Frage an Lars Pochnicht von Stephan S. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Pochnicht,
vielen Dank für die schnelle Reaktion, leider gehen Sie auf meine Frage allerdings überhaupt nicht ein.
Ich möchte erklärt haben, warum es auch diesen Winter nicht für nötig erachtet wurde, dass die benutzungspflichtigen Radwege flächendeckend auch benutzbar gehalten werden. Wieso ist es für die zuständigen Behörden zwar im Winter in Ordnung, dass die Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen, im Sommer aber wird das gleiche Verhalten als Ordnungswidrigkeit verfolgt?
Diesen Widerspruch möchte ich erklärt haben.
Und noch einmal, finanzielle Erwägungen haben hier nichts verloren, falls Sie dem widersprechen möchten, dann können Sie bitte gleich angeben, wie viel Ihnen denn das Leben der Radfahrer wert wäre.
Aber noch etwas zu dem, was Sie schrieben:
"Wenn Eis und Schnee ein sicheres Radfahren auf Radwegen nicht ermöglichen, können Radfahrerinnen und Radfahrer im Übrigen auch auf die Fahrbahn ausweichen, sofern diese hinreichend sicher sind. Das trifft für die Bramfelder Chaussee aber wohl eher nicht zu."
Ist Ihnen eigentlich bewusst, dass, wenn Sie mit Ihrer Einschätzung Recht hätten, dies einem winterlichen Radfahrverbot gleich käme? Denn wo sollten Radfahrer dann fahren? Ihr Hinweis auf die geräumten "zentralen Fahrradrouten" verkommt da sehr schnell zur Farce.
Aber Gott sei Dank liegen Sie da völlig verkehrt. Zum einen nennt der BGH in seinem Urteil keinerlei Einschränkungen, und zum anderen kann man ganz wunderbar auf der Bramfelder Chaussee fahren.
Noch eine letzte Anmerkung: Im Gegensatz zu Ihnen, möchte ich jeden Radfahrer dazu auffordern, die Hotline _nicht_ zu nutzen, sondern bei jeder sich bietenden Gelegenheit auf die Fahrbahn auszuweichen. Das Problem ist nicht die Unbenutzbarkeit der Radwege, sondern die Anordnung der Benutzungspflicht!
Und im Zusammenhang mit dem Winterdienst hätte man da auch viel zu viel zu tun: bit.ly/10lJ3ye
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Schümann
Sehr geehrter Herr Schümann,
vielen Dank für Ihre Nachfrage zum Thema Winterdienst auf Radwegen.
Ich verstehe, dass Sie die unterschiedliche Handhabe der Radwegebenutzungspflicht in Abhängigkeit der Befahrbarkeit der Radwege als Widerspruch empfinden.
Es ist für die Behörden jedoch selbstverständlich nicht abhängig von der Witterung, ob ein Befahren der Straßenfahrbahn „in Ordnung“ ist, wie Sie schreiben. Besteht eine Radwegebenutzungspflicht, hat das seinen Grund. Allerdings würde ein Verbot des Befahrens der Straße tatsächlich einem winterlichen Radfahrverbot gleichen. Nicht zuletzt deshalb entbinden mehrere Gerichtsurteile in solchen Fällen von der Radwegebenutzungspflicht, s. bspw. LG Oldenburg, vom 29.07.1952, VkBl. 53, 190. Das Ausweichen auf die Fahrbahn ist also aus Sicht der Stadt eher eine Notlösung.
Ein umfassenderer Winterdienst auf Hamburgs Radwegen wäre hier wünschenswert, der Aufwand stünde jedoch in keinem vernünftigen Verhältnis zu seinem Nutzen. Nicht nur vor dem Hintergrund der in der Hamburgischen Verfassung festgeschriebenen Schuldenbremse muss die Stadt sparsam mit Steuermitteln umgehen. Der Winterdienst auf Radwegen würde - nur entlang der Hauptverkehrsstraßen - nach Schätzungen des Senates rund 3 Mio. € beanspruchen, verglichen mit 8 Mio € für den gesamten verbleibenden Winterdienst auf Hamburgs Straßen (s. Drs. 19/5273).
Der finanzielle Aspekt der Frage, ob Radwege geräumt werden, lässt sich leider nicht so einfach ausklammern, wie Sie dies in Ihrer Frage andeuten. Die Regulierung und Sicherung des Straßenverkehrs seitens des Staates ist immer ein Abwägen zwischen den entstehenden Kosten und dem Nutzen für die persönliche Sicherheit der Verkehrsteilnehmer. Mehr finanzielles Engagement bedeutet nicht zwangsläufig mehr Verkehrssicherheit; oft können die Verkehrsteilnehmer durch gegenseitige Rücksichtnahme dazu wesentlich mehr beitragen. Für den Fall, dass Radfahrer auf die Fahrbahn ausweichen müssen, gilt dies besonders.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage damit beantworten und verbleibe,
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lars Pochnicht