökologische Luftverkehrsabgabe für alle Passagiere angekündigt, die von deutschen Flughäfen starten. Dort heißt es: „Wir benötigen auch im internationalen Flugverkehr verstärkte Anreize für umweltgerechtes Verhalten. Die Einführung einer internationalen Besteuerung auf Flugbenzin scheint gleichwohl kurzfristig unrealistisch. Bis zur Einbeziehung des Luftverkehrs in den bereits vereinbarten CO2-Emissionshandel wird eine nationale ökologische Luftverkehrsabgabe für alle Passagiere erhoben, die von einem inländischen Flughafen abfliegen. Sie wird differenziert ausgestaltet (Preis, Lärm, Verbrauch).“

Diese Maßnahme soll dem Bundeshaushalt etwa eine Mrd. Euro jährlich einbringen. Bislang sprechen wir allerdings nur über eine Ankündigung – ein Gesetzentwurf liegt dem Bundestag noch nicht vor. Viele wichtige Fragen sind noch offen – etwa zu „technischen Details“ der Regelung wie Erhebungsform, Bemessungsgrundlage oder Tarif. Die Bundesregierung muss allerdings auch erläutern, welche Folgen sie für den nationalen Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern sieht, welche Überlegungen sie hinsichtlich der Auswirkungen auf die Wettbewerbssituation deutscher Unternehmen anstellt, wie sie die nationale Regelung in die auf europäischer Ebene vereinbarte Einbeziehung des Luftverkehrs in den CO2-Emissionshandel ab 2012 einbetten will. Das Bundesverkehrsministerium hat hierzu einige Informationen bereitgestellt, die Sie unter folgendem Link finden: http://www.bmvbs.de/Klima_-Umwelt-Energie/Mobilitaet-Verkehr-,3058/Emissionshandel-im-Luftverkehr.htm.

Angesichts dieser Unklarheiten halte ich es für sinnvoll, das parlamentarische Verfahren abzuwarten und die konkreten Vorschläge der Bundesregierung zu prüfen. Nun ist „Abwarten“ allein noch keine gute Politik – deshalb arbeiten wir, die SPD Fraktion, und ich weiß das auch von den Kolleginnen und Kollegen in der Grünen Fraktion, an Mehrheiten zur Unterstützung und Umsetzung Ihres Gedankens.

Viele Grüße, Ihr Lothar Binding